Herne. Herner Gastwirte fühlen sich ungerecht behandelt, weil sie im Gegensatz zu anderen Geschäften nicht öffnen dürfen. Sie wollen eine Perspektive.

In vielen deutschen Städten haben Gastronomen am Freitag leere Stühle in die Innenstädte gestellt, um auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen. In Herne gab es keine offizielle Aktion, doch eine Umfrage der Herner WAZ-Redaktion offenbarte, wie schlecht es um die Wirte in Herne steht.

„Wir waren die ersten, die dicht machen mussten, und sind die letzten, die wieder öffnen dürfen“, bringt Markus Galland, Inhaber des „Haus Galland“ am Gysenberg, die Kritik auf eine Formel. Denn während Möbelhäuser wieder ihre Türen geöffnet haben und sich die Auftragsbücher der Friseure angesichts der bevorstehenden Wieder-Eröffnung am 4. Mai rasant füllen, haben Gastronomen noch nicht einmal ein Signal von der Politik, wann es vielleicht wieder losgehen könnte. Galland: „Das ist nicht nachvollziehbar, wir fühlen uns ein bisschen ungerecht behandelt.“ Doch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann betonte noch am Freitag, dass er keine Öffnung für Restaurants sehe.

Außer-Haus-Verkauf ist nicht kostendeckend

Wie viele andere Herner Restaurantbetreiber hat Galland längt damit begonnen, Speisen zum Abholen anzubieten oder er liefert aus. Das sei alles andere als kostendeckend, doch immerhin könnten auf diese Weise die Mitarbeiter beschäftigt werden. Das gleiche berichtet Stefan Rustemeier, Pächter des Zille im Kulturzentrum und der Gastronomie am Lago. Er spüre sehr viel Solidarität bei den Hernern, das Außer-Haus-Angebot werde angenommen. Immerhin habe er auf diese Weise zwei Köche aus der Kurzarbeit holen können, wenn auch nicht für ganze Tage.

Markus Galland sieht die Gastronomie ungerecht behandelt.
Markus Galland sieht die Gastronomie ungerecht behandelt. © FUNKE Foto Services | Archivbild: Rainer Raffalski

Dominik Basic vom Meistertrunk berichtet, dass die Wochenenden ganz gut angenommen würden, der Rest der Woche jedoch schleppend laufe. Was für Zahlen sich hinter dem Wort „schleppend“ verbergen können, schildert Milan Kajtaz, Inhaber des Cafés & Restaurants im Eickeler Park: 42 Euro Tagesumsatz. Da er viel ältere Kundschaft habe, könnten diese Gäste oft nicht zum Abholen kommen, eine Lieferung sei für ihn aber nicht zu leisten. Er steht vor dem zusätzlichen Problem, dass er vor der Krise große Renovierungsarbeiten in Auftrag gegeben habe. In der „Guten Stube“ wickeln die Lehrlinge den Außer-Haus-Verkauf ab. Doch auch wenn zusätzlich die wenigen Hotelgäste mitversorgt würden, bliebe unter dem Strich eine rote Zahl so, Betreiber Jan-Hendrik van Dillen.

Gewinne lassen sich meistens nur mit größeren Veranstaltungen erzielen

Alle Gastronomen betonen, dass sie dringend eine Perspektive für eine Wieder-Aufnahme des Geschäfts bräuchten. Dominik Basic hofft auf Ende Mai, hat aber keine echten Anhaltspunkte für seine Hoffnung. „Wir werden im Regen stehen gelassen“, so van Dillen. Alle Wirte betonen, dass sie absolut in der Lage seien, Abstandsregeln und Hygienevorgaben einzuhalten - doch beim Abstand gibt es schon ein Problem. Wenn die Wirte nur jeden zweiten Tisch besetzen können, laufen sie Gefahr, dass sie trotz der Öffnung Miese machen. Im Grund sei mit dem a la Carte-Geschäft sowieso kaum Gewinn zu erzielen, „wir leben von den größeren Gesellschaften“, so Milan Kajtaz. Doch Geburtstags- oder Hochzeitsfeiern scheinen noch ungewisser. Genauso beurteilt Markus Galland die Lage, der viel Catering für Großveranstaltungen durchführt.

Soforthilfe nur „Tropfen auf den heißen Stein“

Die meisten Herner Gastronomen haben die Soforthilfe des Landes beantragt und in den meisten Fällen schnell erhalten. Doch das Geld sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Was das bedeutet, erläutert Jan-Hendrik van Dillen. Als Betreiber des Parkhotels und des Restaurants „Gute Stube“ hat er 25.000 Euro erhalten. Dieser Betrag reiche gerade einmal aus, um die Fixkosten des Betriebs für eine Woche zu decken. So habe er sich zusätzlich an die Sparkasse gewandt, die ihn nun „gut betreue“.

Die Entscheidung der Bundesregierung, den Mehrwertsteuersatz auf Speisen ab Juli für ein Jahr von 19 auf sieben Prozent zu senken, trifft auf Zustimmung - mit Einschränkung. „Was nützt mir das, wenn ich keinen Umsatz mache?“, fragt Milan Kajtaz. Stefan Rustemeier sieht eine kleine Erleichterung, ein gesenkter Steuersatz auf Getränke wäre aus seiner Sicht eine weitere Unterstützung. Allerdings müsse man schon viele Speisen verkaufen, um die Umsatzverluste, die jetzt schon angefallen seien, aufzuholen, oder Kredite, die man jetzt in Anspruch nehmen müsse, wieder zurückzuzahlen.

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