Herne. . 1915 kam Emilie Engel nach Sodingen und unterstützte vor allem Kinder in Not. Hobby-Historiker Gerd E. Schug würdigt die Verdienste der Lehrerin.
Im Ersten Weltkrieg und einige Jahre danach wirkte mit der Lehrerin Emilie Engel in Sodingen und Börnig eine Frau, die schon bald selig gesprochen werden könnte (siehe Kasten). Anlässlich ihres 60. Todestages im vergangenen Jahr hat sich Hobby-Historiker Gerd E. Schug über Monate auf Spurensuche gegeben. Ein zentrales Ergebnis seiner umfangreichen Recherche: „Die zwölf Jahre in Sodingen und Börnig haben das Leben der Emilie Engel geprägt. Hier entfaltete sich ihr soziales Bewusstsein und prägten sie für ihr weiteres Wirken.“
Eine Unbekannte ist Emilie Engel in Sodingen nicht: Bereits vor zehn Jahren hat die katholische Kirche an Engels ehemaligem Wohnhaus an der Mont-Cenis-Straße 284 eine Gedenktafel angebracht. „In diesem Hause wohnte Emilie Engel von 1915 bis 1926, Lehrerin in Sodingen, eine sozial engagierte Frau“ steht dort geschrieben. Es folgt eine kurze Beschreibung ihres segensreichen Wirkens vor allem für Kinder von Bergleuten, der Hinweis auf die später von ihr mit gegründete Gemeinschaft der Schönstätter Marienschwestern sowie auf ihren Tod – nach langer Krankheit – im Jahr 1955 .
In Büchern und Veröffentlichungen über Emilie Engel werde leider immer nur kurz auf ihr Wirken in Sodingen eingegangen, berichtet Gerd E. Schug. Auf die damaligen „Zeitumstände“ wie Krieg, Inflation, Hunger und Arbeitslosigkeit werde dabei kaum eingegangen. Dabei machten gerade diese Umstände das persönliche Engagement der Lehrerin so einzigartig, betont der 75-Jährige.
Geboren wurde Emilie Engel am 6. Februar 1893 als viertes von zwölf Kindern in Husten (Sauerland), wo sie auf einem Bauernhof aufwuchs. Nach ihrer Lehrerinnenausbildung in Arnsberg zog sie 1915 nach Sodingen. Wie zwei ihrer bereits hier lebenden Schwestern unterrichtete sie in der Marienschule an der Händelstraße (der heutige Rewe-Standort).
Hilfe für Waisen und Halbwaisen
„In der Kriegs- und Nachkriegszeit war sie mit der Not und dem Elend der Menschen konfrontiert“, berichtet Schug unter Berufung auf Quellen. Es habe ihr nicht gereicht, „nur“ Lehrerin zu sein. Zu berücksichtigen seien dabei die besonderen Umstände: Eine Grundsicherung wie Hartz IV heute habe es damals nicht gegeben. „Emilie Engel und auch ihre Schwestern sahen sich aufgefordert, zu helfen. Sie hatten ja die ausgehungerten Kinder jeden Tag in der Schule vor Augen.“
Sie hätten Waise, Halbwaise und Bergarbeiterkinder unter anderem dadurch unterstützt, dass sie diese in ihre gemeinsame Wohnung an der Mont-Cenis-Straße eingeladen hätten. In besonderen Fällen sei die Hilfe über „Stullen“ und Nachhilfe hinausgegangen. So habe sie beispielsweise eine Vollwaise auf dem elterlichen Hof untergebracht. Neben der konkreten materiellen Hilfe durch ihr Lehrergehalt habe sie den leidenden Menschen auch geistlich zur Seite gestanden, so Schug.
Für seine Recherche hat der Hobby-Historiker unter anderem Akten und Bücher gewälzt, den Engelschen Bauernhof besucht und mit Nachfahren ebenso gesprochen wie mit Vertretern der Schönstätter Marienschwestern. „Das Engagement von Emilie Engel hat mich fasziniert“, sagt er.
Diese Faszination hat er in die ausführliche schriftliche Ausarbeitung „Der Engel von Sodingen“ münden lassen. Und bei einer vom historischen Verein „Hün un Perdün“ organisierte Stadtteilführung berichtete er jüngst vor 120 Zuhörern am ehemaligen Wohnhaus Engels über die Verdienste der Lehrerin.
Wichtige Etappe im Seligsprechungsprozess
1926 gründete Emilie Engel mit Pater Kentenich in Vallendar (Landkreis Mayen-Koblenz) die Gemeinschaft der Schönstätter Marienschwestern. Fortan stellte sie ihre gesamte Kraft in den Dienst dieser Gemeinschaft. Die Ordensschwester starb 1955 im Alter von 62 Jahren nach langer Krankheit.
Im Mai 2012 erkannte Papst Benedikt XVI. Emilie Engel den „heroischen Tugendgrad“ zu. Mit dieser Feststellung sei eine wichtige Etappe im 1999 eröffneten Seligsprechungsprozess von Emilie Engel abgeschlossen und die „vorletzte Stufe erreicht“, so das Säkularinstitut der Schönstätter Marienschwestern.