Herne. . Vor dem WAZ-Walk rufen die Organisatoren zum Einstieg ins Walking oder Joggen auf. Experte Klaus Schneider sagt, wie es am besten gelingt.

Am Sonntag, 14. Oktober, steigt der WAZ-Walk in Herne rund um die Akademie Mont Cenis. Die Ausrichter vom TBS Börnig-Sodingen 1889/90 werben im Vorfeld der Veranstaltung dafür, dass Herner ins Laufen einsteigen und Spaß am Walken oder Joggen bekommen. Die WAZ sprach mit Klaus Schneider über die Vorteile des Laufens. Der Herner (74), Mit-Organisator des WAZ-Walks, bildet seit vielen Jahren Trainer der Laufakademie NRW aus und hat zahlreiche Lehrmaterialien rund ums Walken und Laufen entwickelt.

Kommen wir direkt zur Gretchenfrage: Was ist besser für Gesundheit, Wohlbefinden und Stressabbau – Walken oder Joggen?

Auf diese Frage bekommen Sie bestimmt keine neutrale Antwort. Der fanatische Jogger sagt Joggen, der fanatische Walker sagt Walking. Generell gilt: Jüngere bevorzugen Joggen, Ältere Walken. Und in der Tat ist Walking besser für ältere Menschen, weil die Gelenke weniger belastet werden.

Welche Kräfte wirken denn beim Laufen auf den Körper?

In der Abrollphase des Fußes wirkt beim Walking das Ein- bis Dreifache des Körpergewichtes auf die Gelenke, in der Landephase des Fußes beim Joggen das Drei- bis Fünffache. Zum Vergleich: Beim normalen Spazierengehen sprechen wir vom Ein- bis Zweifachen.

Was bedeutet das für Walking- oder Jogging-Einsteiger?

Wichtig ist ein kontrollierter, langsamer Einstieg in die neue Disziplin, vor allem beim Joggen. Übergewichtige sollten auf Grund der reduzierten Gelenkbelastung Walken zum Einstieg wählen. Bei allen gilt: Muskeln, Sehnen und Gelenke brauchen mindestens sechs Monate Zeit, um sich an die neue Herausforderung zu gewöhnen. Erst dann sollte man die Belastung zu schnellerem Walking oder leichtem Jogging steigern.

Stichwort: Herzfrequenz. Worauf muss ich als Einsteiger in die Sportarten achten?

Der Einstieg zum Walken oder Joggen sollte auch verbunden werden mit dem Erlernen und Wahrnehmen der eigenen Pulsfrequenz. Für Anfänger sollten je nach Alter und gesundheitlichem Zustand persönliche Regeln gelten. Ein Gesunder, der noch keine Bluthochdrucktabletten genommen hat, wird nach einiger Zeit des Trainings bei einem Pulsschlag von 100 bis 120 keine Probleme haben. Ein kleiner Gesundheitscheck oder ein Gespräch mit dem Trainer helfen oft beim Einstieg.

Was ungenutzt bleibt, verkümmert

Ist eine Pulsuhr beim Walken oder Joggen immer nötig?

Wer die Pulsmessung später regelmäßig durchführt, ist bald in der Lage, den eigenen Puls nach fünf bis sechs Schlägen grob zu erkennen. Die Methode, nicht immer nur mit der Pulsuhr zu arbeiten, erhöht die Fähigkeit, mehr Körpergefühl zu entwickeln, die Körperwahrnehmung zu steigern und die Leistungsgrenzen für sich ohne Hilfsmittel zu erkennen. Nur für fortgeschrittene Jogger und Walker gibt es eine Faustregel der maximalen Herzfrequenz: 220 minus Lebensalter. Für jeden sollte aber gelten: nicht zu schnell, nicht zu weit, nicht zu oft. Und: Finde deine Mitte.

Klaus Schneider demonstriert eine Stretching-Übung.
Klaus Schneider demonstriert eine Stretching-Übung. © Rainer Raffalski

Was sind typische Geschwindigkeiten beim Laufen?

Beim Joggen geht’s los beim „Schneckenjogging“ mit drei bis fünf Kilometern pro Stunde bis hin zum Marathon-Tempo von 20 Kilometern pro Stunde. Beim Walken geht’s vom „Senioren-Walking“ mit einem Tempo von 3 Kilometern pro Stunde bis hin zum Leistungsgehen von etwa 15 Kilometer/Stunde.

Ist beim Laufen Sprechen eigentlich erlaubt oder verpönt?

Gerade in unserem hektischen Alltagsleben ist Kommunikation ein bedeutender Faktor. Wenn ich nicht zu schnell jogge oder walke, sind beide Disziplinen sehr kommunikativ. Gerade für den Neueinsteiger sind das Kennenlernen und Vertrautwerden durch Kommunikation ein erster Schritt, um erste Berührungspunkte zu überwinden.

Der Kalorienverbrauch ist vielen Sportlern wichtig. Was „verbrennt“ man beim Joggen und Walken?

Bei einem Körpergewicht von etwa 60 Kilogramm und einer Geschwindigkeit von etwa sieben Kilometern pro Stunde verbrauchen Walker und Jogger ungefähr gleich viele Kalorien von etwa 300 Kilokalorien pro Stunde. Wie bei jeder anderen Sportart ist der Energieverbrauch aber natürlich maßgeblich von der Geschwindigkeit des Sportlers abhängig. Gerade für Neueinsteiger sollte der Energieverbrauch, die Selbstkasteiung, aber nicht das oberste Ziel sein.

Was denn dann?

Der Spaß am Laufen, die Freude, draußen an der frischen Luft zu sein, die rhythmische Bewegung zu genießen und die Umgebung mit der Natur an sich vorbei fließen zu lassen. Wer von der Arbeit her schon Stresshormone gespeichert hat, sollte den eigenen Hormonspiegel nicht noch durch extremen Laufstress zur Kalorienreduzierung erhöhen. Ziel sollte aber natürlich auch sein, die Gesundheit zu erhalten und zu verbessern. Wer sich heute keine Zeit für die Bewegung nimmt, muss sich später wesentlich mehr Zeit für seine Krankheiten nehmen. Was ungenutzt bleibt, verkümmert – was genutzt wird, entwickelt sich. Das gilt nicht nur für die Muskulatur, sondern auch für weitere Organe wie Herz oder Lunge. Und vielleicht nehmen einige Einsteiger später auch den neuen, persönlichen Hype zum Anlass, sich auch bewusster zu ernähren.

Was sind Ihre Lebenserfahrungen im Lauf- und Walkingsport?

Beide Disziplinen sind eine gute Kombination aus Herz-Kreislauf-Training und Fettverbrennung. Aber rückwirkend erkenne ich, dass noch mehr Augenmerk auf die muskuläre Dysbalance, auf die Körperstatik gelegt werden muss. Denn in jungen Jahren angeeignete Fehler in der Lauf- und Walkingtechnik können später auch zu Gelenkproblemen führen. Begleitende Dehnübungen verbunden mit kontrollierter Kräftigungsgymnastik sollten ein fundamentaler Bestandteil des Lauf- und Walkingsportes sein. Überlasst nicht nur unseren Frauen die wichtige Funktion der faszialen Dehngymnastik!

Zum Ende noch mal eine Entweder- oder-Frage: Was ist besser, Walking oder Nordic-Walking, also Walking mit Stöcken?

Mit „normalem“ Walking kann man nicht viel falsch machen, das ist für Einsteiger am besten geeignet. Für Nordic-Walking spricht die höhere Anforderung an den Bewegungsablauf und eventuell für Ältere der „Halt“ durch die Stöcke. Bei der Nordic-Walking-Technik werden in der Praxis aber viel mehr Fehler gemacht als beim Walken, so werden die Arme etwa falsch eingesetzt. Ich glaube, Nordic Walking hat die Industrie zum größten Teil erfunden, die Stöcke verkaufen will (lacht).

WAZ-WALK MIT MEHREREN WETTKÄMPFEN

Angeboten werden beim WAZ-Walk in Herne mehrere Wettkämpfe. Die Streckenverläufe sind die selben wie im vergangenen Jahr: Kurzstrecke (5 Kilometer), Mittelstrecke (14 Kilometer) und Langstrecke (21 Kilometer) sowie ein Staffellauf.

Am Ziel erwartet die Teilnehmer eine Verpflegungsmeile und eine Ausstellung rund um die Themen Sport und Gesundheit. Auch die WAZ ist mit ihrem WAZ-Kids-Club dabei. Dazu gehören unter anderem Shuffleboard, Vier gewinnt oder Dart XXL. Außerdem plant die WAZ an diesem Tag eine große Fotoaktion.

Weitere Informationen zum WAZ-Walk in Herne gibt’s unter www.tbs-herne.de