Herne. Auf dem Cranger Weihnachtszauber plant Lisa Theißen eine Demo gegen das Ponyreiten. Warum sie ein Gesprächsangebot des Schaustellers ausschlägt.
Dem Cranger Weihnachtszauber droht weitere Unruhe: Nachdem eine Online-Petition gegen das Ponyreiten auf der Weihnachtskirmes mehr als 27.000 Unterstützer gefunden hat, planen nun Tierrechtsaktivisten Demonstrationen auf dem Kirmesplatz. Die Recklinghäuser Anwältin Lisa Theißen hat die Proteste am Sonntag organisiert. Die 36-Jährige spricht im Interview über ihre Motivation und darüber, warum sie bisher viel über den Schausteller und sein Ponyreiten, aber noch nie mit ihm selbst gesprochen hat.
Die Proteste gegen das Ponyreiten auf dem Cranger Weihnachtszauber haben sich bisher vor allem im Internet abgespielt. Sie haben nun mit Freiwilligen aus einem „Street Team“ der Tierrechtsorganisation Peta Zwei für Sonntagnachmittag eine Demonstration auf dem Gelände angemeldet.
Genau. Maximal 15 Menschen werden ab 14 Uhr auf dem Weihnachtszauber demonstrieren. Sechs dürfen mit Plakaten vor dem Karussell stehen, der Rest wird wahrscheinlich Flyer verteilen. Wir haben nichts mit Kostümen oder Drumherum geplant. Wir wollen nur zeigen, dass wir anwesend sind.
Was stört Sie denn am Ponyreiten?
Der Cranger Weihnachtszauber ist kein ruhiger Weihnachtsmarkt, sondern eine Kirmes mit großen Fahrgeschäften. Es geht dort nur um das Vergnügen der Teilnehmer, die Tiere haben da gar nichts von. Statt der Ponys könnten da genauso gut Roboter entlanglaufen. Das würde keinen Unterschied für das Publikum machen.
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Haben Sie sich das Geschäft von Schausteller Stefan Kaiser vor Ort abgeschaut?
Ja, ich war am Montag da. Kinder die mitreiten wollten, haben die Pferde nicht wie etwa in einer Reitschule begrüßt oder gestreichelt. Die werden einfach von den Mitarbeitern auf das Pferd drauf gesetzt. Zack drauf, bimmelim, los geht’s! Das ist den Tieren unwürdig. Und das Argument mit den leuchtenden Kinderaugen kann ich nicht akzeptieren. Was ist denn mit den leuchtenden Pferdeaugen? Tiere dürfen der Freude des Menschen nicht untergeordnet werden.
Haben Sie auch mit dem Schausteller gesprochen?
Nein, das habe ich nicht.
Haben sie den Cranger Weihnachtszauber schon früher einmal besucht?
Nein, ich mag Kirmes generell nicht mehr so. Das ist mir zu bunt und zu laut. Und dass, obwohl ich als Mensch bei weitem nicht so ein gutes Gehör wie ein Pferd habe.
Schausteller Stefan Kaiser hat uns gesagt, dass er seinen Kritikern anbietet, sich hinter den Kulissen umzuschauen. Nehmen Sie sein Angebot an?
Das macht keinen Sinn. Keiner hat gesagt, dass er die Tiere hinter den Kulissen schlecht behandelt. Es geht darum, dass er vorne dieses Karussell betreibt. Und das habe ich mir angesehen. Da brauche ich keine Rechtfertigung von ihm. Selbst wenn dahinter eine große Weide wäre, müssten die Tiere ja drei, vier oder fünf Stunden täglich auf engem Raum, den Kopf mit Riemen seitlich am Sattel fixiert, laufen. Mir geht es um das System „Ponykarussell“ als solches.
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Und für den Schausteller um seine Existenz...
Manche sagen, man macht denen den Betrieb kaputt. Aber man könnte doch anstelle des Ponyreitens zum Beispiel einen Therapiehof für Kinder aufmachen oder? Und aus der Ponyreitbahn macht man ein Rutscheauto-Rennen. Das wäre pferde- und kindgerecht. Man muss doch nicht auf den Kosten der Tiere Einnahmen generieren. Es spricht nichts dagegen, wenn Kinder auf Pferden reiten. Ich habe nichts gegen Streichelzoos oder Reiten. Wenn Kinder Tiere als Freund kennenlernen, zum Spielen und Kuscheln, ist das gut. Aber nicht unter solchen Umständen auf einer Kirmes.
Zwei Tierrechtsaktivistinnen organisieren zwei Demos
Lisa Theißen arbeitet seit fünf Jahren als Anwältin für Zivil-,Miet-, Erb- und Straßenverkehrsrecht in Recklinghausen. Mitte Oktober hat sie ein so genanntes Street Team für Recklinghausen bei Peta Zwei angemeldet. Diese Street Teams bestehen aus Freiwilligen, die sich für den Tierschutz engagieren.So planen sie etwa „Ampelaktionen“, bei denen sie auf Fußgängerüberwegen wartende Autofahrer auf Tierrechte aufmerksam machen. Die 36-Jährige ernährt sich seit einem Jahr vegan, vorher bereits vegetarisch.
Für das Wochenende ist vor „Kaisers Reitbahn“ eine weitere Demo angekündigt worden: Tierrechtsaktivistin Adrienne Kneis will an diesem Samstag, 30. November, zwischen 13 und 16 Uhr mit 20 weiteren Tierfreunden gegen das Ponyreiten demonstrieren. Geplant ist eine Rede, außerdem sollen Flugblätter verteilt werden.
Wenn Sie am Sonntag vor Ort demonstrieren, werden Sie sicher auch aufeinandertreffen.
Wenn es sich ergibt, würde ich mich auch sachlich mit ihm auseinandersetzen. Ich habe in meinem Beruf jeden Tag mit einer Gegenseite zu tun, damit kann ich umgehen. Ich weiß, was mich stört. Das könnte ich ihm vor Ort zeigen. Bei meinem Rundgang habe ich Anfang der Woche erlebt, wie Passanten gerufen haben, dass das Ponyreiten eine Sauerei ist. Sowas wird von uns nicht kommen. Trotzdem habe ich mich gefreut, dass da Leute drauf reagieren.
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Insgesamt sind für vier Sonntage bis Weihnachten Demos geplant. Was wollen Sie am Ende erreichen?
Wir wollen zum Nachdenken anregen. Wir schimpfen mit niemandem, wir wollen nur unsere Meinung kundtun. Die Tiere können ja nicht für sich sprechen. Es kann nie falsch sein, für die Schwachen einzustehen. Am Ende müsste die Politik Ponyreiten auf einer Kirmes verbieten. Oder der Veranstalter entscheidet sich, solche Schausteller nicht mehr zu nehmen.
Cranger Weihnachtszauber