Herne. 15 Jahre hat Emina Karic für den HTC Basketball gespielt. Das Double war für sie der krönende Abschluss. Das sind ihre Gefühle beim Abschied.

Im Frühjahr feierten die Basketball-Damen des Herner TC den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte. Sie wurden Deutscher Meister und Pokalsieger. Für Mannschaftskapitänin Emina Karic war es der Höhepunkt und zugleich der Abschluss ihrer Laufbahn. Mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann schaut sie zurück, aber auch nach vorn.

Der Gewinn der Meisterschaft und des Pokals liegen nun mehrere Monate zurück. Inzwischen waren Sie im Urlaub: Wie weit ist dieser Erfolg auch vom Gefühl in die Ferne gerückt?

Karic: Es kommt auf die Betrachtung an. Manchmal habe ich Momente, da denke ich: Krass, das ist ja vor Kurzem erst passiert. Zum Beispiel, wenn ich mir die Fotos anschaue.

Schauen Sie denn noch Fotos an?

Ab und zu schon. Das sind dann Momente, da möchte ich mich zurückversetzen. Oder wenn ich darauf angesprochen werde.

Einer der Höhepunkte nach den Titelgewinnen: Emina Karic trägt sich im Beisein von Oberbürgermeister  Frank Dudda ins goldene Buch der Stadt ein.
Einer der Höhepunkte nach den Titelgewinnen: Emina Karic trägt sich im Beisein von Oberbürgermeister Frank Dudda ins goldene Buch der Stadt ein. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Und wann sind die Titelgewinne weiter entfernt?

Je mehr ich in den Alltag zurückkehre und mich mit dem neuen Kapitel, das jetzt vor mir liegt, auseinandersetze. Es gibt solche und solche Tage.

Was ist der Alltag?

Indem ich mich etwas mehr auf mein Lehrerdasein vorbereite. Ich hatte in letzter Zeit viel mit Bewerbungen und Vorbereitungen für mein Referendariat zu tun, das im November beginnt.

Sie haben nach dem Abschluss des Studiums ausgesetzt und sich voll auf Basketball konzentriert. Mit doppeltem Erfolg am Ende. Spüren Sie eine Erleichterung oder Genugtuung, dass es geklappt hat?

Es gibt zwei Gründe, warum ich im vergangenen Jahr nur Basketball gespielt habe. Einerseits, weil ich die Zeit überbrücken wollte. Ich wollte unbedingt an den Seminarort Bochum, weil ich später gerne am Otto-Hahn-Gymnasium arbeiten möchte. Dafür musste ich aber warten. Deshalb habe ich mich entschieden, ein Jahr Basketball zu spielen. Das hatte ich noch nie gemacht. Das war der zweite Grund: Ich wollte später nicht bereuen, dass ich Basketball nie komplett professionell gespielt habe. Ich wollte erfahren, wie es ist, sich komplett auf Basketball zu konzentrieren. Während des Studiums hatte ich nie komplett den Kopf frei. Ich wollte wissen, wie es ist, wenn man sich auf Dinge wie Ernährung, Regeneration konzentriert. Das war mir wichtig, um mit dem Kapitel Basketball abzuschließen. Dass es dann eine perfekte Saison wird, habe ich so nicht erwartet. Mit zwei Titel aufhören zu können: Da hat sich für mich ein Traum erfüllt.

Lebensgroß in der Herner Hall of Fame

Emina Karic kam als Kind nach Deutschland, ihre Familie floh aus Bosnien vor dem Krieg. Sie wuchs in Recklinghausen auf. Ihr Vater war Basketballer, er brachte ihr und ihrem Bruder das Spielen bei.

Sie zeigte Talent, wechselte in der Jugend zum Herner TC, trainierte schon mit 14 Jahren mit der ersten Mannschaft. In all den Jahren hat sie HTC-Trainer Marek Piotrowski begleitet, er nennt Karic seine „zweite Tochter“.

Emina Karic ist lebensgroß in der Herner Hall of Fame vertreten.
Emina Karic ist lebensgroß in der Herner Hall of Fame vertreten. © FUNKE Foto Services | Kerstin Buchwieser

Mit dem Double ist Karic auch in die Herner Hall of Fame im Rathaus eingezogen. Dort steht ein lebensgroßes Plakat von ihr.

Der erste Titel war der Pokalsieg vor eigenem Publikum. War es psychologisch schwer, sich danach auf die Meisterschaft zu konzentrieren, die ja dann erst in die entscheidende Phase ging?

Ja, es war schwer. Wir haben den Pokalsieg gefeiert, so dass ein Gefühl entstanden ist, dass die Saison vorbei ist. Da hatten wir erst mal ein paar Tage ein Tief, körperlich und geistig. Aber dann haben wir uns neu fokussieren können.

Mit welchem Gefühl sind Sie nach der Meisterfeier aufgewacht?

Ziemlich erschöpft, weil wir ja fünf Spiele gebraucht haben. Aber ein Gefühl war, dass ich es nicht realisieren konnte. Das ist erst passiert, als wir mit dem Autokorso durch die Stadt gefahren sind und beim Oberbürgermeister im Rathaus waren.

Haben Sie und die anderen Spielerinnen denn durch den Erfolg eine größere Bekanntheit erlangt?

Teils, teils. Manchmal sind wir angesprochen und als Spielerinnen des HTC erkannt worden. Aber die Mehrheit in Herne weiß gar nicht, dass wir erste Bundesliga spielen.

Emina Karic mit Trainer Marek Piotrowski und Mitspielerin Natalie Burton beim Autokorso.
Emina Karic mit Trainer Marek Piotrowski und Mitspielerin Natalie Burton beim Autokorso. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Ist das nicht enttäuschend?

Das ist schade. Wir gewinnen zwei Titel, fahren mit dem Autokorso durch die Stadt, und keiner kennt einen. Und die meisten Menschen werden sich beim Autokorso gefragt haben, was dort gerade veranstaltet wird. Da würde ich mir wünschen, dass Damen-Basketball in Zukunft präsenter ist in der Stadt.

Sie haben 15 Jahre beim HTC gespielt. Sind Sie traurig, dass Sie gerade jetzt aufhören, wenn der HTC im Europacup mitspielt?

Ich bin nicht traurig, dass es vorbei ist, ich freue mich, dass für mich ein neues Kapitel beginnt. Ich freue mich, Lehrerin zu werden und ein neues Leben zu beginnen. Trotzdem geht mir die Frage durch den Kopf, was gewesen wäre, wenn ich noch einmal mitgespielt hätte. Aber ich bereue meine Entscheidung nicht, ich habe sie bewusst getroffen. Es waren lange Jahre, auch harte Momente wegen Verletzungen, viele Sommer, in denen ich keine Ferien hatte wegen der Nationalmannschaft, deshalb bin ich nicht traurig.

Aber Sie werden weiter die Heimspiele des HTC besuchen?

Auf jeden Fall. Ich habe viele Freunde im Verein, die ich unterstützen möchte. Vielleicht bleibe ich auch dem HTC in irgendeiner Funktion verbunden. Darüber würde ich mich freuen.

Ein Bild aus Jugendzeiten: 22 Jahre hat Emina Karic Basketball gespielt, 15 davon beim Herner TC.
Ein Bild aus Jugendzeiten: 22 Jahre hat Emina Karic Basketball gespielt, 15 davon beim Herner TC. © WAZ | Stefan Kuhn

Sie sind 28 Jahre und haben davon 22 Jahre Basketball gespielt. Würde es Sie reizen, in einer anderen Mannschaft, ein paar Klassen tiefer, zu spielen?

Nein, zurzeit nicht. Nicht weil es eine schlechtere Liga sein würde. Ich habe mit Basketball abgeschlossen und brauche einfach die Zeit, um mich auf andere Dinge zu konzentrieren. Ich werde es genießen, die Wochenenden frei zu haben, zum Beispiel. Nicht immer durch ganz Deutschland zu reisen. Wenn man nach Wasserburg fährt, ist das ganze Wochenende weg. Vielleicht fange ich in ein paar Jahren wieder an zu spielen.