Herne. Das künftige Gebäude der Evangelischen Kirche in Herne-Mitte hat nun einen Namen. Zur Finanzierung der Möbel steigt eine „biblische Wein-Lese“.
Das neue Gebäude der Evangelischen Kirche auf dem Europaplatz in Herne nimmt Gestalt an. Das alte CVJM-Haus an der Kreuzkirche wird zum gemeinsamen Haus für die Kreuzkirchengemeinde, den CVJM und die Gehörlosengemeinde umgebaut. Die Besucher wurden in den vergangenen Wochen gefragt: Wie soll das neue Haus denn heißen? Nun gibt es eine Antwort.
Eine Postkartenaktion hatte die Kreuzkirchengemeinde vor Wochen gestartet, um einen Namen für das gemeinsame Haus zu finden. Etwa 150 Menschen steckten ihre Vorschläge in eine Box in der Kirche, sagen die Pfarrer Kornelius Heering, Melanie Jansen und Katja Lueg. Um es kurz zu machen: Ludwig-Steil-Forum soll das Haus nun heißen.
Name ist auch ein politisches Statement
Ludwig Steil war der Namensgeber des alten Gemeindehauses, das die Kreuzkirchengemeinde Ende 2018 verließ, um erst in ein Übergangsquartier und bald in ein neues Domizil zu ziehen. Einfach den alten Namen Ludwig-Steil-Haus übernehmen, das wollten sie aber nicht, betont Pfarrerin Jansen. „Wir schaffen etwas Neues“, erklärt sie und verweist auf den Neubau, der künftig eben drei Mieter beherbergt. Unter einem Dach arbeiteten sie künftig zusammen, wie in einem – Forum.
Dass der Name Ludwig Steil im neuen Namen vor das Forum kommt, liege daran, dass die Geschichte des ehemaligen Pfarrers aus Herne-Holsterhausen, der von den Nazis im KZ Dachau ermordet wurde (siehe Kasten), noch immer aktuell sei, so Pfarrerin Jansen. Gemeint ist: Rechtes Gedankengut gibt es noch immer und immer mehr, auch rechte Übergriffe, ja die Verfolgung von Menschen aus religiösen Gründen. Deshalb sei der Name Ludwig-Steil-Forum auch „ein politisches Statement“, sagt Pfarrer Heering.
„Biblische Wein-Lese“ im Literaturhaus als Benefizaktion
Andere Vorschläge, die auf Karten geschrieben wurden: Martin-Luther-Haus, Harald-Rohr-Haus (nach dem ehemaligen Leiter des Herner Eine Welt Zentrum), Kraft-Messing-Haus (nach dem gleichnamigen, ehemaligen Platz an dieser Stelle) oder Dreimaster-Haus (nach den drei Parteien, die ins Haus einziehen). Ludwig-Steil-Forum habe sich aber schnell als „Sieger“ herauskristallisiert; alle drei künftigen Mieter hätten sich schnell darauf geeinigt.
Im Sommer, spätestens im Herbst 2020, soll das Haus dann bezogen werden; ursprünglich sollte es jetzt im Frühjahr fertig sein, es habe aber die für Großbaustellen fast schon üblichen Verzögerungen gegeben. Noch nicht bestellt ist neues Mobiliar. Das wünschen sich nämlich die Beteiligten, die möglichst nicht mit eingelagerten alten Stühlen und Tischen in das Ludwig-Steil-Forum einziehen wollen. Deshalb planen sie eine Reihe von Benefizveranstaltungen, bei denen sie Geld einnehmen wollen für eine bessere Einrichtung.
Ludwig Steil starb mit 44 Jahren im KZ Dachau
Der Pfarrer Ludwig Steil bot den Nazis die Stirn: Als junger Mann kam der gebürtige Lüttringhausener in die Gemeinde Holsterhausen und engagierte sich als Seelsorger. Er predigte unter anderem gegen die systematische Vernichtung des von den Nazis so bezeichneten „unwerten Lebens“ und gegen die Vernichtung der Juden. Nach einem Vortrag zum Thema „Schweigt Gott im Krieg“ in der Herner Hauptkirche wurde er am 11. September 1944 von der Gestapo verhaftet. Er starb mit 44 Jahren im KZ Dachau.
Nach Steil wurden Straßen und Einrichtungen benannt, auch in Herne. So wurde 1954 ein Gedenkstein auf dem Holsterhauser Kommunalfriedhof enthüllt und 1955 die Ludwig-Steil-Schule in Holsterhausen (heute Dependance der Erich-Fried-Gesamtschule) gegründet. 1960 wurde die Ludwig-Steil-Gedächtnisbücherei mit der Stephanus-Kirche eingeweiht. Außerdem gibt es in Holsterhausen eine Ludwig-Steil-Straße sowie an der Hirtenstraße 5-7 das Ludwig-Steil-Haus, ein Pflegeheim des Johanneswerks, sowie bis zuletzt das Ev. Gemeindehaus Ludwig-Steil an der Schulstraße. Nun kommt dafür das Ludwig-Steil-Forum.
Los geht’s mit einer „Biblischen Wein-Lese“ am Freitag, 3. April, um 19 Uhr im Literaturhaus Herne, mit dem die Gemeinde gut zusammenarbeite. An diesem Abend, sagt Pfarrer Heering, würden biblische Geschichten rund um den Wein erzählt, dazu gebe es Erklärungen, Fotos sowie entsprechende Weine und einen Snack. Nicht zuletzt musiziert Kreiskantor Wolfgang Flunkert.
Der Eintritt zur „Biblischen Wein-Lese“ kostet 25 Euro, Wein inklusive. Eintrittskarten gibt’s im Gemeindebüro, Stammstraße 40, oder im Literaturhaus, Bebelstraße 18. Weitere Informationen: