Herne. Die Stadt hat 2,5 Millionen Euro zur Verfügung, um Problemhäuser zu kaufen. Bislang hat sie nur eine Gebäude erworben. Das sind die Gründe.
Ende 2017 erhielt Herne vom Land einen Förderbescheid über einen Betrag von 2,5 Millionen Euro. Der Zweck: Die Stadt kann mit dieser Summe bis Ende 2021 Schrottimmobilien ankaufen. Doch dies ist bislang nur einmal geschehen. Diese Zurückhaltung ist nicht ganz freiwillig. Die Gründe dafür hat Dezernent Johannes Chudziak im Gespräch mit der WAZ erläutert.
Das bislang einzige Gebäude, das die Stadt angekauft - und inzwischen abgerissen hat -, stand an der Bielefelder Straße 81 in Wanne-Süd. Die Stadt griff damals zu, um zu verhindern, dass das Haus noch mal von problematischen Mietern bewohnt wird. Auch das Umfeld sollte damit befriedet werden, denn einige hundert Meter weiter gibt es nach wie vor eine ähnliche Problematik.
Immobilie muss in einem Fördergebiet der Städtebauförderung stehen
Die Stadt konnte deshalb kaufen, weil das Gebäude die Voraussetzungen für die Landesförderung erfüllte. Die Vorgabe des Landes lautet: „Die Problemimmobilie befindet sich in einem Fördergebiet der Städtebauförderung oder wirkt sich negativ auf ein unmittelbar benachbartes Fördergebiet der Städtebauförderung aus.“ Und Wanne-Süd ist Fördergebiet. Auf der Liste mit Schrottimmobilien stehen in Herne zwar zahlreiche weitere Häuser, doch sie erfüllen eben nicht die Voraussetzungen - siehe Cranger Straße 72-80. Dort ist nur noch ein Teil bewohnt, der Zustand ist offensichtlich desolat, doch der Block befindet sich in Baukau und grenzt damit nicht an ein Stadtumbaugebiet. Also könnte die Stadt für einen Kauf nicht in den Fördertopf greifen.
Darüber hinaus müsse die Stadt sich auch mit dem Eigentümer einigen, so Chudziak. Beim Kauf durch die Stadt werde nur der Verkehrswert finanziert. Die Stadt habe in einigen Fällen Gutachten zum Verkehrswert erstellen lassen, doch die Eigentümer hätten das Doppelte von diesen Beträgen gefordert. In manchen Fällen seien selbst private Investoren nicht zum Zug gekommen. Chudziak: „Der Immobilienmarkt ist verrückt. Es laufen Verkäufe ab, die mit dem echten Wert nichts mehr zu tun haben.“
Oft scheitert der Versuch, mit dem Eigentümer Kontakt aufzunehmen
Immerhin: Bei einer Immobilien an der Kurhausstraße konnte die Stadt mit dem privaten Käufer eines Hauses eine Sanierungsvereinbarung treffen.
Nicht selten scheitere schon der Versuch, mit dem Eigentümer einer Immobilie Kontakt aufzunehmen. Etwa, wenn es sich um eine anonyme Gesellschaft irgendwo im Ausland handele.
Zur Ausstellung
Die Ausstellung „material memories“ ist bis zum 2. August in der Städtischen Galerie zu sehen.
Bis einschließlich Pfingsten ist der Eintritt frei.
Wenn die Hygiene-Regeln es zulassen, endet sie mit einer Finissage.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr, Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag und Feiertag 11 bis 17 Uhr.
Dies gilt auch bei einem artverwandten Problem: Mit Hilfe des Wohnungsaufsichtsgesetzes (WAG) versuchen zahlreiche Kommunen in Nordrhein-Westfalen - darunter auch Herne - gegen unzumutbare Wohnbedingungen vorzugehen. Im vergangenen Jahr hatte eine landesweite Kontrollaktion gegen den Immobilienverwalter Altro Mondo viel Beachtung gefunden, der in Herne den Wohnblock an der Emscherstraße in seinem Bestand hat. Die Stadt hatte dort noch im Januar eine Wohnung nach einem Wasserschaden mit Schimmelbildung für unbewohnbar erklärt.
Chudziak hat dem Bauministerium Vorschläge zum Wohnungsaufsichtsgesetz gemacht
„Das WAG ist das schärfste Schwert im Umgang mit den Vermietern, aber es ist nicht wirklich scharf“, so Chudziak. Dafür nennt er zwei Beispiele: Wenn ein Mangel besteht und die Stadt ihn selbst beseitige, habe sie zwar Anspruch auf Kostenerstattung. Doch wenn der Vermieter nicht zahlen kann, bleibe die Stadt auf den Kosten sitzen. Chudziak hätte gerne die Möglichkeit, für eine Kostenerstattung direkten Zugriff auf die Mieten zu bekommen.
Auch beim Thema Fristen würde er mehr Druck machen. Bislang wird einem Vermieter eine Frist gesetzt, um einen Mangel zu beheben, zum Beispiel ein defekter Aufzug. Die Erfahrung der Stadt: Kurz vor Ablauf der Frist geschehe eine provisorische Reparatur, wenige Tage später sei der Aufzug wieder defekt. Chudziak würde gerne eine Anordnung ohne Fristsetzung erlassen können, wenn Missstände mehrfach oder wiederholt wiederkehren.
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Und Chudziak würde gerne ein weiteres Instrument nutzen: die Mietminderung. Sein Ansatz: Habe eine Gemeinde eine Verwahrlosung oder einen Missstand festgestellt oder würden Missstände wiederholt auftreten, dann solle die Stadt eine prozentuale Mietminderung durchsetzen können. Das Ziel: So könne wirtschaftlicher Druck aufgebaut werden. Es habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass von Vermietern bewusst ausgenutzt werde, dass ihr Mieterklientel (oft Südosteuropäer) nicht in der Lage sei, Ansprüche auf eine Mietminderung durchzusetzen.
Diese Vorschläge habe er im vergangenen Jahr auch ans NRW-Bauministerium geschickt, so Chudziak, doch bislang hätten sie keinen Niederschlag im Gesetz gefunden.