Herne. . Die Geschäftsführer der beiden Herner Krankenhausgruppen forderten beim Besuch bei Jens Spahn einen Digitalpakt für Krankenhäuser.

Die St. Elisabeth-Gruppe und die evangelische Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel fordern einen Digitalisierungspakt für Krankenhäuser. Beide Gruppen hätten einen Investitionsstau in Sachen Digitalisierung von 3,5 bzw. drei Millionen Euro, sagten die Geschäftsführer Theo Freitag und Heinz-Werner Bitter im Gespräch mit der WAZ-Redaktion.

Hintergrund ist das Ziel einer papierlosen Dokumentation und Archivierung aller Patientendaten, aber auch der Austausch von Daten der Krankenhäuser mit niedergelassenen Ärzten. All dies sei nur mit der entsprechenden Soft- und Hardware möglich. Im Koalitionsvertrag werde diese Notwendigkeit der Digitalisierung in Krankenhäusern anerkannt, eine konkrete Finanzierungszusage gebe es bislang allerdings nicht.

Timon Radicke, Bettina Szelag, Heinz-Werner Bitter, Theo Freitag und Paul Ziemiak (v.r.) beim Besuch bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (3.v.l.)
Timon Radicke, Bettina Szelag, Heinz-Werner Bitter, Theo Freitag und Paul Ziemiak (v.r.) beim Besuch bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (3.v.l.) © CDU

Kritik an „staatlicher Regulierung“

Freitag und Bitter haben diese Problematik vor wenigen Tagen bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn platziert. Auf Vermittlung von Hernes CDU-Chef Timon Radicke und CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, der bekanntlich seinen Wahlkreis in Herne hat, konnten die Krankenhaus-Manager exklusiv über verschiedene Themen mit Spahn diskutieren.

Beim Thema Digitalisierung fürchten beide, dass der von ihnen geforderte Pakt ebenso zwischen Bund und Land zerrieben wird wie der Digitalisierungspakt für Schulen. Der Grund: Spahn verwies im Gespräch auf NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.

Ansätze gehen an Krankenhaus-Realität vorbei

Da für diese Digitalisierung die entsprechenden Breitband-Kapazitäten vorhanden sein müssen, fordert CDU-Chef Timon Radicke einen Breitbandbeauftragten für Herne.

Bettina Szelag, Theo Freitag, Heinz-Werner Bitter und Timon Radicke beim Gespräch mit der WAZ.
Bettina Szelag, Theo Freitag, Heinz-Werner Bitter und Timon Radicke beim Gespräch mit der WAZ. © Leclaire

Bitter und Freitag begrüßen, dass Jens Spahn als Gesundheitsminister viele Dinge „auf die Straße“ gebracht habe und tiefgreifende Veränderungen in der Krankenhaus-Landschaft auf den Weg gebracht habe, dennoch gebe es Risiken, darüber hinaus gingen die Ansätze teilweise an der Krankenhaus-Realität vor Ort vorbei.

Bitter und Freitag zielen mit dieser Kritik auf die Personaluntergrenzenverordnung, mit der eine bessere Besetzung im Pflegedienst erreicht werden soll. Die Geschäftsführer vermuten, dass der Personalschlüssel dieser Verordnung im Ministerium „mathematisch“ ermittelt worden ist, denn der Alltag auf den betroffenen Stationen sei höchst unterschiedlich. Es gebe keine standardisierte Pflege, diese hänge immer vom Zustand des Patienten ab.

Ausbildungskapazitäten wurden ausgebaut

Die Verordnung komme einer staatlichen Regulierung gleich. Die Vorgaben seien vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in der Pflege - bundesweit wird der Bedarf auf 13 000 Mitarbeiter geschätzt - nur schwer umzusetzen. Das könne am Ende die Schließung von Stationen bedeuten, die eigentlich überlebensfähig seien. „Darüber hinaus missfällt uns, dass die verordnete Regulierung uns unterstellt, dass wir vorher schlecht gearbeitet hätten“, so Bitter und Freitag.

Positiv bewerten sie, dass durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz beide Krankenhausgruppen im vergangenen Jahr ihre Ausbildungskapazitäten ausbauen konnten, weil die Finanzierung gesichert sei. In der Elisabeth-Gruppe können neben über 600 Pflegekräften über 300 Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten ausgebildet werden, in der evangelischen Krankenhausgemeinschaft sind es mittlerweile 280.

Krankenhäuser sind Hernes größer Arbeitgeber

Den ersten Impuls für das „Spitzengespräch“ zwischen den Geschäftsführern und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn lieferte im vergangenen Jahr eine Veranstaltung der CDU unter dem Titel „Herne 2030 - Mit Alter. Mit Krankheit. Mittellos“, die Rahmen der Arbeit am kommunalpolitischen Programm der CDU stattfand.

An der Veranstaltung 2018 nahm auch Theo Freitag als einer der Experten teil. Mit dem Gespräch bei Spahn sollte der Minister Einblicke in der Probleme der Krankenhausbetreiber vor Ort bekommen.

Beide Krankenhausgruppen sind in Herne mit Abstand der größte Arbeitgeber.