Herne. Nach 42 Jahren im Schuldienst geht Magdalene van Merwyk, Leiterin des Gymnasiums Eickel, in den Ruhestand. Für die WAZ zieht sie Bilanz.

Der Satz kommt ein wenig überraschend: „Es ist etwas stressig im Moment“, sagt Magdalene van Merwyk, Schulleiterin des Gymnasiums Eickel. Dabei sind doch seit Freitag Sommerferien und eigentlich hat sich die 66-Jährige in den Ruhestand verabschiedet.

Doch noch ist es unruhig, was nicht allein daran liegt, dass ein großer Kran auf dem Schulhof steht und Teile der Gebäudefassade ausgetauscht werden. Van Merwyk muss noch die letzten Gutachten schreiben und einige Stapel an Papieren durchschauen - alles Dinge, die sie vor dem letzten Schultag nicht mehr in ihren eigenen Stundenplan quetschen konnte. Da ihr Büro ausgeräumt ist, hat sie sich mit ihren Dingen im leeren Lehrerzimmer niedergelassen.

Die Arbeit hat sie nie als Last empfunden

Formal sei sie ja auch noch bis zum 31. Juli im Dienst, doch Ende der Woche werden wohl auch für sie die Sommerferien beginnen - und der Ruhestand. Der erfülle sie mit einer gemischten Gefühlslage. „Einerseits ist es ein schönes Gefühl, dass ich jetzt selbstbestimmte Zeit habe, andererseits werde ich die Schüler, das Kollegium und das ganze Schulleben vermissen“, sagt sie. 42 Jahre war sie im Beruf, bis auf das letzte Jahr hat sie immer unterrichtet, ihre Fächer waren Deutsch und Sozialwissenschaften. Die Arbeit habe sie jedoch höchst selten als Last empfunden. Lästig sei allenfalls das Korrigieren von Klausuren gewesen.

Das Gymnasium Eickel hat seit einigen Jahren einen Schüleraustausch mit Yushan in China. Kurz vor den Sommerferien wurden die chinesischen Gäste von Oberbürgermeister Dudda empfangen.
Das Gymnasium Eickel hat seit einigen Jahren einen Schüleraustausch mit Yushan in China. Kurz vor den Sommerferien wurden die chinesischen Gäste von Oberbürgermeister Dudda empfangen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Buchwieser

Das Gymnasium Eickel ist für sie nicht irgendeine Schule. 1971 hat sie an der Kurhausstraße das Abitur bestanden. Nach Stationen in Bochum und Bottrop kehrte sie Anfang 2010 zurück an ihre „Wunschschule“.

Anmeldezahlen haben sich stabilisiert

Seitdem hat sie zwei Drittel des aktuellen Kollegiums eingestellt. Mit der deutlichen Verjüngung sei auch ein anderer Geist eingezogen, was sich in Pädagogik und Didaktik widerspiegele. Gemeinsam habe man dafür gesorgt, dass sich die Anmeldezahlen stabilisieren. Nachdem eine Jahrgangsstufe nur zweizügig war, sind sie wieder drei- bis vierzügig. Daneben habe es große Veränderungen bei Gebäude und Ausstattung gegeben, in dieser Hinsicht habe sich die Stadt Herne sehr angestrengt. Neben neuen Aktivitäten, zum Beispiel einem Schüleraustausch mit der chinesischen Stadt Yushan, würden Traditionen wie Skifreizeit und Ruderlager weitergeführt. Sicher gebe es noch Baustellen, aber die seien Sache des Nachfolgers oder der Nachfolgerin. Insgesamt ist sie der Meinung, dass das Gymnasium Eickel sein Motto „Gut aufgehoben, gut ausgebildet“ einlöse.

Reformen? Rin die die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln

42 Jahre im Schuldienst - da hat Magdalene van Merwyk eine Vielzahl von Reformen miterlebt. Ihre Kommentar dazu: „Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln.“ Sie habe versucht, die Vorgaben umzusetzen, nicht immer klaglos. Die letzten großen Verwerfungen hat sie mit dem Wechsel von G9 zu G8 und der anschließenden Rolle rückwärts erlebt. Sie habe immer die 13. Klasse geschätzt, erzählt sie. Dann hätten die Schüler mehr Bewusstsein, seien teilweise schon kritische Geister. Manche Klage über Schule - rauerer Ton, schlechtere Leistungen - könne sie nicht nachvollziehen, zumindest nicht für das Gymnasium Eickel. Was sie nicht vermissen werde, seien Klagen über Whatsapp-Mobbing.

Gymnasium Eickel besteht seit 115 Jahren

Das Gymnasium Eickel besteht seit 115 Jahren.

Im Jahr 1903 beschlossen die Ämter Wanne und Eickel die Errichtung eines Realgymnasiums auf gemeinsame Kosten.

Im ersten Jahrgang 1904 wurden 130 Schüler aufgenommen. Als Schulräume gab es ein Zimmer im evangelischen Gemeindehaus und zwei in der Kirchschule.

Am 21. April 1904 wurde das Gymnasium feierlich eröffnet. Das neue Schulgebäude - mit Turnhalle und Direktorenhaus - sollte 1905 bezogen werden.

Und der Blick nach vorn? Sie habe sich vorgenommen, Dinge zu machen, für die bislang keine Zeit blieb, zum Beispiel reisen. Und die Lehrerin will weiter lernen - ihre Fremdsprachenkenntnisse wolle sie verbessern. Ein Jahr ohne jede Verpflichtung habe sie sich vorgenommen, danach wolle sie sich ehrenamtlich engagieren. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich ohne Aufgabe bleibe.“