Was ist das? Es hat zwei Köpfe, drei Arme – und wäre in diesem Jahr 30 Jahre alt geworden, wenn es denn noch weitermachen würde. Dem Eingeweihten dämmert’s: Hier ist die Rede vom Comedy-Duo Der Telök. Jenem brachialhumorigen Klamauk-Konsortium, das dereinst eine ganz neue Art von Humor auf die Bühne brachte. Und dessen genüssliche Tabubrüche nicht zuletzt die Behinderung eines der beiden Protagonisten im Fokus hatten: Martin Frommes „appen Arm“, er kam ohne linken Unterarm zur Welt. Der Telök: Man konnte ihn lieben oder hassen, dazwischen gab’s wenig Spielraum.
Schabernack mit dem Stumpen
Dirk Sollonsch und Martin Fromme machten seit Mai 1986 die Bühnen zunächst im Ruhrgebiet, dann in ganz Deutschland unsicher. Der erste Auftritt in der damaligen Kult-Kneipe „Alles Banane“ lief zwar ein bisschen chaotisch ab, hatte aber schon alle Ingredienzen des späteren Telök-Cocktails: Knallbunte Kostüme, abgedrehte Requisiten wie von der Bärchengruppe im Kindergarten gebastelt, gezielte Frontal-Attacken aufs Zwerchfell (die gerne auch mal auf Abwege jenseits der Gürtellinie gerieten), ein spiel- und improvisationsfreudiges Tandem mit Pat-und-Patachon-Appeal. Und natürlich immer wieder: der Stumpen. Wenn Fromme zum Beispiel einen Tisch spielte, zusammenbrach und zu dem Schluss kam, dass ein solches Möbel unbedingt vier Beine braucht: Recht hatte er.
„Dabei spielte die Behinderung in unseren Shows nur zu fünf oder zehn Prozent eine Rolle“, erinnert sich der heute 54-Jährige. „Ein pointierter Gag am Anfang, damit man merkte: Hier dürfen wir über alles lachen. Am Ende lachten die Leute dann nicht mehr über uns, sondern mit uns.“
Über 1800 Bühnenauftritte kamen dabei heraus, und 15 Programme mit so schönen Titeln wie: „Einmal bekloppt, nie mehr gestoppt“, „Nackt aber beknackt“, „Godzilla, Kaiserin von Österreich“, „Born to be blöd“, „Arschgesicht“, „Garten der Würste“ oder „Ziemlich beste Feinde“.
Ihre Themen? So bunt wie das Leben und so abgedreht wie ein Hamster auf Ecstasy. Als Aldi und Lidl duellierten sich die Maschinengewehre des Humors im „Phantom der Oper“-Stil, outeten sich als anonyme Frühstücker oder zeigten mit einem FSK-18-Riesendelphin das, was in der Kinderstunde normalerweise nicht zu sehen ist („Flipper, Flipper, gleich wird er kommen“). Immer wieder gefürchtet (bei denen, die auf die Bühne mussten) und geliebt (bei allen anderen) waren zudem ihre Publikumsspiele.
Empörte Veganer und Kleriker
Auch im TV war Der Telök einige Male zu sehen – zum Beispiel 1997 in der Harald-Schmidt-Show, wo der Auftritt (bei dem Fromme seinen Arm „verlegt“ hatte und verzweifelt in den Publikumsreihen suchte) für, gelinde gesagt, Unverständnis sorgte. So etwas war man nicht gewohnt. Überhaupt fasste das Fernsehen die beiden Wanner Hanswürste traditionell mit spitzen Fingern an. „Besonders die Öffentlich-Rechtlichen glauben: Das kann man dem Publikum nicht zumuten“, sagt Fromme. Er spricht gar vom „Rassismus“ der visuellen Medien: „Am Ende hat man nicht den Arsch in der Hose, Menschen mit einer echten Behinderung zu zeigen.“
So blieb die Bühne das Hauptmetier der beiden Beknackten, Skandälchen inklusive: Mal attackierten Veganer den Tourbus, weil der Telök ein Grillhuhn („Susi“) als Maskottchen auf einen Mikrofonständer geflanscht hatte. Mal rebellierten Kirchenvertreter gegen das lästerliche Telök-Plakat, auf dem Sollonsch den als Jesus ausstaffierten Kollegen ans Kreuz schlagen will – leider vergeblich, da der Nagel links ins Leere trifft…
Parallel zum Telök arbeitete Martin Fromme zunehmend als Solist. Bereits 2006 trat er in der „Para-Comedy“ des TV-Senders Comedy Central auf, 2009 spielte er in „Stromberg“ Gernot Graf, den Kontrahenten des TV-Ekels, 2011 übernahm er (ganz seriös) die Moderation der MDR-Serie „Selbstbestimmt“, 2012 erschien das Buch „Besser arm ab als arm dran“, dem die gleichnamige Solo-Tour folgte. Heute ist er nur noch solo zu sehen.
Und Dirk Sollonsch? Der studierte Jurist hatte sich ob der Frage: „Bürgerliches Dasein oder Rock’n’Roll? Richter in Eisenhüttenstadt oder Rampensau?“ einst für die Bühne entschieden. Nun konzentrierte er sich wieder verstärkt auf seine bürgerliche Karriere und arbeitete für verschiedene soziale Einrichtungen. Aktuell ist er für die Lebenshilfe tätig, die sich um geistig behinderte Menschen kümmert.
Tja. So ging dem Telök schleichend die Luft aus. 2014 fanden die letzten gemeinsamen Aufritte statt, das war’s dann. Am Ende fiel auch noch der lange geplante Abschieds-Auftritt im Mai 2016 im Kulturzentrum flach.
Wirklich schade, denn die beiden haben nicht nur ein schräges Kapitel Comedy-Geschichte geschrieben: Meistens waren sie sogar richtig lustig. Danke für die Zeit, lieber Telök.