Herne. Die IHK Mittleres Ruhrgebiet wirbt bei Herner Unternehmen um ehrenamtliche Prüfer. Diese haben bei Aus- und Weiterbildung eine zentrale Funktion.

Der Fachkräftemangel rollt unaufhörlich auch auf Herner Unternehmen zu. Und er wird sich verstärken. Nach Zahlen der Agentur für Arbeit gehen bis zum Jahr 2026 rund 5000 Fachkräfte in den Ruhestand, hinzu kommen rund 1200 „Spezialisten“ und „Experten“. Doch der Mangel könnte die Firmen – und vor allem die viel gelobte deutsche duale Ausbildung – zusätzlich an einer Stelle treffen, die sie bislang gar nicht im Blick hatten: bei den ehrenamtlichen Prüfern. Diese Sorge treibt die IHK Mittleres Ruhrgebiet um.

Das ist die Ausgangslage: Die IHK nimmt in 42 Ausbildungsberufen Prüfungen ab. Dafür muss es aber genug Prüfer geben. Zum 1. Februar 2020 muss die Kammer nicht weniger als 143 Prüfungsausschüsse mit 858 Prüfern berufen, die ihr Amt ehrenamtlich ausüben. Die IHK hat bereits alle bisherigen Prüfer kontaktiert und sie gefragt, ob sie für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren zur Verfügung stehen. Das Ergebnis: Viele haben ihre Bereitschaft signalisiert, doch noch ist die notwendige Zahl nicht erreicht. Ein Grund: Ein Teil der Prüfer ist aus dem Arbeitsleben ausgeschieden.

Kontakt zur IHK per Mail möglich

Die 143 Prüfungsausschüsse verteilen sich auf 93 im kaufmännischen Bereich, 35 im gewerblichen Bereich und 15 im Fortbildungsbereich. Ein Prüfungsausschuss wird immer dann gebildet, wenn es in einem Ausbildungsberuf mindestens acht Auszubildende im Kammerbezirk gibt. Gleichzeitig gilt: Jeder Prüfungsausschuss hat maximal 15 Auszubildende zu betreuen.

Unternehmer, die sich bei der IHK als ehrenamtliche Prüfer engagieren wollen, können per Mail ihr Interesse bei Michael Bergmann bekunden: bergmann@bochum.ihk.de

Ohne Prüfer funktioniert die Aus- und Weiterbildung nicht mehr

Gibt es zu wenig Prüfer, können die Konsequenzen einschneidend sein. Dann können keine Prüfungen abgenommen werden, Aus- sowie Fortbildung funktionieren nicht mehr. Auszubildende bekommen keinen Abschluss und damit Probleme bei der Suche nach einer Stelle. Ausgerechnet die weltweit gelobteduale Berufsausbildung „made in Germany“ würde beschädigt. „Ohne das ehrenamtliche Engagement der Prüfer funktioniert die duale Berufsausbildung nicht“, mahnt Michael Bergmann, zuständiger Kompetenzfeldmanager der IHK. Ohne ehrenamtliches Engagement könne auch eine IHK eine ihrer Kernaufgaben nicht erledigen: die Qualität und Entwicklung der Ausbildung zu gewährleisten.

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Ohne Prüfer können Auszubildende keine Prüfung absolvieren.
Ohne Prüfer können Auszubildende keine Prüfung absolvieren. © dpa-tmn | Kirsten Neumann

Um objektive und qualitätsvolle Prüfungen zu gewährleisten, nehmen Experten, die im Arbeitsleben stehen, die Prüfungen ab. Deshalb sind die Prüfungsausschüsse auch paritätisch besetzt: mit Unternehmern, Arbeitnehmern und Lehrern. Die Gewerkschaften schlagen Arbeitnehmer vor, Berufskollegs Lehrer – und um die Unternehmervertreter kümmert sich die IHK.

IHK-Vizepräsident: Zur unternehmerischen Verantwortung gehört auch bürgerschaftliches Engagement

Patrick Wachtarz ist bereits IHK-Prüfer – und will in der kommenden Amtszeit weitermachen. Der 38-Jährige ist Personalleiter beim Herner Industriedienstleister Ifürel und koordiniert dort die Ausbildung. Er kennt beide Seiten der Prüfungen. Der gelernte Steuerfachangestellte hat sich erst zum Lohnbuchhalter weiterqualifiziert und hat dann die IHK-Prüfung zum Personalfachkaufmann abgelegt. Als die IHK ihn im vergangenen Jahr gefragt habe, ob er sich als Prüfer engagieren wolle, habe er sofort zugesagt.

Wachtarz ist Zweitkorrektor bei den Klausuren und Prüfer bei den „Mündlichen“. Es mache ihm Spaß, die Auszubildenden durch die Prüfung zu führen, ein weiterer Vorteil seiner Prüfertätigkeit: Er bleibe bei Themen, mit denen er selbst zu tun habe, auf dem Laufenden. Klausuren etwa löse er erst selbst für sich, bevor er auf die Lösungsvorschläge der IHK schaue. Der zeitliche Aufwand halte sich angesichts von einer Hand voll Prüfungstagen in überschaubaren Grenzen.

Von Henrich Kleyboldt bekommt Patrick Wachtarz jede Unterstützung. Kleyboldt blickt aus zwei Perspektiven auf die Prüferthematik: als Ifürel-Chef, aber auch als Vizepräsident der IHK Mittleres Ruhrgebiet. Zur unternehmerischen Verantwortung gehöre auch bürgerschaftliches Engagement. Firmen sollten Mitarbeitern die Gelegenheit geben, sich ehrenamtlich zu engagieren. Vielleicht sei manchen gar nicht die Möglichkeit bewusst, sich als Prüfer zu engagieren.