Herne. Seit dem 1. Januar müssen Bäcker für jedes Brötchen einen Bon an den Kunden ausgeben. Was die Herner Betriebe und Kunden von der Regelung halten.

Ob sie eigentlich nicht schon genug zu tun haben, fragen sich viele Verkäuferinnen und Verkäufer in Bäckerläden, wenn sie an die ab sofort geltende Bon-Regelung denken. Sie müssen dann jedem Kunden über jeden verkauften Artikel einen Beleg aushändigen.

Derweil steht das Bäcker-Handwerk Kopf. „Wer braucht denn für ein belegtes Brötchen, das er nach dem Kauf gleich verzehrt, einen Bon?“, fragt der Herner Bäckermeister Marc Sponheuer. Im Laden sei es der absolute Ausnahmefall, dass ein Kunde mal einen solchen Nachweis haben wolle. Bei Firmenkunden komme es, so Sponheuer, schon mal vor, wobei er das Wort „mal“ sehr dehnt.

Aber abgesehen von dem zusätzlichen Aufwand der mit der Neuregelung verbunden sei, müsse man auch noch weitere Gegenargumente anführen, betont der Bäckermeister. Schon allein die Kosten, die auf die Betriebe zukommen, seien ärgerlich. Für die Bons brauche man nämlich teueres Thermopapier, das in den Kassensystemen zum Einsatz komme. Und eine Rolle sei schnell verbraucht. Überdies sollte man doch auch Umweltaspekte bedenken. Auf der einen Seite bemühe man sich Müll, vor allem solchen aus Kunststoff, zu vermeiden, hier werde welcher zusätzlich und unnötig produziert.

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Bäckerei Büsch fragt: „Wer braucht diese Bons?“

Bäckerei Büsch stellt in ihren Filialen, vier davon in Herne, bald zusätzliche Abfalleimer auf, berichtet Sprecherin Sigrid Blum. Wie Marc Sponheuer betont auch sie, dass man sich „natürlich“ an Gesetzesvorgaben halten werde. „Wir schulen zudem die Mitarbeiter, damit sie wissen, was zu tun ist“, ergänzt Baum. Aber zugleich stelle sich der Betrieb schon die Frage, wer eigentlich die Bons brauche. Die Erfahrung zeige, dass die Nachfrage doch sehr spärlich sei.

Bei einem Besuch im NRW-Landtag hatte der Düsseldorfer Bäcker Josef Hinkel einen Plastiksack voller Bons mitgebracht. Er hatte sie an einem Tag in einer Filiale gesammelt.     
Bei einem Besuch im NRW-Landtag hatte der Düsseldorfer Bäcker Josef Hinkel einen Plastiksack voller Bons mitgebracht. Er hatte sie an einem Tag in einer Filiale gesammelt.      © Susanne Kosche

Das Anliegen des Gesetzgebers, Steuerhinterziehung mit der Bonausgabe zu verhindern, sei zwar nachvollziehbar, so Oliver Hein, Sprecher der Bäckerei Malzers. Allerdings habe das Unternehmen die modernsten Kassensysteme und verfüge über erforderliche Steuerzertifikate, so dass jede Buchung, sei sie auch noch so klein, archiviert werde und nachvollziehbar bleibe. Der Unmut in dem Bäckerbetrieb mit Hauptsitz in Gelsenkirchen ist derart groß, dass es Überlegungen geben soll, erst einmal die Bons nicht auszuhändigen. Firmenchef Christian Scherpel hat auch schon die Bundesregierung aufgefordert, die Handwerksbetriebe von „dieser unnötigen Maßnahme zu befreien“.

Herner Bäckerin und Kunden kritisieren Berge an Müll

Unverständnis über Finanzämter in NRW

Vertreter des Bäckerhandwerks haben jetzt mit CDU-Landtagsabgeordneten gesprochen, um auf die Folgen der Bonpflicht hinzuweisen.

Nach Angaben des Handwerks herrschte bei den Parlamentariern Unverständnis, dass in Zeiten, in denen Nachhaltigkeit besondere Bedeutung habe, Unmengen an Müll entstehen.

Wie der Bäckerverband weiter mitgeteilt, sind die Finanzämter nicht bereit, von einer Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen und auf die Ausgabepflicht zu verzichten.

Welche Berge an Müll dann Tag für Tag entstehen, fragt Nina Dabruck von der Herner Bäckerei Brinker. Pro Tag besuchen nach ihren Worten durchschnittlich rund 30.000 Kunden die Filialen des Traditionsbetriebes. Der produzierte Abfall könne doch nicht gut für die Umwelt sein. Die Regelung widerspreche zudem auch der ganzen Strategie des Betriebes, der alles daran setze, Müll zu vermeiden. Im Fall von Verpackungsmaterialien sei Brinker darauf bedacht, die Mengen zu reduzieren. Bei den Lebensmitteln biete man Ware abends preiswerter an, damit sie nicht auf dem Abfall lande. Aus eben diesem Grunde, aber auch, um Menschen zu helfen, spende der Betrieb auch an die Tafel.

Auch die Kunden der Brinker-Filiale am Robert-Brauner-Platz halten nichts von der Bon-Neuregelung. „Das ist unnötiger Verwaltungsaufwand und unnötig viel Müll“, sagt Dieter Wolko. „Die meisten schmeißen den Zettel doch einfach weg“, bemängelt er. Ein anderer Kunde winkt beim Überreichen des Bons an der Theke ab: „Den können sie selbst behalten“, sagt er und verlässt die Filiale. Kaum ein Kunde nehme den Bon mit, berichtet auch eine Verkäuferin. „Die meisten lassen den Zettel aus Protest auf der Theke liegen – ich kann das gut verstehen bei solchen Cent-Beträgen“, sagt sie und zeigt den schon früh am Morgen gefüllten Papierkorb.

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Die Malzers-Filiale nur wenige Meter weiter gibt bisher noch keinen Bon beim Verkauf heraus. „Das wird sich alles in den nächsten Tagen bestimmt einspielen“, sagt eine Verkäuferin. „Aber geschrien hat bisher auch noch kein Kunde nach den Bons.“