Herne. Die Herner Elisabeth-Gruppe baut die Zahl ihrer Ausbildungsplätze bis Jahresende auf 1270 aus - mehr als eine Verdoppelung. Das sind die Gründe.
In der Diskussion um den Mangel an Fachkräften in der Pflege setzt die St. Elisabeth-Gruppe ein Ausrufezeichen. Zum Stichtag 31. Dezember 2019 wird die Gruppe mit Standorten in Herne und Witten 1270 Ausbildungsplätze haben - gegenüber 2018 entspricht das einer Steigerung um 750 Plätze. Das sagte Geschäftsführer Theo Freitag im Gespräch mit der WAZ-Redaktion. Mit dieser Zahl dürfte die Elisabeth-Gruppe zu den größten Ausbildungsunternehmen in der Gesundheitsbranche gehören.
Für diesen massiven Ausbau gibt es mehrere Gründe: So sind vier Berufsbilder hinzugekommen, in denen die Gruppe in der Vergangenheit nicht ausgebildet hat: Pflegeassistenten, Altenpfleger, Logopäden und Hebammen. Hinzu komme die Erkenntnis, dass in der Vergangenheit zu wenig ausgebildet worden sei, so Freitag. Das habe aber auch daran gelegen, dass das Genehmigungsverfahren für Ausbildungsplätze sehr kompliziert gewesen sei. Diese Schranken seien von der Landesregierung abgebaut worden. Hinzu kämen finanzielle Anreize für die Ausbildung.
Jedes Jahr müssen etwa 220 Fachkräfte ersetzt werden
Außerdem: Die Elisabeth-Gruppe müsse jedes Jahr bis zu 220 Fachkräfte ersetzen, die durch die normale Fluktuation das Unternehmen verlassen. Die Fluktuation liege bei neun bis zehn Prozent und damit unter dem Durchschnitt. „Mit dem Ersetzen dieser 220 Fachkräfte haben wir aber noch keine einzige zusätzliche Stelle geschaffen“, so Freitag. Doch vor dem Hintergrund der steigenden Patientenzahlen in den Häusern der Elisabeth-Gruppe steige der Bedarf. Statt in einen Abwerbungswettbewerb zu gehen, wie er offenbar existiert, oder Kräfte aus dem Ausland zu engagieren, setze die Elisabeth-Gruppe auf die Ausbildung für den eigenen Bedarf.
Die Elisabeth-Gruppe hatte in den vergangenen Monaten massiv für ihre Ausbildungsberufe geworben und zahlreiche Informationsveranstaltungen durchgeführt. Dies habe dazu geführt, dass das Unternehmen - entgegen dem Trend - alle Plätze gut habe besetzen können. Freitag: Wenn die jungen Menschen gar nicht wissen, welche Möglichkeiten sie bei uns haben, können sie sich auch nicht bewerben.“ Die Agentur für Arbeit sei beim Bewerbungsprozess ein sehr guter Partner. „Es ist eine gute Nachricht, dass es in einem so zukunftssicheren Bereich so viele Ausbildungsplätze gibt“, sagt der Herner Agentur-Geschäftsstellenleiter Sebastian Brimberg auf WAZ-Anfrage. Die Zusammenarbeit funktioniere sehr gut.
Schon jetzt höherer Lohn als von Gesundheitsminister vorgeschlagen
Die erhöhte Zahl der Auszubildenden, die später übernommen werden soll, ist auch Teil der Strategie, als Arbeitgeber möglichst attraktiv zu sein. Biete man zum Beispiel bessere Arbeitszeiten, könne dies weniger Ausfälle bedeuten. Die 14 Euro Mindestlohn, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgeschlagen hat, um dem Fachkräftemangel in der Branche zu begegnen und Pflegeberufe attraktiver zu machen, spielen für die Elisabeth-Gruppe keine Rolle. Schon jetzt zahle man den Tariflohn des Deutschen Caritasverbands - 15,25 Euro pro Stunde. Das Unternehmen hatte bereits im vergangenen Jahr damit aufhorchen lassen, dass es seinen 200 Fachpflegekräften freiwillig fünf Prozent mehr Gehalt überweist.
Kritik an Bertelsmann-Studie zu Krankenhäusern
Jedes zweite Krankenhaus in Deutschland ist laut einer Bertelsmann-Studie überflüssig. Die Elisabeth-Gruppe teilt mit Blick auf die Studie mit, dass sich die Forderungen der Studie seit Jahren in den Entscheidungen der Elisabeth-Gruppe widerspiegeln.
So spiele Spezialisierung eine wichtige Rolle, um bestmögliche Behandlungsergebnisse zu erreichen. Außerdem investiere man nicht nur in gut ausgebildete Ärzte und Pflegekräfte, sondern auch in modernste Medizintechnik und Räumlichkeiten. Die Qualität zeige sich an zahlreichen zertifizierten Zentren, die auch einen Teil der Schwerpunkte widerspiegeln und hohe Vorgaben an Strukturqualitäten und Fallzahlen erfüllen müssen.
Die evangelische Krankenhausgemeinschaft stellt sich voll hinter die Stellungnahme der Krankenhausgesellschaft Nordrhein Westfalen, in der es unter anderem heißt, dass die Studie eine Simulation einer theoretischen Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft vorgenommen habe, die erst einmal dem Realitäts-Check standhalten müsse. Die Verfasser der Studie würden einige zentrale Aspekte außer Acht lassen, die die Umsetzbarkeit der Studie schwierig mit nahezu unmöglich mache.
Um die große Zahl an Nachwuchskräften auszubilden, unternehme man gewaltige Anstrengungen, so Freitag. So investiere das Unternehmen rund 14,1 Millionen Euro für den Bau des Campus in Börnig, wo der schulische Teil der Ausbildung stattfinden wird. Und da man auch Lehrkräfte benötige, habe man 30 zusätzliche Stellen in diesem Bereich geschaffen und auch diese besetzen können.