Herne. Das Duo „Los Gerlachos“ ist am Samstag in Herne auf Altenheim-Tour gegangen. Die Brüder gaben vier Konzerte in fünf Stunden. So lief die Tour ab.

Rockkonzerte in der Corona-Krise? Das gibt’s sehr wohl - siehe „Los Gerlachos“: Das Brüder-Duo Dirk und Jörg Gerlach ist am Samstag in Herne mit einer Anhängerbühne auf Altenheim-Tour gegangen. Sie beglückten mit vier Konzerte in knapp fünf Stunden zahlreiche Senioren – und auch Feuerwehrleute.

Der Rhythmus, bei dem jeder mit muss: Dirk und Jörg Gerlach alias Los Gerlachos spielten auf ihrer mobilen Bühne vier Konzerte in knapp fünf Stunden.
Der Rhythmus, bei dem jeder mit muss: Dirk und Jörg Gerlach alias Los Gerlachos spielten auf ihrer mobilen Bühne vier Konzerte in knapp fünf Stunden. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Um 11 Uhr rückt die Gerlachos-Crew am Else-Drenseck-Seniorenzentrum in Börnig an. Die Anhängerbühne von Holtkamp Rental Media - das Herner Unternehmen unterstützt die Altenheim-Tour - rückwärts in den Eingangsbereich der Awo-Einrichtung rangiert. Das Diesel-Aggregat wird angeschmissen und rattert vor sich hin, um 11.11 Uhr geht es dann los.

Bewegung bei Drafi Deutschers Hymne

„Einen wunderschönen guten Morgen. Wir wollen sie mit entspannter Musik kurz nach dem Frühstück unterhalten“, sagt Dirk Gerlach und lässt mit Bruder Jörg Taten folgen. Mit Ben E. Kings Klassiker „Stand By Me“ (Steh’ zu mir) steigen sie in das Mini-Konzert ein. Auf Stühlen vor dem Eingang oder vom Balkon verfolgen zahlreiche Senioren und Awo-Mitarbeiter den stimmungsvollen Auftakt, der durch LED-Lichteffekte rund um die Anhängerbühne veredelt wird. Beim zweiten Song gerät sogar Bewegung ins Publikum: Zu Drafi Deutschers Hymne „Marmor, Stein und Eisen“ bricht wird mitgeklatscht und -gesungen.

Von den Balkonen und bisweilen auch mit Botschaften verfolgten Bewohner des Else-Drenseck-Seniorenzentrums das Konzert. Auf diesem Transparent stand geschrieben: „Wir halten zusammen. Danke an alle, die in dieser Zeit für ihre Mitmenschen arbeiten.“
Von den Balkonen und bisweilen auch mit Botschaften verfolgten Bewohner des Else-Drenseck-Seniorenzentrums das Konzert. Auf diesem Transparent stand geschrieben: „Wir halten zusammen. Danke an alle, die in dieser Zeit für ihre Mitmenschen arbeiten.“ © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Heimleiterin Heike Strauss freut sich über den Spontan-Auftritt der Gerlachos. „Musik kommt immer gut an und bringt Abwechslung“, sagt sie. Es habe bereits einige Hofkonzerte und auch einen evangelischen Gottesdienst vor der Einrichtung gegeben. „Am 1. Mai findet hier ein katholischer Gottesdienst statt“, berichtet Strauss. Die derzeit 126 Bewohner hätten sich inzwischen ein wenig mit den Einschränkungen arrangiert. Immerhin könnten sie von den Balkonen und Fenstern aus mit ihren Angehörigen sprechen.

„Ring of Fire“ für die Herner Feuerwehr

Nach einer guten halben Stunden packen die Gerlachos ihre Gitarren ein und steuern - nein, nicht das nächste Seniorenheim, sondern die Feuerwache an der Sodinger Straße an. Man kennt sich - zum Beispiel über Mitglieder der Feuerwehrband Kanal 499. „Wir sind eine große Familie“, sagt Dirk Gerlach. Kurz nach 12 beginnt im Hof der Wache Konzert Nummer 2: Vor im Halbkreis versammelten Feuerwehrleuten fahren die Gerlachos eine etwas härtere Gangart - zum Beispiel mit Johnny Cashs Klassiker „Ring of Fire“ (in der rockigen H-Blockx-Version) und Billy Idols „Rebel Yell“.

Gegen 13 Uhr steuert die kleine Tour-Crew das Pflege- und Begegnungszentrums des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) an der Eichsfelder Straße in Holsterhausen an. Die ASB-Einrichtung bzw. eine Bewohnerin hat so etwas wie die Initialzündung für die Altenheim-Tour gegeben. „Unsere Oma Melitta wohnt hier“, erzählt Dirk Gerlach. Als sie einen TV-Bericht über den Auftritt eines Alleinunterhalters vor einem Seniorenheim gesehen hätten, sei ihnen spontan die Idee gekommen, dies auch für die 85-Jährige und weitere Senioren in Herne umzusetzen.

Ständchen für Oma Melitta

In Holsterhausen erfreuen sich aber nicht nur Oma Melitta und deren Mitbewohner an den Songs des Herner Cover-Duos. Dirk Gerlach freut sich über die „Straßenfeststimmung“ bei dieser Tour-Station. Ein Rhythmus, bei dem auch die Nachbarschaft mit muss: „Zwei Kinder haben sogar Luftgitarre gespielt“, so die Gerlachs.

Nach einer guten halben Stunden geht es zum Tour-Finale nach Baukau. In den Genuss des Konzerts vor dem Seniorenheim von Protea Care an der Forellstraße kommen nicht nur Bewohner: Auf der Forellstraße bilden sich kleine Staus, weil einige Autofahrer anhalten und die Scheibe runterkurbeln. Mit „Hey Jude“ von den Beatles beschließen Los Gerlachos nach knapp fünf Stunden ihre Ein-Tages-Tournee.

„Wir sind fix und fertig“, sagt Dirk Gerlach nach ihrer Altenheim-Tour-Premiere. Vier Stationen in knapp fünf Stunden - „das schlaucht“. Aber: Sie seien glücklich und zufrieden. Für die Konzertbesucher dürfte dies erst recht gelten - wurde den Senioren doch in diesen harten Corona-Zeiten ein Gefühl vermittelt, dass Drafi Deutscher so beschreiben würde: „Denk daran, du bist nicht allein, dam-dam, dam-dam ...“

Jonglage und Clownerien in Baukau

Die Bewohner des Baukauer Seniorenzentrums Protea Care sind bereits am Freitagnachmittag in den Genuss eines Open-air-Auftritts gekommen: Akrobaten des zurzeit in Herne ansässigen Zirkus Alessio gastierten an der Forellstraße.

Mitglieder des Zirkus Alessio traten an der Senioreneinrichtung Protea Care in Baukau auf.
Mitglieder des Zirkus Alessio traten an der Senioreneinrichtung Protea Care in Baukau auf. © Foto Funke Services | Klaus Pollkläsener

Mit Jonglage und Clownerien hätten drei Zirkus-Mitglieder die Bewohner des Pflegezentrums und der Seniorenwohnungen sehr gut unterhalten, berichtete Einrichtungsleiter Roberto Gentilini. Damit jeder Bewohner alle Darbietungen sehen konnten, waren drei Standorte in der Anlage kurzerhand zu kleinen Manegen umgewidmet worden. Auch bettlägerige Menschen verfolgten die Auftritte: „Wir haben sie zum Fenster geschoben“, so Gentilini.

Der Alessio-Auftritt sei Teil eines Unterhaltungsprogramms, mit dem Protea Care den Bewohnern in diesen schweren Zeiten etwas Abwechslung bieten wolle. Ab Montag könne - wenn auch in eingeschränkter Form - Besuch empfangen werden: Vor den „Räumen der Stille“ werde ein Pavillonzelt für Besucher aufgebaut, so Gentilini, die von dort aus - in sicherer Entfernung - mit ihren Angehörigen sprechen könnten..

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