Im Interview erläutert Nordfrost-Inhaber Horst Bartels, was den Ausschlag für den Herne gegeben hat – und warum die Planung so lange dauerte.

130 Millionen Euro investiert das familiengeführte Logistikunternehmen Nordfrost in den neuen Standort Unser Fritz. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann erläutert Firmeninhaber Horst Bartels (73), warum die Planungsphase so lange gedauert hat und welche Bedeutung die Ansiedlung für das Unternehmen hat.

Herr Bartels, Sie bauen in Herne das größte Tiefkühlzentrum Deutschlands. Was hat den Ausschlag für den Standort Unser Fritz gegeben?

Bartels: Wir betreiben bundesweit 40 Kühllogistikzentren, und davon befinden sich elf Standorte in Nordrhein-Westfalen. Das ist alles in der Vergangenheit historisch gewachsen. Wir sind in vielen dieser Tiefkühlhäuser zu klein geworden, so dass wir hier mehr Lagerkapazität brauchen, aber auch einen entsprechend leistungsfähigen Umschlagpunkt für die großen Warenmengen, die im Ballungszentrum des Ruhrgebiets zu verteilen sind. Diese Transportvolumen können wir künftig in Herne bündeln, so dass die Lkw dann nicht mehr verschiedene Standorte anzufahren brauchen, um die Waren einzusammeln. So sparen wir gerade im Ruhrgebiet erhebliche Wege und ein doppeltes Anfassen der Ware ein.

So soll das Tiefkühllager nach der Fertigstellung aussehen.
So soll das Tiefkühllager nach der Fertigstellung aussehen. © Nordfrost

Das macht ja auch gerade bei der Stausituation im Ruhrgebiet Sinn...

...genau. Diesen Verkehr, wie man ihn hier im Ruhrgebiet täglich erlebt, kennen wir an der Nordseeküste an unserem Stammsitz in Schortens nicht. Deshalb freuen wir uns riesig, wenn das Projekt fertig ist und unsere anderen Standorte in der Region perfekt ergänzt. Das bringt wirtschaftliche und ökologische Vorteile. Toll ist natürlich auch die direkte Anbindung an die A 42. Wir sind vor allem froh, dass wir im Herzen des Ruhrgebiets ein so großes Grundstück gefunden haben, was auch nicht ganz einfach war.

Die Planungsphase hat sehr lange gedauert. Warum?

Eigentlich standen wir schon mal kurz davor, den Bauantrag zu stellen, doch dann haben wir festgestellt, dass wir gerade für die gängige manuelle Kommissionierung im Tiefkühlbereich, wo Temperaturen bis minus 24 Grad Celsius herrschen, keine Fachkräfte in ausreichender Zahl mehr finden werden. Deshalb haben wir uns entschieden, neben dem vollautomatischen Hochregallager auch eine vollautomatische, hoch technisierte Kommissionieranlage zu planen und zu bauen, die die Artikel eines Sortimentes gemäß Kundenbestellung IT-gesteuert automatisch zusammenstellt. Für diese innovative Lösung mussten wir unsere Pläne einstampfen und wieder ganz von vorne angefangen mit aufwendigen Planungen. Die Verzögerung liegt damit ausschließlich bei uns. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Herne lief ausgesprochen gut und zielführend.

Standen Sie mal an einem Punkt, das Projekt wieder zu begraben?

Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Wir hatten mal eine Anfrage von einem Logistiker, der uns das Gelände wieder abkaufen wollte, mit dem sind wir gar nicht in Kontakt getreten. Das war nie ein Thema für uns.

Sie investieren 130 Millionen Euro in den Standort und noch mehr an anderen Standorten. Woher kommt dieses Wachstum?

In Deutschland werden die besten Nahrungsmittel hergestellt. Deshalb wachsen die Produktion und der Anteil der weltweiten Exporte aus Deutschland kontinuierlich. Dafür braucht man Zwischenlagerflächen. Herne ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Drehscheibe. Und ich glaube, dass unsere Ansiedlung Impulse für weitere Ansiedlungen in Herne geben kann.

Die Erdarbeiten in Unser Fritz sind bereits in vollem Gang.
Die Erdarbeiten in Unser Fritz sind bereits in vollem Gang. © Rainer Raffalski

Es gibt ja das Vorurteil, dass Logistik Flächen frisst, aber nur wenige und gering qualifizierte Arbeitsplätze bringt. Können Sie das nachvollziehen?

Dieses Vorurteil stimmt so nicht. Wir sind hoch technisiert. Logistik ist kein einfaches Geschäft. Gerade die Feinverteilung, also die feine Distribution von Waren, zu beherrschen, ist sehr kompliziert. Wenn man das nicht mit hoher Intelligenz macht, kann man schnell straucheln.

Das heißt, Sie brauchen keine angelernten Hilfsarbeiter, sondern Fachkräfte?

Wir brauchen Spezialisten und erfahrene Leute, die ausgebildet sind, um das Thema Logistik zu beherrschen. Direkt nach Inbetriebnahme in Herne werden wir hier von Anfang an immerhin 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen.

Wie ist Ihr Blick auf Herne?

Die Entwicklung von Nordfrost, gerade in den vergangenen drei Jahren, war derart rasant, dass wir kaum Gelegenheit hatten, nach rechts oder links zu schauen. Aber wenn wir hier tätig sind, wird sich das ändern. Da Herne unser größter Standort wird, ist es doch ein wenig so, dass die zweite Herzhälfte für Herne schlägt. Herne hat schon einen besonderen Stellenwert, weil wir hier ausgesprochen innovativ sind und neue Dinge machen, und wir werden uns in der Stadt vielleicht etwas stärker gesellschaftlich engagieren, als es sonst an Außenstandorten üblich ist.

>> VOR 43 JAHREN GEGRÜNDET

Horst Bartels hat Nordfrost vor 43 Jahren gegründet. Heute hat das Unternehmen in der Tiefkühllogistik einen Marktanteil von 32 Prozent, mit dem Herner Standort soll der Anteil auf rund 40 Prozent wachsen.

Nordfrost beliefert die Nahrungsmittelindustrie und alle großen Lebensmittelhändler.