herne. . Die SPD wollte die Schrottimmobilie an der Castroper Straße nicht länger akzeptieren und verhandelte in Holland mit dem Eigentümer. Mit Erfolg.

Seit knapp zehn Jahren verwahrlost das leerstehende Wohn- und Geschäftshaus an der Castroper Straße 282 in Holthausen zum Leidwesen von Bürgern und Behörden zusehends. Das ist bald Vergangenheit, denn: In Kürze kommt die Schrottimmobilie unter die Abrissbirne, anschließend investiert die Wewole-Stiftung 2,5 Millionen Euro und baut dort ein Wohnheim für Menschen mit Behinderung. Die Geschichte hinter dieser Entwicklung ist ebenso spannend wie ungewöhnlich und trägt die Überschrift „Das Husarenstück“.

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Die Hauptrolle spielt der SPD-Ortsverein Börnig-Holthausen. Sie hätten einfach nicht akzeptieren wollen, dass in unmittelbarer Nähe zur Vorzeigesiedlung Teutoburgia ein solcher Schandfleck steht, berichtet Ortsvereins-Chef Jörg Högemeier. Deshalb seien sie aktiv geworden. Konkret: Heinz Letat, Ortsvereinsmitglied und als langjähriger Vorstand des Wohnungsvereins Herne ein Mann vom Fach.

Verhandlungen in Rotterdam

Sozialdemokrat Heinz Letat (2.v.li.) fuhr mit Muzaffer Oruc vom Integrationsrat nach Rotterdam, um mit dem Eigentümer der Schrottimmobilie an der Castroper Straße/Von-Bodelschwingh-Straße zu verhandeln. Mit Erfolg.
Sozialdemokrat Heinz Letat (2.v.li.) fuhr mit Muzaffer Oruc vom Integrationsrat nach Rotterdam, um mit dem Eigentümer der Schrottimmobilie an der Castroper Straße/Von-Bodelschwingh-Straße zu verhandeln. Mit Erfolg. © Carsten Siegmund

Nach einer mühsamen aber letztlich erfolgreichen Recherche über die Besitzverhältnisse nahm der 70-Jährige Kontakt zu dem in den Niederlanden lebenden türkischstämmigen Eigentümer der Immobilie auf. Mit Muzaffer Oruc (SPD Sodingen), dem Vorsitzenden des Herner Integrationsrats, fuhr Letat zu Sondierungsgesprächen nach Rotterdam. „Am Anfang hat der Eigentümer Mondpreise aufgerufen“, berichtet Letat. 500.000 Euro habe er zunächst gefordert. Auch dank Oruc hätten sie bei ihren zwei Besuchen Vertrauen aufbauen und die Preisvorstellungen für das abbruchreife Haus schließlich deutlich herunterschrauben können. „Das war ein Husarenstück“, lobt Högemeier seinen Genossen.

Neue Heimat für 24 Menschen mit Behinderungen

Der zweite Glücksfall: Die Wewole-Stiftung will ihre Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen weiter dezentralisieren. „Nachdem wir von Heinz Letat informiert worden sind, haben wir uns schnell für diesen Standort entschieden“, sagt Wewole-Chef Rochus Wellenbrock.

Rochus Wellenbrock will mit Wewole an den Holthauser Standort ein Wohnheim für 24 Menschen mit Behinderungen bauen.
Rochus Wellenbrock will mit Wewole an den Holthauser Standort ein Wohnheim für 24 Menschen mit Behinderungen bauen. © Carsten Siegmund

„Zu einem realistischen Preis“ erwarb Wewole den Gebäudekomplex. Der Kaufvertrag sei bereits unterzeichnet worden; in der nächste Woche werde das Geschäft auch formal in trockenen Tüchern sein, so Wellenbrock. Nach dem Abriss soll der bisherige Schandfleck vorübergehend durch eine Grünfläche ersetzt werden. Und wenn bis Dezember die Baugenehmigung der Stadt vorliegt, will die Stiftung an dem Standort ein Wohnheim für 24 Menschen mit Behinderung bauen. Der Einzug ist für Sommer 2021 geplant.

Eigentümer wollte Arbeiter in Holthausen unterbringen

Das Vorhaben passe in die langfristige Wewole-Strategie der Dezentralisierung, so Wellenbrock. Zurzeit wohnten rund 170 Menschen mit Behinderungen an sechs Standorten in Herne und Castrop-Rauxel.

Und was hatte der holländische Eigentümer ursprünglich für das Gebäude geplant? Er habe dort 50,60 Arbeiter für eine türkische Großbäckerei unterbringen wollen, berichtet Heinz Letat.