Herne. Lernen zuhause: Warum die Herner Linke eine soziale Ungleichheit beklagt und welche Erfahrungen eine FDP-Ratsfrau und Lehrerin gemacht hat.
Mitte März hat das Land wegen der Corona-Krise alle Schulen geschlossen und das Lernen in die häusliche Umgebung der Schülerinnen und Schüler verlegt. Zwei Herner Parteien machen sich nach drei Wochen Gedanken über diese Form des Lernens und stellen konkrete Forderungen. Die Linkspartei beklagt die soziale Ungleichheit und fordert unter anderem eine bessere digitale Ausstattung. Eine FDP-Ratsfrau und Lehrerin zieht eine persönliche Bilanz – verbunden mit dem Ruf nach Erarbeitung eines Konzepts für derartige Ernstfälle.
Linke beklagt ungleiche Verhältnisse
Die Linke richtet den Blick insbesondere auf „sehr unterschiedliche Verhältnisse“ bei den Schülern. „Beengte Wohnverhältnisse von Menschen mit geringem Einkommen oder im Transferleistungsbezug führen häufig zu fehlenden häuslichen Rückzugsorten zum Lernen, Lesen und Entspannen“, erklärt Linke-Ratsfraktionsvorsitzende Veronika Buszewski. Kinder, die zu Hause keine oder wenig Hilfe bekommen können, drohten hinter den anderen zurückzubleiben.
Außerdem verfügten nicht alle Schüler über einen Internet-Anschluss, elektronische Endgeräte und einen Drucker und seien somit vom E-Learning ausgeschlossen. „Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden“, so Buszewski. Die digitale Ausstattung aller Schüler müsse gewährleistet werden, um der seit Corona besonders stark wirkenden Ungleichheit entgegen zu treten.
Jobcenter soll Kauf von Computern ermöglichen
Die Linke fordert, alle Herner Schulen mit Klassensätzen an Endgeräten auszustatten. Außerdem erwartet die Linke vom Jobcenter Herne, dass es aufgrund der drastischen Isolationsmaßnahmen die digitale Lernteilhabe oder das häusliche Lernen durch internetfähige Geräte sicherstelle. Deshalb müssten Menschen im Transferleistungsbezug finanzielle Unterstützung zum Kauf eines Computers und Laptops erhalten, so die Linke-Politikerin. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür seien gegeben.
Darüber hinaus fordert die Herner Linkspartei auch konkrete Maßnahmen bezüglich aller schulischen Abschlussprüfungen und auch Gesellenprüfungen. Diese sollten erst dann stattfinden, wenn sich der Gesundheitsschutz gewährleistet sei und es ausreichend Vorbereitungszeit gegeben habe, erklärt Linke-Kreissprecher Patrick Gawliczek. „Sollte es aufgrund der Krisenlage nicht möglich sein, Prüfungen stattfinden zu lassen, sollten die Noten für den Abschluss der allgemeinen Hochschulreife aus den letzten vier Semestern der gymnasialen Oberstufe berechnet werden“, so Gawliczek und Buszewski. Haupt- und Realschulabschlüsse sollten dann ebenfalls auf der Grundlage der erbrachten Leistungen im 10. Schuljahr zuerkannt werden.
FDP-Politikerin wünscht sich Konzept für den Ernstfall
Gedanken über das „Homeschooling“ macht sich auch die FDP-Stadtverordnete Marita Cramer – und zwar aufgrund ihrer persönlichen Erlebnisse als Realschullehrerin beim „Homeschooling“ (siehe Info: Corona: Eine Lehrerin berichtet aus dem Homeoffice). Auch sie sei Mitte März ins kalte Wasser geschmissen worden, berichtet sie. Das Fazit dieser auch für sie neuen Erfahrung: Die Erarbeitung eines Konzepts für „ein Homeschooling im Ernstfall“ sei notwendig.
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Als „eher kontraproduktiv“ bezeichnet Cramer die aktuelle Debatte um die Prüfungstermine und fehlende Prüfungssicherheit, „weil niemand in die Zukunft sehen kann“. Die zentralen Prüfungen der 10er Klassen könnten durch Klassenarbeiten ersetzt werden. „Warum sollte dies im Ausnahmezustand nicht auch heute möglich sein?“, fragt die FDP-Ratsfrau. Bei den Abiturprüfungen sei dies wegen des engen Zeitrahmens natürlich nicht so problemlos möglich. Aber: „Es wird hart an Lösungsstrategien gearbeitet“.