Herne. Angriffe auf Mitarbeiter von Polizei und Feuerwehr sind gestiegen. Die Gewaltbereitschaft nehme immer mehr zu, sind sich die Beamten einig.
Die Übergriffe auf Polizei und Feuerwehr sind im letzten Jahr gestiegen. Die Gewaltbereitschaft nehme zu, sind sich die Beamten einig.
So ist die Zahl der tätlichen Angriffe auf Polizisten im Dienst im Polizeibezirk Bochum-Herne-Witten auf 30 gestiegen – im letzten Jahr waren es 21 Angriffe. Auch die Menge der Beleidigungen hat im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Waren es 2018 noch 181 Beleidigungen, wurden 2019 204 Beleidigungen dokumentiert. Als Ursache dafür sieht die Polizei vor allem mangelnden Respekt. „Das ist ein gesellschaftliches Problem“, sagt Polizeisprecher Volker Schütte auf Anfrage der WAZ.
Alkohol und Drogen sorgen für Eskalation
Die Bereitschaft, Gewalt anzuwenden, sei gestiegen, so Schütte. „Vor zehn Jahren kam es deutlich seltener zu Angriffen.“ Vor allem Situationen in Fußballstadien seien oft brenzlig. Dort komme es häufig vor, dass auf Polizeibeamte eingeschlagen werde. Aber auch im Streifendienst erlebten die Kollegen immer wieder gewalttätige Angriffe, so Schütte. „Häufig kommt es zu Eskalationen, wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sind.“
Kampagne für mehr Respekt
Im Sommer vergangenen Jahres startete die Stadt die Kampagne „Herne mit Respekt“. Damit will sie gegen Respektlosigkeit und die Verrohung der Gesellschaft ankämpfen.
Die Kampagne wendet sich gegen körperliche und psychische Gewalt und will das Miteinander in Herne fördern. Organisationen und Institutionen wurden dazu aufgerufen, sich an der Aktion zu beteiligen.
Es wurde zudem unter anderem eine zentrale Meldestelle für Beleidigungen gegen städtische Mitarbeiter im Internet eingerichtet, in dem auch die Angriffe gegen Feuerwehr-Mitarbeiter dokumentiert werden.
Die Übergriffe endeten bisweilen nicht immer glimpflich. Einige Beamte seien nach solchen Attacken nicht mehr dienstfähig und müssten ins Krankenhaus gebracht werden, berichtet der Polizeisprecher weiter. „Die Verletzungen sind leider nicht nur oberflächlich.“ Vor einigen Jahren sei es sogar mal zu einer Auseinandersetzungen gekommen, in der ein Polizeibeamter angeschossen wurde, berichtet Schütte.
Zwei dokumentierte Fälle bei der Feuerwehr
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Die Feuerwehr in Herne stellt ebenfalls eine Zunahme der Gewaltbereitschaft fest. Auch wenn die Zahl der dokumentierten Angriffe nur bei zwei im letzten Jahr liegt und sich damit auf dem gleichen Niveau wie im Jahr zuvor befindet, bestätigt auch Feuerwehr-Einsatzleiter Ralf Radloff, dass der Ton rauer geworden sei. Die niedrige Zahl der Angriffe begründet er mit dem jeweiligen Empfinden der Einsatzkräfte. „Was ein ‘Normalbürger’ vielleicht schon als verbale Gewalt ansehen würde, nehmen viele Einsatzkräfte als normalen Umgangston wahr“, so Radloff. „Sie nehmen das dann einfach so hin, ohne den Vorfall zu melden.“
Radloff sieht einen Wertewandel in der Gesellschaft. „Früher hatten die Leute noch Respekt vor Uniformen.“ Dieses Obrigkeitsdenken sei verloren gegangen. Zumeist seien es bei Einsätzen nicht die Patienten selbst sind, die die Rettungskräfte verbal oder nonverbal angreifen, sondern „meistens die umstehenden Personen“, sagt Radloff. In einer Notsituation würden die fünf Minuten, bis ein Rettungswagen eingetroffen ist, sehr lange erscheinen, weiß der Einsatzleiter. „Da werden viele Personen nervös und lassen ihren Frust dann an den eintreffenden Einsatzkräften raus.“
Einsatzkräfte sollen sensibilisiert werden
Einen ähnlichen Eindruck schilderte auch Guido Schiller von der Feuerwehr in einem Gespräch mit der WAZ bereits im November. Parkten Rettungskräfte etwa auf der Straße, um ein Haus zu löschen, kämen Autofahrer auf Feuerleute zu mit der Aufforderung, „sich sofort zu verpissen“, berichtete Schiller.
Radloff vermutet, dass die Zahlen der dokumentierten Fälle in den nächsten Jahren steigen werde. „Ob ein Mitarbeiter einen Vorfall meldet oder nicht, bleibt ihm natürlich selbst überlassen“, sagt Radloff. „Aber wir werden zukünftig die Einsatzkräfte noch mehr dafür sensibilisieren, Angriffe zu melden.“
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