Herne. Die Stadt Herne hat für die Firma Silex bereits Entwarnung für die PCB-Belastung gegeben. Die WAZ sprach nun mit der Geschäftsführung.

In Ennepetal schlägt seit einigen Monaten der Fall eines Unternehmens aus der Silikon-Branche hohe Wellen. Flockenartige Stücke, die mit dem Stoff PCB belastet sind, wurden rund um das Werk gefunden. Die Landesregierung schaltete sich ein und nahm alle Betriebe der Silikonbranche in NRW unter die Lupe. Auch das Herner Unternehmen Silex. Die Stadt hat vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass der Herner Betrieb mit jenem in Ennepetal nicht vergleichbar sei und keinerlei Gefährdung von ihm ausgehe. Auch gegenüber der WAZ zeigte sich die Silex-Geschäftsführung mit Michael Hirth, Oliver Fleischer und Dirk Möller ausgesprochen offen und erläuterte WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann die Produktionsprozesse und die Konsequenzen, die sie aus den Untersuchungen ziehen.

Wann haben Sie zum ersten Mal von der PCB-Thematik in der Silikonindustrie gehört?

Fleischer: Durch die Bezirksregierung Arnsberg. Sie hat uns im Oktober besucht und dann informiert, dass es ein Thema in der Silikonindustrie gibt.

Was haben Sie danach unternommen?

Möller: Wir haben dann Kontakt zu den anderen Behörden aufgenommen: Berufsgenossenschaft und Umweltamt und haben kurzfristig eine Arbeitssicherheitsbesprechung einberufen mit unserer Betriebsärztin und Sicherheitsfachkraft. Dann haben wir in Abstimmung mit den Behörden Pläne erstellt, was wir zu tun haben. Alle Produktionsabläufe sind genehmigt.

War Ihnen bewusst, dass in der Herstellung PCB entstehen kann?

Löwenzahntest steht noch bevor

Die Stadt Herne hat im Rahmen der Untersuchungen das direkte Umfeld des Betriebs an der Werderstraße mit einer Drohne beflogen. Dabei wurden keine Auffälligkeiten festgestellt. Auch Luftmessungen im Firmengebäude zeigten, dass alle Richtwerte eingehalten werden.

Darüber hinaus sind weitere Untersuchungen in Vorbereitung. Das Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) werde eine sogenannte Löwenzahnuntersuchung durchführen. Der Löwenzahn ist besonders gut geeignet, um PCB-Belastungen sichtbar zu machen. Da die Vegetationsperiode noch nicht begonnen habe, beginnt der Test erst Ende des Monats. Erste Ergebnisse werden dann Ende April vorliegen.

Fleischer: Es ist bekannt, dass bei der Verarbeitung des chlorhaltigen Vernetzers unter bestimmten Umständen PCB in Spuren entstehen kann. Bislang war man mit der vorhandenen Analytik nicht in der Lage, entsprechende Stoffverbindungen zu bestimmen. Aufgrund der neuen Situation haben wir alles testen lassen, zum Beispiel die Raumluft und haben Mitarbeitern Blut abnehmen lassen. PCB 47 konnte zwar nachgewiesen werden, aber immer unterhalb herangezogener Grenzwerte. Im Übrigen gehört PCB 47 nicht zu den bekannten PCB, die die Hintergrundbelastung reflektieren. PCB-haltige Flocken wie in Ennepetal werden über unser Absaugsystem nicht emittiert.

Blick in die Produktion bei Silex.
Blick in die Produktion bei Silex. © Funke Foto Services GmbH | Archivbild: Rainer Raffalski

Haben Sie nach dem Besuch der Bezirksregierung nicht sofort in den Krisenmodus geschaltet?

Möller: Nein, wir haben uns nach dem Besuch der Bezirksregierung, zu der wir übrigens ein sehr gutes Verhältnis pflegen, erstmal informiert. Dann haben wir die Dinge untersucht. Und diese Untersuchung hat ergeben, dass es keine akute Gefährdung gibt. Sämtliche Werte sind deutlich unterhalb jeglicher herangezogenen Grenzen. Dass man sie heutzutage findet, liegt aber zum Teil auch daran, dass die Messmethoden inzwischen so fein sind, dass man auch geringste Mengen findet. Abseits von den Richtwerten gibt es aber bei PCB ein Minimierungsgebot. Das heißt: Wir haben einen Maßnahmenkatalog erstellt, um diese Werte noch weiter zu senken.

Die Stadt ist mit ihrer Information ja in die Offensive gegangen, um auch die Nachbarschaft zu beruhigen. Ist Silex in der Nachbarschaft überhaupt bekannt?

Hirth: Die Nachbarn kennen uns kaum. Das liegt daran, dass wir so gut wie keine Kunden in Herne haben, wir verkaufen nach Europa. Eine Ausnahme war die Aktion WAZ öffnet Pforten, bei der Sie ja mit Lesern hier waren.

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Gab es nach der Information der Stadt Nachfragen?

Möller: Nein. Die Information der Bevölkerung in Herne hat sehr gut funktioniert. Auch von den Mitarbeitern gab es erstaunlich wenig Nachfragen. Wir haben alle Mitarbeiter informiert und Fragen beantwortet. Wir haben festgestellt, dass sie relativ entspannt sind. Kunden haben sich bislang noch gar nicht gemeldet, könnte aber passieren. Aber wir sind gelassen. Die Produktion läuft ohne Einschränkung weiter. Trotzdem haben wir viel vorbereitet, um die Situation noch weiter zu verbessern. Wir stellen uns der Thematik. Wir suchen zum Beispiel nach einem Ersatz für den Stoff, der für das Entstehen von PCB ursächlich ist. Wir hoffen, dass es mittelfristig Lösungen geben wird. Wir machen nicht einfach so weiter. Aber wir brauchen Zeit.