Herne. . Das Herrenmodegeschäft Tümmers in Wanne schließt zum Jahresende. Mit vielen Stammkunden konnte sich das Traditionshaus behaupten.

Es gilt Abschied zu nehmen von einem ungewöhnlichen Geschäft: Das Herrenmodengeschäft Tümmers an der Hauptstraße 290 wird zum Jahresende seine Pforten schließen.

Da stellt sich die Frage, warum Tümmers ungewöhnlich ist? Schließlich handelt es sich um eine Traditionsbranche und um ein Traditionsgeschäft, das seit 1924 existiert. Doch sowohl der Einzelhandel als auch der Standort in Wanne haben in den vergangenen Jahren einschneidende Umwälzungen erfahren. Mit Tümmers wird einer der letzten Namen verschwinden aus jener Zeit, als auch im nördlichen Teil der Hauptstraße der Begriff Leerstand ein Fremdwort war.

Gegründet wurde das Geschäft 1924 von Emil Tümmers, damals noch an der Ecke Hauptstraße/Heidstraße. Und: Es handelte sich um eine Maßschneiderei. Das war zu jener Zeit der Normalfall. Als später die Konfektionsware aufkam, beäugten kritische Kunden diese zunächst mit einer Portion Misstrauen. Nach dem Tod von Tümmers heiratete dessen Witwe den Textilkaufmann Frido Gottschalk, der den Umzog zur Hauptstraße 290 vollzog. 1963 übernahm Rudolf Bensmann. Als dieser plötzlich starb, stand Theresa Bensmann vor der Frage, wie es weitergehen soll. Sie entschied sich dafür, dass Geschäft fort zu führen.

Die 70er-Jahre waren so etwas wie die Glanzzeit. Wanne hatte mit Hertie und Karstadt zwei Warenhäuser, Theresa Bensmann und ihr Mitarbeiter Jürgen Liedtke, der dem Haus seit 47 Jahren die Treue hält, zählen die Namen alle der anderen Nachbarn auf. Vier Möbelhäuser waren darunter. Die Konditorei Urbach, Betten Erdbürger. Vor dem geistigen Auge entwickelt sich ein Bild, das vielleicht dem Dortmunder Westenhellweg an einem Samstag ähnelt: Hochbetrieb. In dieser Zeit sei das Geschäft eine Goldgrube gewesen, so Bensmann.

Von Hochbetrieb kann heute keine Rede mehr sein. Mitte der 80er-Jahre begann der schleichende Niedergang, heute prägen Imbissbuden, Fingernagelstudios oder Wettbüros das Bild. Und der Begriff Leerstand gehört längst zum täglichen Sprachgebrauch.

Doch Bensmann und Liedtke lamentieren gar nicht so sehr. Sicher sei der Leerstand ein Problem, doch die Kontakte zu den ausländischen Kaufleuten seien gut, auch sie gehörten zu den Kunden.

Sie beklagen vielmehr, dass es seit einigen Jahren gar keine normalen Preise mehr im textilen Einzelhandel gebe. Immer und überall sei Ausverkauf. Bensmann und Liedtke haben stets auf persönliche und individuelle Beratung gesetzt. „Von vielen Kunden kennen wir drei Generationen“, so Liedtke. Der Anteil der Stammkundschaft läge bei 80 Prozent. Die Konkurrenz der großen Häuser haben sie deshalb nie gefürchtet.

Allerdings, das räumt Elisabeth Bensmann ein: Wenn das Haus nicht Eigentum wäre - und sie hätte Miete zahlen müssen -, hätte sie sich wohl schon früher verabschiedet. Dass der Zeitpunkt erst jetzt kommt, ist ebenfalls ungewöhnlich: Die Inhaberin feiert bald ihren 86. Geburtstag. „Stress hält jung“, sagt sie. Jürgen Liedtke hat mit 64 auch das Rentenalter erreicht. Und so beenden die beiden Ära Tümmers mit etwas Wehmut, aber zufrieden.