Herne. Die medizinische Fußpflegerin Bibianna Gorski versteht nicht, warum Friseure wieder öffnen darf und sie nicht. Sie erfülle alle Hygienevorgaben.

Bibianna Gorski versteht es nicht: „Warum dürfen die Friseure wieder aufmachen und ich nicht“, fragt die 49-Jährige, die seit 20 Jahren in der medizinischen Fußpflege tätig ist. Wie alle anderen musste sie ihr Geschäft an der Wiescherstraße wegen der Corona-Krise am 23. März vorübergehend schließen. Wann sie wieder öffnen darf, ist nach wie vor ungewiss.

„Ich verstehe den Sinn hinter der aktuellen Entscheidung nicht“, betont Bibianna Gorski. „Gerade wir in der Fußpflege arbeiten ohnehin schon immer mit Mundschutz und Handschuhen.“ Eine gründliche Desinfektion gehörte bereits vor Corona fest zum Arbeitsalltag in der Fußpflege. Zudem habe sie einen größeren Arbeitsabstand zu ihren Kunden als Friseure. „Nicht, dass ich es den Friseuren missgönne“, betont sie. „Aber es erscheint mir willkürlich.“

Gorski ärgert sich über viel Unwissenheit - auch beim Land NRW

Das Schlimme sei, dass ihr keiner diese Regelung erklären kann. Die Hernerin hat bereits versucht, Antworten zu erhalten. „Ich habe beim Land NRW angerufen, um zu fragen, wie es weiter geht.“ Aber da habe man ihr nicht helfen können. „Die Dame am Telefon war sogar erstaunt, dass die Friseure wieder öffnen dürfen“, ärgert sich Bibianna Gorski über so viel Unwissenheit. Dabei habe sie kurz nach Angela Merkels Rede dort angerufen. „Man sollte doch meinen, dass die Bescheid wissen.“

Die Fußpflegerin wünscht sich, dass der NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann zu der Lage Stellung nimmt und besser überlegt, was sinnvoll ist. „Wenn die Leute jetzt in den Geschäften rumrennen, halten sich auch viele nicht an den Abstand“, sagt sie. Kosmetik oder Wellnessmassagen würde sie jetzt ohnehin nicht anbieten – schon um sich selbst zu schützen. Die Fußpflege sei etwas anderes: „Die Leute haben problematische Nägel, Hühneraugen oder Druckstellen, die versorgt werden müssen.“ Ständig rufen ihre Kunden an, um zu fragen, wann sie wieder öffnet oder warum sie nicht darf. „Ich sag denen dann, fragt beim Gesundheitsamt nach. Ich weiß es doch selber nicht.“

Arbeiten in der Krise nur mit Zusatzausbildung

Als Bibianna Gorski ihre Ausbildung zur Fußpflegerin machte, durfte sie sich medizinische Fußpflegerin nennen.

Durch eine Gesetzesänderung dürfen nun nur Fußpfleger mit podologischer Zusatzausbildung medizinische Fußpflege anbieten und deshalb auch während der Krise arbeiten.

Gorskis Ersparnisse sind bald aufgebraucht

Finanziell stelle die Situation Bibianna Gorski ebenfalls vor Probleme. Ihre Ersparnisse seien bald aufgebraucht. Zwar habe sie – wie so viele – die Soforthilfe vom Land NRW beantragt und auch erhalten, aber „was nutzt mir das, wenn ich die nur für das Gewerbe in Anspruch nehmen darf? Wovon soll man denn leben“, fragt sie.

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Schließlich müssen Miete, Strom und Lebensmittel bezahlt werden, auch wenn dies keine gewerblichen Ausgaben sind. Wie genau das geförderte Geld verwendet werden darf, sei an vielen Stellen noch unklar. Gorski hat sich bereits bei Anwälten und Steuerberatern erkundigt – ohne eindeutige Aussagen zu erhalten. Wenn sie die Soforthilfe nur gewerblich verwenden darf, sind ihre Rücklagen in maximal zwei, drei Wochen aufgebraucht. „Mein einziges Glück ist, dass ich keine Angestellten habe und noch eine halbe Stelle in der ambulanten Pflege. Sonst wäre es ein totales Desaster.“