Herne. Der Chef der Ponybahn auf dem Cranger Weihnachtszauber wehrt sich gegen Rufmord. Er sagt: Die Ponys sind sein Leben. So sind sie untergebracht.

Stefan Kaiser geht zu Aladdin, seinem weißen Pony, und streichelt ihm über den Kopf. „Da steckt viel Liebe drin“, sagt der 48-Jährige und schmiegt seine Hände an die Nüstern. Den Vorwurf, die Tiere in seiner Reitbahn auf dem Cranger Weihnachtszauber würden nicht artgerecht gehalten, widerspricht er heftig. „Hier ist alles top“, sagt der Schausteller und zeigt auf Fahrgeschäft, Stall und Außengelände. Seine Frau Jeanette (51) pflichtet ihm bei: „Die Ponys sind für uns wie unsere Kinder.“

Dem Ehepaar aus dem westfälischen Lippstadt ist auf dem Cranger Weihnachtszauber eine Protestwelle entgegengeschwappt. Tierrechtsaktivisten planen Demonstrationen (siehe Kasten), eine Online-Petition mit bereits knapp 15.000 Unterstützern fordert: „Kein Ponykarussell auf dem Cranger Weihnachtszauber“. Das ärgert den Chef von „Kaisers Reitbahn“ gewaltig, er spricht von Rufmord. Die Ponys seien sein Leben, und ihnen gehe es gut, stellt er beim Besuch der WAZ klar, der er bereitwillig seine Türen öffnet und herumführt. Es sei gut, dass Tierfreunde die Lebens-Bedingungen der Ponys hinterfragten, sie sollten aber, bitteschön, auch so fair sein, das Gespräch mit ihm zu suchen und sich vor Ort umzuschauen. Einen Tierrechtsaktivisten aber habe er, trotz wiederkehrender Kritik über die Jahre, in seinem Betrieb „noch nie gesehen“.

Schausteller: Bei uns muss immer alles picobello sein

„Kaisers Reitbahn“ heißt der Betrieb, Ponys laufen über eine Strecke von rund 35 Metern durch ein Oval.
„Kaisers Reitbahn“ heißt der Betrieb, Ponys laufen über eine Strecke von rund 35 Metern durch ein Oval. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Am Freitagvormittag, knapp drei Stunden vor dem Start der Winterwunderwelt, sind die 14 Ponys und der Esel noch auf dem Gelände hinter dem Fahrgeschäft. In einem Lkw-Anhänger, unterteilt in Boxen, machen zwei Stallmeister einige Tiere fertig. Hufe werden gereinigt, Tiere gestriegelt. Nebenan, in einem 75 Quadratmeter großen Zelt, dem Stall, laufen die anderen Ponys frei herum, auf Stroh. Alles ist sauber, die Tiere wirken entspannt, zutraulich. Das angrenzende Außengelände, direkt hinter der Mauer zum Gelände der Cranger Kirche und etwa so groß wie ein Tennisplatz, ist noch geschlossen. „Da ist zu viel Matsch“, erklärt Kaiser. Er stellt klar: „Bei uns muss immer alles picobello sein – nicht nur, wenn die Zeitung da ist“.

Kaiser betreibt sein Unternehmen seit vielen Jahren in vierter Generation, erzählt er. Mit Ponys sei er aufgewachsen, sein Opa habe ihm als kleines Kind sein erstes geschenkt. Bedingung: Vor und nach der Schule musste er sich um die Tiere kümmern – „das war Gesetz“. Mit 13 Jahren habe er dann acht Ponys besessen: „Das war mein ganzer Stolz.“ Seither seien die Ponys sein Lebensinhalt, auch die Lehre habe er auf sie abgestimmt. Er ist Hufschmied. Und sagt: „Wenn ich meine Tiere sehe, fühle ich mich wohl – und wenn sie mich sehen, fühlen sie sich wohl.“

Kein Tier muss im Fahrgeschäft im Kreis laufen

Fünf Demos gegen Fahrgeschäft geplant

Gegen „Kaisers Reitbahn“ sind mittlerweile fünf Demonstrationen vor dem Fahrgeschäft auf dem Cranger Festgelände angekündigt – eine für Freitag, 30. November, 13 Uhr, von einer Privatperson, sagt die Polizei, vier weitere von Tierrechtsaktivisten des Peta-Streetteams Recklinghausen für 1., 8. 15. und 22. Dezember (jeweils Sonntag, 14 Uhr).

Das Streetteam wolle friedlich demonstrieren, sagt Leiterin Lisa Theißen zur WAZ, maximal 15 Personen seien dabei vor Ort, sechs vor dem Betrieb, die anderen wollten Flugblätter im Umkreis verteilen. Ponyreiten, argumentiert sie, passe nicht in die heutige Zeit, die Tiere liefen „stupide im Kreis“, ihr Wohl werde dem des Menschen untergeordnet.

Das sei auch im Fahrgeschäft so. Da müsse kein Tier im Kreis laufen, und sechs Stunden am Stück sei ebenfalls keins unterwegs, sagt er mit Verweis auf entsprechende Vorwürfe. Die Reitbahn, etwa 35 Meter lang, sei ein Oval mit zwei über neun Meter langen Geraden, erklärt der 48-Jährige. Und die sechs bis acht Pferde, die die Kinder für vier Euro zehn Runden auf ihren Rücken tragen, würden regelmäßig ausgewechselt und hätten in sechs Stunden mindestens zwei lange Pausen auf dem Gelände, würden dann sauber gemacht, erhielten Essen und Trinken. Im Übrigen: Seine Tiere seien „Schausteller-Pferde“, Hupen, Ansagen und Licht von benachbarten Betrieben machten ihnen gar nichts aus. Auf 14 Veranstaltungen im Jahr sei er präsent, dazwischen gehe es mit den Tieren nach Ostwestfalen auf den Hof.

Kaiser hofft nun, dass die Tierrechtsaktivisten seinen Betrieb auf dem Weihnachtszauber bis Ende Dezember nicht stören und er in Ruhe seiner Arbeit mit den Ponys nachgehen kann. Der Schausteller lobt den Veranstalter, der ihm den Rücken stärke. Und die vielen Kunden, die zu ihm stünden und ihn ermunterten, so weiterzumachen wie bisher. Das will er tun.

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