Herne. . Ein halbes Jahr nach Abschluss des neuen Tarifvertrags zeichnet sich ab, dass die Metaller auf Geld verzichten und freie Tage wählen.

Anfang des Jahres haben sich die Metaller mit den Arbeitgebern eine intensive Tarifauseinandersetzung geliefert. Eine der Hauptforderungen der Metaller war die nach flexibleren Arbeitszeitmodellen, um den Mitarbeitern mehr Freiräume zur Erziehung oder Pflege von Angehörigen zu geben. Die IG Metall setzte sich durch – und die Resonanz gibt ihr offenbar Recht. Denn die sei sehr lebhaft, sagt Hernes IG Metall-Chefin Eva Kerkemeier auf Anfrage der WAZ-Redaktion.

Dabei stehe ein zusätzlicher Tarifvertrag im Mittelpunkt des Interesses. Der regelt, dass Beschäftigte im kommenden Jahr wählen können zwischen einer Einmalzahlung oder eine Umwandlung in acht zusätzliche freie Tage. In einem Herner Unternehmen hätten bereits jetzt von rund 650 Kollegen 50 diese Umwandlung beantragt. Anträge können noch bis zum 31. Oktober gestellt werden. Kerkemeier geht davon aus, dass auch in den anderen Betrieben ein ähnlicher Prozentsatz erreicht wird. „Das Motto ,Lebenszeit ist uns wichtiger als Geld’ hat sich durchgesetzt bei den Mitarbeitern“, so Kerkemeier. Die Einstellung habe sich in den vergangenen Jahren verändert. Der Job sei zwar toll, aber nicht alles. Die Umwandlung werde genutzt, um sich den Kindern oder der Pflege von Angehörigen zu widmen.

Die 1. Bevollmächtigte der IGM Bochum-Herne, Eva Kerkemeier
Die 1. Bevollmächtigte der IGM Bochum-Herne, Eva Kerkemeier © Theobald

Nicht so stark nachgefragt sei die Möglichkeit, die Arbeitszeit für einen befristeten Zeitraum auf bis zu 28 Stunden zu reduzieren. Jene, die sich für dieses Modell interessierten, seien ältere Beschäftigte, die mit Blick auf den Renteneintritt „proben“ wollten, wie sie mit weniger Geld zurechtkommen.

Mitarbeiter-Tausch wegen guter Auftragslage in Herne kein Thema

Auch in anderer Hinsicht hatte die IG Metall neue Wege angekündigt. Knut Giesler, NRW-Bezirksleiter der IG Metall, will mit den Arbeitgebern eine Vereinbarung aushandeln, die es möglich macht, dass die rund 400 tarifgebundenen Betriebe im Ruhrgebiet die Möglichkeiten erhalten, Mitarbeiter untereinander auszutauschen. So soll einerseits dem Fachkräftemangel begegnet werden, andererseits sollen Unternehmen nicht gleich zum Arbeitsplatzabbau greifen müssen, wenn sie für längere Zeit unter Auftragsflauten leiden.

Ganz so neu sei dieses Modell nicht, erläutert Eva Kerkemeier, schon 2008 habe man mit einem Austausch innerhalb der Betriebe versucht, der Wirtschaftskrise – die durch die Lehman-Pleite ausgelöst worden war – zu begegnen. Im Grundsatz hält Kerkemeier dieses Modell für tragbar. Gute Elektroniker oder Mechaniker könnten sich schnell in technische Zusammenhänge einarbeiten. Doch gerade in Herner Unternehmen bestehe zurzeit keine Notwendigkeit – die Auftragslage sei bestens. Und sie weist auf eine potenzielle Gefahr hin: dass ausgeliehene Mitarbeiter nicht mehr zurückkehren, weil das neue Unternehmen bessere Bedingungen biete.