Herne. Rotariern eilt der Ruf voraus, ein Club der alten Männer zu sein. Deshalb hat der Herner Club gezielt eine Verjüngungskur gestartet.
Rotarier? Da winken viele Menschen ab, wenn Sie diesen Begriff hören. Für sie ist er ein Synonym für einen Club der alten Männer, dem man auch noch Arroganz unterstellt. Überraschung: Wolfgang Braun, Präsident des Rotary Clubs Herne, nennt dieses Vorurteile teilweise für völlig zutreffend. Und daran wollen Braun und die anderen Herren etwas ändern.
Der Club soll nach und nach verjüngt werden. Der Grund: Das Durchschnittsalter der Clubmitglieder liege bei 67 Jahren, so Braun, einige seien noch Gründungsmitglieder. „Viele sind zu alt für Projekte, bei denen man selbst anpacken muss.“ Auch sei nicht mehr gewährleistet, dass die Mitglieder die Berufe der anderen kennenlernen und voneinander lernen. Deshalb hat der Club Ausschau nach neuen, jungen Mitgliedern gehalten. um sich mit ihnen über neue Berufsbilder austauschen zu können, die es zu den Gründungszeiten noch gar nicht gab. Braun: „Unser Ziel ist es, drei Generationen im Club zu vereinen.
Beide Seiten müssen sich sicher sein, dass es passt
Diesem Ziel sind die Herner Rotarier einen Schritt näher gekommen, denn mit Cosmin Pitu und Philipp Poss - beide sind 31 Jahre jung - gehört seit einigen Monaten die dritte Generation dazu. Pitu bringt als Softwareentwickler, der sich für eine große Beratungsgesellschaft mit der digitalen Transformation befasst, genau jenes Berufsbild ein, das in Vergangenheit im Kreis der Rotarier gefehlt hat. Der gebürtige Rumäne, der inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft hat, war Gründungsmitglied der Rotarier-Jugendorganisation in Herne, dennoch sei der Übergang zu den Erwachsenen keineswegs automatisch und vorgezeichnet. Denn man bewirbt sich nicht, man wird angesprochen, ob man Rotarier werden möchte. Die Mitglieder wollen sich sicher sein, dass der Kandidat das Potenzial hat, sich für den guten Zweck - denn darum drehen sich die Aktivitäten der Rotarier - zu engagieren. Bei Pitu sei man sicher gewesen, so Braun: „Wer sich acht Jahre in der Jugendorganisation einbringt, ist für uns perfekt geeignet.“
Philipp Poss ist Zahnarzt. Dabei handelt es sich zwar nicht um einen neuen Beruf, doch diese Berufsgruppe sei etwa zehn Jahre nicht vertreten gewesen, so Braun. „Für mich ist es eine große Ehre, Mitglied sein zu dürfen, so Poss. Ganz fremd war dem gebürtigen Saarländer die Welt der Rotarier nicht, sein Großvater sei Mitglied gewesen. Ein Clubmitglied brachte Philipp Poss für die Aufnahme ins Gespräch. Doch vorher habe es eine Schnupperphase gegeben, damit sich auch Poss sicher werden konnte, ob er selbst reinpasst. Er war sich sicher und ist seit einigen Monaten bei den Aktivitäten dabei. Damit sich die Neuzgänge gut zurechtfinden in dem Kreis, haben sie einen Paten an ihrer Seite. Cosmin Pitu und Philipp Poss sollen nicht die einzigen der jungen Generation bleiben, es gebe zwei weitere Kandidaten, so Braun.
Rotarier fördern zahlreiche Projekte in Herne
Die Herner Rotarier haben eine Reihe von Projekten in der Stadt durchgeführt. So werden Grundschulen unterstützt, um die Sprachkompetenz bei den Kindern zu fördern und Lesefreude zu wecken. Bei sogenannten Ryla-Seminaren beschäftigen sich Jugendliche ab 14 Jahre an einem Wochenende mit Themen von gesellschaftlicher Bedeutung. Hinzu kommt die Teilnahme am Strünkeder Weihnachtsmarkt.
Rotary wurde 1905 vom Anwalt Paul Harris in Chicago gegründet. Auf der Basis von Freundschaft leisten Frauen und Männer freiwillig und in vielfältiger Form Dienst am Menschen. Rotary ist überparteilich und überkonfessionell.
Der Rotary Club Herne gehört zum Distrikt 1900, der sich von Essen im Westen nach Höxter im Osten und von Minden im Norden nach Meinerzhagen im Süden erstreckt. Im Distrikt gibt es über 80 Clubs mit rund 4500 Mitgliedern.
Auch an einer anderen Stelle haben die Herner Rotarier einen Schwenk vollzogen. Inzwischen gehören sieben Frauen zu den Mitgliedern. Da ist Braun wieder bei dem Vorurteil. Die Aufnahme sei im Vorfeld intensiv diskutiert worden. Zwei Rotarier, die den Männer-Club haben erhalten wollen, seien nach der Entscheidung für die Frauen nicht mehr gekommen. Doch die bisherigen Erfahrungen zeigten: Die Frauen seien viel aktiver als die Männer und zögen diese vielfach mit.