Herne. Eine Herner Kneipe ist mit dem Wort „Nazitreff“ beschmiert worden. Was die Wirtin sagt und warum ein Angebot an Demonstranten vom Tisch ist.

Das „Bündnis Herne“ ruft für Dienstag wieder zum Protest gegen Rechts auf. Bereits in der vergangenen Woche ist eine Kneipe in Herne-Mitte, in der sich Teilnehmer vor und nach den rechten Aufmärschen treffen, über Nacht mit dem Wort „Nazitreff“ beschmiert worden. Vom Tisch ist derweil das umstrittene Angebot von Jugendorganisationen Herner Parteien an die selbsternannten „besorgte Bürger“.

Bereits Anfang vergangener Woche ist die Außenfassade der Kneipe „Markttreff“ an der Freiligrathstraße beschmiert worden. Bisher unbekannte Täter schrieben auf die Außenwand der Lokalität das Wort „Nazitreff“. Die Schmiererei wurde am nächsten Morgen vom Mann der Wirtin überstrichen.

Nach Angriff auf Demonstranten ging es zum „Markttreff“

Die Wirtin hat erst am Freitag Strafanzeige gestellt - „auf Drängen der Polizei“, wie sie auf Anfrage der WAZ am Montag erklärte. Warum nicht eher? Ein Erklärungsversuch der Wirtin und eines Bekannten (beide wollen nicht mit Namen genannt werden) für die späte Anzeige: Der Farbanschlag hätte ja auch von einem „Konkurrenten“ verübt worden sein können.

Der Markttreff an der Freiligrathstraße. Die Fassade ist in der vergangenen Woche mit dem Wort „Nazitreff“ beschmiert worden.
Der Markttreff an der Freiligrathstraße. Die Fassade ist in der vergangenen Woche mit dem Wort „Nazitreff“ beschmiert worden. © loc

Die Wirtin verwahrte sich gegen den Vorwurf „Nazitreff“: „Zu uns kommen Rechte und Linke.“ Auch „besorgte Bürger“ seien ihre Gäste. Aber: Politik spiele bei ihnen keine Rolle. Und: „Ich bin Polin und soll hier einen ,Nazitreff’ haben? Das ist doch ein Witz.“

Dass jene „besorgten Bürger“, die am vergangenen Dienstag Gegendemonstranten auf dem Robert-Brauner-Platz attackiert hatten, anschließend in bzw. im Umfeld ihrer Kneipe von der Polizei gestellt worden sind, davon wisse sie nichts. Ein Teilnehmer der Dienstags-Kundgebungen, der zum Zeitpunkt des Besuchs der WAZ im „Markt-Treff“ an der Theke saß, bestätigte dies allerdings.

Polizei ermittelt noch

Die Ermittlungen der Polizei zum Übergriff auf Gegendemonstranten dauern derweil an. Bei dem Haupttatverdächtigen handele es sich weder um einen Herner noch um einen Wuppertaler, erklärte Polizeisprecher Frank Lemanis auf Anfrage. Hintergrund: Das „Bündnis Herne“ hatte am Samstag erklärt, dass es sich bei dem Hauptaggressor „nach gesicherten Informationen“ um einen gewaltbereiten Neonazi aus Wuppertal handele.

Bunt, friedlich, vielfältig

„Bunt und friedlich“ gegen Rechts will das „Bündnis Herne“ am Dienstag, 15. Oktober, wieder ab 18 Uhr auf dem Robert-Brauner-Platz protestieren. Die Gruppe „Schirme gegen Rechts“ plant derweil wieder kreative Aktionen entlang der Demo-Strecke der „besorgten Bürger“.

Bereits 17.30 Uhr beginnt der Ökumenische Friedensgottesdienst vor der Kreuzkirche. Motto: „Für ein Herne der Vielfalt - für Frieden in unserer Stadt“.

Mehr könne die Polizei derzeit aber nicht sagen, so Polizeisprecher Lemanis weiter. Auch zu der Frage, ob die Polizei nach dem Vorfall in der vergangenen Woche diesmal länger in der Innenstadt präsent sein werde, könne er aus „einsatztaktischen Gründen“ keine weiteren Auskünfte geben. In der vergangenen Woche hatte die Polizei angekündigt, künftig länger in der Innenstadt präsent zu sein.

Bereits vom Tisch ist derweil das umstrittene „Angebot“ der Parteijugend von SPD, CDU, Grünen und FDP. Sie hatten Teilnehmer der „Besorgte Bürger“-Märsche dazu aufgerufen, sich von Rechtsextremen und Gewalttätern zu distanzieren und über einen „Forderungskatalog“ mit Mitgliedern des Rates und der Bezirke ins Gespräch zu kommen.

Parteijugend wirft Demonstranten Angstmache vor

Mit der Antwort dürfte sich das Angebot erledigt haben. Sie redeten nur mit Leuten, die in der Position seien, Forderungen umzusetzen, heißt es unter anderem in der Antwort-Mail eines nicht namentlich genannten Verantwortlichen der „besorgten Bürger“ an die Jugendorganisationen. Und: Ihre Forderungen seien ja auf ihren Bannern abzulesen. Schließlich: „Wir wollen keinen Kontakt mit euch.“

Auch interessant

Mit einer „letzten Stellungnahme“ hat der Parteinachwuchs nun wiederum auf diese Antwort reagiert. Da von den Verantwortlichen keine konstruktiv umsetzbare Maßnahmen gefordert würden und deshalb offenbar keine Veränderung gewünscht sei, „kann man die Demonstrationen nur als Angstmache bezeichnen“, heißt es. Und: „Im Übrigen sind wir der Ansicht, dass die Demonstrationen der ,besorgten Bürger’ sich bald von selbst auflösen, weil sie schneller demokratische Kontakte abbrechen, als dass sie sie aufnehmen“, so die Vertreter der politischen Jugendorganisationen.