Herne. . Den Kraft-Messing-Platz in Herne-Mitte gab es nicht lange. Warum der damalige OB Robert Brauner den Namen 1961 per Sofortentscheidung einführte.
Was ist das für ein zentraler Platz in Herne-Mitte? Etwa der Europaplatz, der gerade umgebaut wird? Die WAZ veröffentlichte am Samstag ein Foto, im Hintergrund zu sehen ist die Kreuzkirche. Alteingesessene Herner wissen natürlich Bescheid: Im Bild, erklärt Stadtarchivar Jürgen Hagen, ist ein Platz, den es längst nicht mehr gibt: der Kraft-Messing-Platz. Der Europaplatz liegt aber nur einen Steinwurf entfernt.
Es sei der Einzug der Reformation in Herne gewesen, an den der Kraft-Messing-Platz erinnert habe. Er lag südlich der Kreuzkirche an einem anderen Gotteshaus: am Standort der ehemaligen St. Dionysiuskirche. Diese romanische Kirche sei „der sakrale Mittelpunkt im Kirchdorf Herne“ gewesen, sie habe der Verbreitung von Luthers Lehren durch Pfarrer Kraft Messing gedient. Vermutlich in der Zeit vom neunten bis frühen zwölften Jahrhundert sei diese erste Kirche im Dorf Haranni — ab 1150 dann „Hernen“ — gebaut worden.
Ausgrabungen an der Kreuzkirche
Grabungsfunde, sagt der Stadtarchivar, wiesen aber sogar auf einen Vorgängerbau hin. Ob diese ältere Kirche aber bereits religiöser Mittelpunkt einer eigenen Pfarrgemeinde gewesen ist, sei unklar. Sicher sei aber, dass Menschen aus der Nachbarschaft auf dem Kirchhof beerdigt wurden.
So seien bei Ausgrabungen südlich der heutigen Kreuzkirche Mitte der 1930er-Jahre Gräber – frühestens aus dem neunten Jahrhundert – entdeckt worden. „Dies spricht für eine christliche Bestattungskultur“, sagt Hagen. Die Ausgrabungen habe übrigens ein gewisser Karl Brandt geleitet — der Gründer des Emschertal-Museums. Nach den Ausgrabungen habe der Platz an der Kirche den Namen Haranni-Platz erhalten.
Gotteshaus zu klein – ein neues musste her
Mit der Industrialisierung seien dann immer mehr Menschen nach Herne gekommen: „Die St. Dionysiuskirche wurde zu klein, ein neues Gotteshaus musste her.“ Die nicht baufällige Kirche sei bis 1876 abgebrochen worden, die Steine des Turms, der vorher fiel, hätten als Fundament für eine neue evangelische Kirche, die heutige Kreuzkirche, gedient. Diese sei 1875 eingeweiht worden.
Und warum die Umbenennung von Haranni- in Kraft-Messing-Platz? Die Gemeinde der Evangelischen Hauptkirche, ab 1963 Kreuzkirche, habe recht kurzfristig zum 400. Herner Reformationsjubiläum beantragt, eine umliegende Straße nach Kraft Messing umzubenennen. Das aber habe im Rathaus wenig Anklang gefunden: Um Anlieger vor Schwierigkeiten durch eine Namensänderung ihrer Straße zu schützen, habe der damalige Oberbürgermeister Robert Brauner den Haranni-Platz per Sofortentscheidung am 27. Oktober 1961 in Kraft-Messing-Platz umbenannt. Diese Entscheidung habe die Stadtverordnetenversammlung einen Monat später bestätigt.
„Nicht jeder war mit einer Umbenennung einverstanden“, sagt Hagen. Ein langes Leben war dem Kraft-Messing-Platz sowieso nicht beschieden. Im Mai 1976 sei er – im Zuge der Stadtkernerneuerung – aufgegeben worden.Heute brausen täglich Tausende Autos über ihn hinweg: Die vierspurige Sodinger Straße liegt genau auf ihm.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Kraft Messing
Kraft Messing oder — nach einer anderen Schreibweise — Crafft Messing stammte laut Stadtarchivar Jürgen Hagen aus einer alteingesessenen Hevener Familie. Wann Kraft Messing geboren wurde, konnte demnach bislang nicht ermittelt werden. Gestorben sei er vermutlich 1570.
Verheiratet war Kraft Messing mit Elisabeth Valkan, das Ehepaar hatte zwei Töchter. 1560 wurde er als Pfarrer der Herner St. Dionysiuskirche ordiniert, 1561 begann Kraft Messing dann, gegen den katholischen Glauben zu predigen. Gleichzeitig führte er den Katechismus Luthers ein.