Herne. Der Herner Schauspieler und Poet Willi Thomczyk hat erstmals seine selbst verfassten Gedichte vorgetragen. Von nachdenklich bis provokativ.
Das Hallenbad ist am Freitagabend eher nur sparsam erleuchtet. An den Wänden kleine Bilder, meist Köpfe, Gesichter, Porträts. Mal in ganz ausdrucksstarker Farbe, mal mit wilden gestischen Linien. Unverkennbar Willi Thomczyk. Bilder aus ganz unterschiedlichen Schaffensperioden. Doch es geht an dem Abend nicht um seine Bilder, sondern um seine Gedichte.
Willi Thomczyk hat sich in einer Ecke eingerichtet. Ein barocker thronartiger Sessel, davor ein altarartiger Tisch mit schwarzem Tuch, darauf lose Blätter, zwei Kerzen und eine Flasche Bier. Seine Gedichte habe er noch nie in einer Lesung vorgetragen, begrüßt Willi Thomczyk die rund zwanzig Gäste. Sie seien eher neben seinen Theaterstücken und Prosawerken entstanden: „Meist mit der linken Hand, weil die ja vom Herzen kommt.“
Er beginnt mit sehr persönlichen Werken: ein Gedicht, das zur Geburt seines Sohnes Tim entstanden ist. Eine Erinnerung an seinen verstorbenen Freund Klaus Riechmann oder an den Clown-Kollegen Paco Gonzalez. Besinnliche, nachdenkliche Worte. Unterbrochen wird die Lesung durch kleine Plaudereien. Willi Thomczyk erzählt Geschichten um die Entstehung der Werke, kommentiert sie und führt auch schon mal einen Gedanken weiter.
„Empört Euch, wenn die Götter flunkern“
Und natürlich wird mal der eine oder andere Gast persönlich angesprochen. Die reagieren und wünschen sich schon mal eine Wiederholung, auf die er sich gerne einlässt. Aber Willi Thomczyk hat auch eine andere Seite: da ist er zynisch, ironisch und provokativ, wenn er die Digitalisierung oder politische Ereignisse in seinen Texten kommentiert. Da wird er im Vortrag laut und deutlich. Der Höhepunkt ist seine Umdichtung der „Ode an die Freude“, die bei ihm „Empört Euch, wenn die Götter flunkern“ heißt und in einem wütenden Sprechgesang vorgetragen wird.
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Seine Gedichte sind ganz unterschiedlich. Da gibt es kurze Formen, die sich japanischen Haikus orientieren. Da gibt es welche in rhythmischen Reimen, andere haben freie, fast prosaartige Formen. Und man kann Willi Thomczyk einfach gut zuhören. Er versteht sein Handwerk, die Zuhörer in seinen Bann zu bringen. Nach einer knappen Stunde ist die Lesung vorbei. Oder auch nicht ganz: Bei einem kleinen Imbiss und Getränken lässt sich wunderbar weiterreden. Da werden die Gedanken und Ideen der Lesung aufgegriffen und weitergesponnen.