Herne. Alle öffentlichen Kulturveranstaltungen bis 20. April abgesagt. Was das für Bühnenkünstler wie den Herner Komiker Martin Fromme bedeutet.
Ute Eickenbusch
Deutschlands einzigem einarmigem Entertainer ist die gute Laune vergangen. Martin Fromme ("Besser Arm ab als arm dran") klingt am Telefon deprimiert. Als Bühnenkünstler erlebt er momentan den Supergau: Alle Auftritte storniert. "Null Umsätze bis zum 20. April." Eine Situation, die noch bis ins nächste Jahr nachwirken wird, ist der Herner Comedian überzeugt.
Inklusionsveranstaltungen als Nische
Nach frühem Start mit dem abgedrehten Comedy-Duo "Der Telök" hat sich der Herner Kleinkünstler in den vergangenen Jahren neben den üblichen Soloauftritten eine Nische geschaffen, die ihn gut ernährt: "Ich lebe von Inklusionsveranstaltungen", sagt er. Und die ballen sich im April und Mai, rund um den 5. Mai als Protesttag der Menschen mit Behinderungen. Fromme selbst ist mit einem verkürzten Arm geboren und hat diesen Umstand immer offensiv für seine Programme genutzt und auch in einem Buch verarbeitet.
"Wir versuchen natürlich, Termine zu verschieben", sagt Martin Fromme, doch wohin? Die Wochen nach der staatlich verordneten Zwangspause schaufelten sich Veranstalter aus Vorsicht jetzt schon frei, hat er festgestellt. Der kommende Herbst und das Frühjahr 2021 seien bei vielen schon dicht. So könne es leicht Herbst 2021 werden, bis Bühnenauftritte wieder realistisch würden. Und schlechtestenfalls drängten sich dann so viele Künstler auf den Markt, dass sie sich bei den Gagen gegenseitig unterböten. "Dann werden wir uns kaputt touren müssen, um wieder Land zu sehen, von Freiburg nach Eisenhüttenstadt, für kleines Geld."
Rücklagen für die Rente als Reserve
Wenn der Virus als "höhere Gewalt" durchgehe, "sind die Künstler am Ende der Nahrungskette". Und wer um Ausfallhonorare kämpfe, mache sich in der Branche auch nicht unbedingt Freunde, lässt Fromme durchblicken. "Dann muss ich an die Rücklagen für die Rente." Was sich dann im Alter rächen werde. Seine Linie: "Ich versuche, mich mit den Veranstaltern zu einigen, dass man sich das Risiko teilt." Von Krediten für Künstler hält er nicht viel: Viele hätten nicht den finanziellen Spielraum, etwas zurückzuzahlen. Schön fände er es, wenn "sich aus der Stadt jemand äußern würde, wie man die freie Kultur unterstützen kann."
Auch der MDR, für den Fromme einmal im Monat das Magazin "selbstbestimmt" moderiert, hat schon vorgewarnt. Die Aufzeichnung der nächsten Sendung stehe in den Sternen. "Ich hätte ein richtig gutes Jahr vor mir gehabt", bedauert Martin Fromme. "Jetzt wird es das schlechteste, das ich je hatte."
Solidarität unter Künstlern
"Arbeite an deinem Programm" oder "Schreib doch ein Buch" seien Tipps, die er gerade gar nicht umsetzen könne. Nur eins tröstet ihn: "Man spürt eine unwahrscheinliche Solidarität unter den Künstlern. Er sieht "den Drang sich zu vernetzen und das nicht zu verlieren." Auf Facebook hätten sich in nur vier Tagen bundesweit 3500 Künstler, Agenturen und Veranstalter zusammengeschlossen.
Mehr Infos zu Martin Fromme
Martin Fromme, geboren 1962, gründete 1986 mit Dirks Sollonsch das Comedy-Duo "Der Telök".
Seitdem entwickelte er 15 Bühnen-Programme und trat über 1800 Mal auf.
Sein jüngstes Programm "Glückliches Händchen" hatte im September 2019 Premiere.
Alles über den Künstler auf www.martin-fromme.de.