Herne. Das Herner Jugendamt befürchtet, dass häusliche Gewalt gegen Kinder in der Corona-Krise zunimmt. Wie die Stadt mit der Herausforderung umgeht.

Die Stadt befürchtet, dass die Zahl der Kindeswohlgefährdungen durch die Corona-Krise ansteigen wird. „Ja, diese Sorge besteht“, sagt Stephanie Jordan, Leiterin des städtischen Fachbereichs Kinder-Jugend-Familie, auf Anfrage. Sie spricht sich dafür aus, dass auch Kinder aus besonders belasteten Familien in den Notgruppen der Kitas und Schulen betreut werden.

Enorme Belastungen für Familien

„Die Belastungen für Familien sind derzeit enorm. Das spüren wir alle ja auch am eigenen Leib“, sagt Jordan. Es gebe kaum Zerstreuung und Gelegenheit, mal runterzufahren. Auch durch die Erledigung der Schulaufgaben drohten Konflikte. All dies könne die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt gegen Kinder erhöhen.

Erschwerend komme hinzu, dass derzeit aus Schulen und Kitas keine oder kaum noch Meldungen über Kindeswohlgefährdung erfolgen könnten. Die Stadt setze darauf, dass Nachbarn, Verwandte und die Polizei aufmerksam seien. „Wir werden alle Meldungen genau überprüfen – so wie es unserem gesetzlichen Auftrag entspricht“, so die Fachbereichsleiterin.

Schulungen und Schutzausrüstungen

Auch unter den Corona-Einschränkungen würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) der Stadt – dieser ist für den Komplex Kindeswohlgefährdung zuständig – in Familien gehen. Und wenn diese unter Quarantäne stehen? Die Stadt sei darauf durch Schulungen und eine entsprechende Ausrüstung vorbereitet, so Jordan.

Die Stadtmitarbeiterin unterstützt Forderungen von Kinderschutzexperten und aus dem Städtetag, dass Kinder aus besonders belasteten Familien ebenfalls Aufnahme in Notgruppen der Kindertagesstätten und Schulen (Klasse 1 bis 6) finden. In Nordrhein-Westfalen gibt es den Anspruch auf Notbetreuung bisher nur für Eltern, die in der sogenannten „kritischen Infrastruktur“ arbeiten.

Neue Leitlinie für die Schulen in NRW

Das Land hat aber inzwischen offenbar auf die Forderungen von Experten reagiert: Das NRW-Schulministerium teilt aktuell auf seiner Homepage mit, dass nun auch Schüler die Notbetreuung besuchen dürfen, „wenn wegen einer Kindeswohlgefährdung eine Aufnahme in die Notbetreuung erforderlich ist“. Die Leitlinie sei am Donnerstag entsprechend ergänzt worden, heißt es. Demnach obliegt in solchen Fällen dem jeweiligen Jugendamt die Entscheidung. Vorrangig sei jedoch zu prüfen, „ob das Kindeswohl auch mit anderen verfügbaren Maßnahmen gewährleistet werden kann“.

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