Herne. . Da war selbst Timon Radicke sprachlos: Mit einem tollen Ergebnis ist der CDU-Chef bestätigt worden. Nicht alle konnte sich nach der Wahl freuen.
Mit 81,4 Prozent ist Timon Radicke vor zwei Jahren erstmals zum Vorsitzenden der CDU Herne gewählt worden. Am Samstag legten die Mitglieder eine ordentliche Schüppe drauf: 91,4 Prozent der 124 anwesenden Mitglieder schenkten dem 33-jährigen Lehrer beim Parteitag im Kulturzentrum das Vertrauen; nur 10 Christdemokraten stimmten gegen ihn. Beim Wahlmarathon im Kuz gab es am Ende aber auch enttäuschte Gesichter.
So wurde Peter Neumann-van Doesburg (62) bei 34 Gegenstimmen mit nur 71,7 Prozent der Stimmen erneut zum 2. stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Bei der Wahl zur 1. stellvertretenden Vorsitzenden entfielen dagegen auf Bürgermeisterin Andrea Oehler (60) am Ende 90,2 Prozent.
Radicke attackiert OB Dudda und Dezernentin Thierhoff
Ein Comeback feiert der langjährige Kreis- und Fraktionsvorsitzende Markus Schlüter (50): Nach zweijähriger Pause wählten ihn die Parteifreunde mit 84,2 Prozent zum neuen Schatzmeister. Den geschäftsführenden Vorstand komplettieren Schriftführer Sven Rickert (44) und als Mitgliederbeauftragter Christoph Bußmann (30). Sie erhielten 83,5 bzw. 83,3 Prozent der Stimmen. Gegenkandidaturen gab es für die Parteispitze nicht.
In einer „fulminanten Rede“ (Andrea Oehler) fuhr Timon Radicke mehrere Attacken - insbesondere auf Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) und Bildungsdezernentin Gudrun Thierhoff (Grüne). Er bezeichnete es als „unredlich“ gegenüber den Bürgern, dass sich der OB für einen ausgeglichenen Haushalt feiern lasse, nachdem mit den RWE-Aktien das Tafelsilber der Stadt verscherbelt worden sei.
Und über Thierhoff sagte Radicke: Die Dezernentin habe nun lange genug eine ideologische Schulpolitik betrieben und dabei insbesondere die Gesamtschulen bevorzugt: „Damit ist nun Schluss“, frohlockte der CDU-Vorsitzende. Hintergrund: Thierhoff geht zum 1. April 2020 in den Ruhestand; das Amt bleibt bis zur Kommunalwahl unbesetzt.
Frank Heu fällt bei der Beisitzerwahl durch
Bei den Beisitzern hatten die Mitglieder die Qual der Wahl: 16 Christdemokraten kandierten für 12 Posten. Überraschend: Frank Heu, Chef der CDU-Arbeitnehmer (CDA), verpasste mit nur 41 Stimmen den erneuten Sprung in den Vorstand.
Auch interessant
Gewählt wurden schließlich (in Klammern die Stimmergebnisse): Junge Union-Chefin Anna-Lena Krumhus (103), Lucia Musbach (92), Angelika Groß (82), Jascha Hoppe (75), Björn Wohlgefahrt (73), Eickels Bezirksfraktions-Chef Andreas Barzik (71), Britta Vöpel (69), Markus Mähler (67), Jürgen Hausmann (61), Michael Hörling (60), Michael Lewburg (57) und Christoph Nott (47). Wie Heu fielen durch: Heiner Kranemann (45), Sven Pietas (35) und Karl-Heinz Schiller (32).
Oliver Wittke beschwört die Einheit Europas
Gastredner des Parteitags war Oliver Wittke. Der Gelsenkirchener CDU-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium beschwor in seiner Rede die Einheit Europas und erklärte die am 26. Mai anstehende Europawahl zur Schicksalswahl. Eine geringe Wahlbeteiligung würde die Feinde der Demokratie stärken, so der 52-Jährige. Wittke, auch Vorsitzender der CDU Ruhr, lobte zudem die Herner CDU als einen der „effektivsten Kreisverbände“ - und das trotz der eher geringen Mitgliederzahl (554).
Auch Paul Ziemiak ergriff im Kuz das Wort. Der für Herne zuständige CDU-Bundtagsabgeordnete warb um Verständnis dafür, dass er in seinem neuen Amt als Bundesgeneralsekretär nicht so häufig in seinem Wahlkreis präsent sein könne. Doch auch familiäre Verpflichtungen dürften den 33-Jährigen Sauerländer künftig noch stärker beanspruchen: Am Rande des Parteitags verriet Ziemiak der WAZ, dass er zum zweiten Mal Vater werde.
>> INFO: Der Soundtrack für Christdemokraten
Musik spielte beim CDU-Parteitag eine besondere Rolle: Für Redner und Vorstandsmitglieder hatte Radicke Songs ausgewählt.
Ratsfraktions-Chefin Bettina Szelag enterte zu den Klängen von Ram Jams Hymne „Black Betty“ die Bühne. Für Pfarrer Peter Neumann-van Doesburgs gab’s „Son of a Preacher Man“ von Dusty Springfield. Und BVB-Fan Radicke schreckte auch nicht davor zurück, für den Gelsenkirchener Oliver Wittke die S04-Hymne „Blau und Weiß“ erklingen zu lassen.
Eher grenzwertig war die für Sven Rickert getroffene Song-Auswahl. Wohl als Anspielung auf die Brandschläge auf Rickerts Autos im Landtagswahlkampf 2017 ertönte im Kuz „Feuer“ von Jan Delay.