herne. . Mitten in Herne stand einst ein Dampf-Sägewerk. Gerd E. Schug hat dort gelernt und 60 Jahre später die Historie aufgearbeitet.

Die Geschichte des Bergbaus und seiner Zulieferbetriebe in Herne ist auch die Geschichte der Familie Schug. Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht eine Dampf-Sägemühle in Herne-Mitte, die 1958 für immer die Pforten schloss und deren Existenz längst der Vergessenheit anheimgefallen wäre – wenn, ja wenn der Hobby-Historiker Gerd E. Schug diese Geschichte nicht aufgeschrieben hätte.

Aus großer persönlicher Verbundenheit, denn: der heute 79-jährige Börniger begann in den 50er-Jahren in dem Betrieb an der heutigen Vinckestraße eine Lehre als Holzkaufmann. „Ich bin der letzte lebende Zeitzeuge dieses Dampf-Sägewerks“, sagt Gerd E. Schug.

Familie Schug arbeitete 434 Jahre für die Zeche

© Gerd E. Schug

Vorgezeichnet war sein „Holzweg“ nicht. Vom einst aus dem Westerwald ins Ruhrgebiet gekommenen Großvater über den Vater, dessen Brüder und alle Vettern – „in meiner Familie arbeiteten alle auf Friedrich der Große“, berichtet Schug. 434 Arbeitsjahre seien so zusammengekommen. Gerd E. Schug schlug aus der Art: „Ich wollte nicht zur Zeche, sondern einen Bürojob.“ Das sei dank der Unterstützung der Eltern auch gelungen.

Am 1. April 1955 begann er beim Dampf-Sägewerk „Hannoversche Grubenholzindustrie“, so der damalige Name, in Herne-Mitte die Ausbildung als Holzkaufmann. Ein Beruf, den es schon lange nicht mehr gibt und der heute vergleichbar ist mit der Tätigkeit eines Industriekaufmanns. 50 DM brutto gab’s im ersten Lehrjahr.

© Barbara Zabka

Vor allem auf die Produktion von Schachtholz sei der Betrieb spezialisiert gewesen, heißt: auf die für den Schachtausbau benötigten schweren Eichenbalken, die im Bergbau Einstriche und Spurlatten genannt worden seien, so Schug. Die Sägen seien mittels einer leistungsstarken Dampfmaschine mit Schwungrad angetrieben worden, die auch den Strom geliefert habe. Unter anderem aus dem Sauerland und dem Westerwald seien täglich Baumstämme per Lkw oder Bahn angeliefert und auf dem Rundholzplatz gelagert worden.

Karriere bei der Ruhrkohle AG

„Mit dem Zechensterben Ende der 50er-Jahre kamen dann auch Probleme auf das Sägewerk zu“, berichtet der Börniger. Als sich 1958 die benachbarte Maschinenfabrik Beien habe vergrößern wollen, sei es zum Teilverkauf des Geländes und somit nach über 70 Jahren zum Aus fürs Dampf-Sägewerk gekommen.

Der Holzhandel lief noch weiter und gab auch Gerd E. Schug Lohn und Brot. 1962 wechselte er zur Bergwerksgesellschaft Hibernia AG. „Dank der hervorragenden fachlichen Ausbildung“ sei ihm dort schon 1963 die Holzwirtschaft mit sieben Zechenholzplätzen und einem Einkaufsvolumen von 18 Millionen DM übertragen worden, erzählt er.

Von nun an ging es steil aufwärts. Nach Gründung der Ruhrkohle AG im Jahr 1968 – damals noch mit 100.000 Mitarbeitern – wurde Schug nach Essen in die Konzernzentrale berufen, wo ihm die Leitung der gesamten Holzwirtschaft für 34 Schachtanlagen übertragen wurde. Von 1994 bis zu seinem Ruhestand 2008 zeichnete er als „Leiter Einkaufs-Service“ für den Gesamtkonzern mit 487 Tochtergesellschaften und einem Volumen von bis zu 17 Milliarden Euro verantwortlich. „Diese Jahre waren meine schönsten und erfolgreichsten Berufsjahre.“ Wenn er jetzt an das Ende des Bergbaus denke, „tut mir das im Herzen weh.“

Berichte aus der Lehrzeit

Zurück zur Dampfsägemühle: Was Gerd E. Schug vor über 50 Jahren dort Tag für Tag gemacht hat, kann er in seinem im Original vorliegenden Lehrlings-Berichtsheft nachlesen. Dieses und weitere Text- und Bilddokumente hat das Mitglied des Historischen Vereins Herne/Wanne-Eickel ergänzt um persönliche Anmerkungen und zwischen Buchdeckel gepackt – so wie schon frühere spannende Berichte unter anderem über die sozial engagierte Lehrerin Emilie Engel („der Engel von Sodingen“) oder die Skulptur „Der Torschrei“ der Börniger Künstlerin Elisabeth Hoffmann. Ein Exemplar über die Historie des Dampf-Sägewerks soll ins Stadtarchiv wandern, „damit die Erinnerung daran festgehalten wird“.

>> INFO: Spielsucht bringt Betrieb an Rande des Ruins

Erster Nachweis für die Dampf-Sägemühle Hillmann an der heutigen Vinckestraße sei eine historische Karte von 1888, so Gerd E. Schug.

Nach der Jahrhundertwende und dann in den 30er-Jahren habe es Besitzerwechsel gegeben. In den 30ern sei dies geschehen, weil - so mündliche Überlieferungen - das Unternehmen durch Spielsucht (Pferdewetten) beinahe ruiniert worden sei.

Die Nachfolger Voigtländer und Hinze hätten das Sägewerk mit geschäftlicher Weitsicht zu großer Blüte gebracht, so Schug. Mit dem Zechensterben sei es dann bergab gegangen - bis zum Aus im Jahre 1958.