Herne. . Henrich Kleyboldt ist neuer IHK-Vizepräsident. In diesem Ehrenamt möchte er den rasanten Wandel der Arbeitswelt mitgestalten.

  • In der Aus- und Weiterbildung macht die IHK einen richtig guten Job in der Region
  • Kleyboldt sieht Herne überhaupt nicht als abgehängte Stadt, sondern als Stadt, die Fahrt aufnimmt
  • Für ihn ist es wichtig, über das eigene Unternehmen hinauszuschauen und sich ehrenamtlich zu engagieren

Die IHK Mittleres Ruhrgebiet hat die Bedeutung Hernes bei der Wahl des neuen Präsidiums gestärkt. Neben Elisabeth Röttsches wurde Henrich Kleyboldt als Vize-Präsident gewählt. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann erläutert der 48-Jährige seine Beweggründe, sich in diesem Ehrenamt zu engagieren.

Sie haben zum ersten Mal für die Vollversammlung kandidiert, und nun sind Sie sogar Vize-Präsident. Wie kam es dazu?

Kleyboldt: Ich bin nicht mit dem Ziel in die Vollversammlung gegangen, gleich ins Präsidium durchzustarten (lacht). Ich habe zunächst für die Vollversammlung kandidiert und bin gewählt worden. Dann kam Elisabeth Röttsches auf mich zu und sagte, dass für das Präsidium noch ein zweites Mitglied aus Herne gesucht werde, um die Regionalität noch stärker zu betonen. Ich habe eine Nacht drüber geschlafen und dann zugesagt.

Was gab den Ausschlag für diese Zusage?

Es gab mehrere Beweggründe. Ich glaube, dass wir in einer Zeit leben, die ungeheure Veränderungen mit sich bringt. Das betrifft vor allem das Thema Digitalisierung und damit die gesamte Arbeitswelt. Man kann das gut oder schlecht finden, aber man muss damit umgehen. Auf der einen Seite möchte ich wenn möglich wissen, was da passiert und welche Auswirkungen die Digitalisierung hat. Deshalb bin ich an ganz vielen Stellen mit ganz vielen Menschen in Kontakt. Auf der anderen Seite möchte ich den Prozess gerne mitgestalten. Als Unternehmer sind wir aufgerufen, uns zu überlegen, wo bei der Digitalisierung die Reise hingehen könnte, und entsprechend darauf zu reagieren. Das Smartphone beispielsweise ist gerade mal zehn Jahre alt und hat unser Leben nachhaltig verändert. Und diese Veränderungsgeschwindigkeit nimmt stetig zu.

Ist die IHK die geeignete Institution für dieses Mitgestalten?

Ganz sicher. Die IHK als Stimme der Wirtschaft hat ja den Anspruch, die Rahmenbedingungen für die Unternehmen mitzugestalten. Und zu mahnen, wenn die Interessen der Unternehmen nicht angemessen berücksichtigt werden. Aber: Auch in der IHK selbst passiert gerade etwas. Hauptgeschäftsführer Eric Weik hat sich viele Gedanken gemacht, welche Aufgaben die IHK in erster Linie hat und wie sie sich aufstellen muss, damit sie diese Aufgaben optimal erfüllen kann. Auch an diesen Stellen möchte ich gerne meine Ideen einbringen und mitdiskutieren.

Sie waren vorher nicht in der Vollversammlung. Wie war Ihr Blick auf die IHK? Die wird ja teilweise auch kritisch betrachtet.

Man kann immer meckern, man kann aber auch mitmachen. Letztendlich gibt es viele Situationen im Leben, bei denen etwas im Argen liegt. Dann kann man sagen, das ist alles Mist, oder man kann versuchen, etwas zu ändern. Im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung macht die IHK beispielsweise einen guten und wichtigen Job für die Region.

Welche Probleme sollte die IHK angehen?

Ich glaube, eine der Aufgaben wird sein, die Menschen bei den Umwälzungen mitzunehmen und ihnen die Angst vor Veränderungen zu nehmen. Beim Thema Ausbildung glaube ich, dass wir in Zukunft ganz andere Berufsbilder brauchen. Wir werden viel mehr Informatiker benötigen, um bestimmte Prozesse zu automatisieren. Und da brauchen wir neue Ausbildungsberufe. Ich glaube, dass die IHK in der Lage ist, die neuen Berufsbilder nach vorne zu treiben.

Wie bewerten Sie die Tatsache, dass die IHK seit einigen Jahren mit ihrem Wirtschaftsbüro in Herne vertreten ist?

Es ist richtig, dem dezentralen Charakter der Kammer gerecht zu werden, ohne das große Ganze aus dem Auge zu verlieren. Deshalb war das Wirtschaftsbüro der richtige Schritt. Auch dass die IHK ihr 1. Wirtschaftsforum im Hertie-Haus veranstaltet hat, ist eine tolle Sache.

Was war Ihrer Ansicht nach der Impuls, Hernes Bedeutung zu stärken? Vor einigen Wochen hieß es ja, Herne sei abgehängt.

Ich habe da eine völlig andere Wahrnehmung. Ich fühle mich nicht abgehängt. Wir sind zwar sicher nicht ganz weit vorne, aber wir nehmen ja gerade richtig Fahrt auf. Für die IHK rückt Herne stärker ins Blickfeld, weil sie an die Zukunft der Stadt glaubt – etwa wegen der zahlreichen neuen Ansiedlungen.

Sie sind mit Ihrem Unternehmen Mitglied bei der UN-Initiative Global Compact. Ist es denkbar, dass Sie Ihre Vorstellung von Unternehmensführung in die IHK tragen?

Ich glaube, dass es richtig ist, sich nicht allein auf den wirtschaftlichen Erfolg zu konzentrieren. Wir sind mit IFÜREL ein Familien- und Dienstleistungsbetrieb, und da steht der Mensch immer im Mittelpunkt. Vielleicht habe ich deshalb einen anderen Blick auf Unternehmen und den Menschen. Grundsätzlich glaube ich, dass es wichtig ist, über das eigene Unternehmen hinaus zu schauen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Ich bin kein Missionar, aber ich verstecke meinen Ansatz auch nicht.

>> Engagement in mehreren Ehrenämtern

Henrich Kleyboldt führt in dritter Generation das Familienunternehmen Ifürel EMSR-Technik. Das Unternehmen ist seit mehr als 80 Jahren in ganz Deutschland als Dienstleister in der Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik tätig. Zu den Kunden zählen unter anderem Bayer, Thyssen-Krupp oder Merck.

Der 48-Jährige ist seit dem vergangenen Jahr auch stellvertretender Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Ruhr-Lippe. Darüber hinaus engagiert sich der Familienvater ehrenamtlich als Schulpflegschaftsvorsitzender an der Grundschule Schillerstraße.

Mitglieder der Global-Compact-Initiative verpflichten sich, nach zehn Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung zu handeln.