Stadtverwaltung und Polizei wollen das alte Polizeigefängnis in Herne der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ein Förderkreis wurde gegründet.

Mitten in Herne wurden Menschen erniedrigt und gequält. Im Polizeigefängnis am Friedrich-Ebert-Platz litt auch lokale Prominenz wie der Pfarrer Ludwig Steil, der von dort aus ins Konzentrationslager und damit in den Tod geschickt wurde. Das Gebäude soll jetzt für die Öffentlichkeit geöffnet und Lern- und Gedenkort werden.

Vorhaben könnte schon 2019 realisiert werden

Nach einem Treffen zwischen Herner Stadtverwaltung und Bochumer Polizeipräsidium zeichnet sich ab, dass das Vorhaben schon in diesem Jahr realisiert werden könnte: „Wir hoffen, dass wir das schaffen“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage. Vor allem Schulen soll hier die Möglichkeit gewährt werden, Einblick in eines der grausamsten Kapitel deutscher und Herner Geschichte zu bekommen. Voran getrieben wurde die Idee des Erinnerungsortes durch die DGB-Geschichtswerkstatt, auf deren Initiative am Mittwochabend im Karl-Hölkeskamp-Haus der gemeinnützige Verein „Förderkreis Mahn- und Gedenkstätte Polizeigefängnis Herne“ gegründet wurde. Der Verein stellt sich die Aufgabe, das Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus und die Erinnerung an die Täter im lokalen Bereich sowie an den Widerstand vor Ort gegen das NS-Regime zu fördern.

Zeitzeugen werden immer seltener

„Da die Möglichkeiten der persönlichen Bezugnahme im Gespräch mit Zeitzeugen immer seltener werden,“ betont der frisch gewählte Vorsitzende Rolf Dymel, „gewinnt die räumliche Bezugnahme in lokalen Erinnerungsorten immer mehr Bedeutung.“ Als authentischer Ort biete das Polizeigefängnis am Rathausplatz dazu unverzichtbare Chancen, erklärt Dymel, „denn an keiner anderen Stelle manifestierten sich Macht und Herrschaft in der nationalsozialistischen Diktatur in der Stadt Herne so konkret.“ Ziemlich genau vor 70 Jahren, am 31. Mai 1919, wurde das Polizeigebäude eröffnet. Während die NSDAP-Kreisleitung hier von 1933 bis 1940 ihre Büroräume einrichtete, wurden im Gefängnistrakt politische Gegner, Angehörige der christlichen Kirchen, Bibelforscher, jüdische Bürger, Sinti, Roma und viele ausländische Zwangsarbeiter willkürlich inhaftiert und misshandelt. Der neu gegründete Verein will das Erinnern als „aktiven Denkprozess“ gestalten.

Wie der scheidende Verdi-Sekretär Norbert Arndt erläutert, soll der gesamte Trakt im Hof der Polizeiinspektion der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und entsprechend einen Extra-Zugang bekommen, damit die Polizei ihre Gewahrsamszellen unabhängig weiter betreiben kann. Zu festgelegten Zeiten können sich dann Besuchergruppen anmelden.

Die Polizei unterstützt das Projekt Gedenk- und Lernort: „Es muss deutlich werden, was in diesem Gebäude passiert ist“, erklärt Polizeisprecher Volker Schütte im Gespräch mit der WAZ.