Herne. . Jugendliche aus Marseille, Neapel und Bochum/Herne zeigten zum Pottfiction-Auftakt Inszenierungen, die sich dem Thema Arbeit widmen.

Wie in einer Oase spannen sich die Leinen der bunten Zeltstadt über der sonnenverbrannten Wiese. Französischer Rap schallt aus den Boxen, und junge Menschen in luftigen Hosen und kleinen Tätowierungen wuseln umher. Unter dem Motto „Dystopien – Utopien“, eröffnete am Samstag das Pottfiction-Camp an den Flottmann-Hallen. Die Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik und Herner Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering durchtrennte zum feierlichen Auftakt das rosafarbene Band zu „Pottropolis“ und ließ nun auch die zahlreichen Besucher am regen Stadtleben teil.

Hohe Arbeitslosigkeit im Süden

„Heute ist die Welt bei uns. Internationalismus kennen wir, und niemand muss uns erklären, wie Heimat geht“, begrüßte Müntefering in ihrer Ansprache das Projekt. Eine weitere Premiere feierte dabei das internationale Jugendtheater „Cities on the Edge“. Erstmals kamen deren drei Theatergruppen aus Marseille, Neapel und Bochum/Herne zusammen und formulierten in Theaterdarstellungen abseits der Konvention ihre Kritik am Arbeitsmarkt und der hohen Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen Ländern Europas.

Friche la Belle de Mai aus Marseille tanzt.
Friche la Belle de Mai aus Marseille tanzt. © Klaus Pollkläsener

Ein nicht zu überhörendes Fanfarensignal gibt schließlich den Startschuss für das erste Stück. In hektischen Bewegungen zeigte die Breakdance-Gruppe aus Marseille in ihrer Choreografie „Opus – eine künstlerische Recherche zum Thema Arbeit“ den in eine Maschine verwandelten Menschen – einem Uhrwerk gleich. Die Hitze in den Flottmann-Hallen lässt die Tänzer unbeeindruckt, während ausgelegte Flyer vom Publikum zum Fächer umfunktioniert werden. Tosender Applaus krönt die stumme Performance, die lediglich von minimalistischen Elektrobeats getragen wurde. Wollte man hinaus an die frische Luft, wurde man sogleich von in gelben Gewändern gekleidete Gestalten empfangen, die regungslos dastanden, die Gesichter von emotionsfreien Masken bedeckt. „Früher war alles schlechter als heute…außer der Zukunft“, eine Kooperation des Theater Kohlenpott Herne und dem Jungen Schauspielhaus Bochum, gab dem Tag einen seltsam morbiden Anstrich. Von einem Mantra beruhigender Worte umströmt, ziehen die Gestalten das Publikum in eine Einöde sinnloser Tristesse, die in einzelnen Stationen im Inneren aufgebaut sind. Da werden Bücher bis zum Zerfetzen gelesen und derselbe Brei immer wieder aufgetischt. Zum Schluss fallen Masken und der Mensch dahinter wird sichtbar.

© Klaus Pollkläsener

Mit „I Kiwi di Napoli“ (Kiwis von Neapel), der Theatergruppe „Nuovo teatro Sanità“ aus Neapel verband Regisseur Mario Gelardi drei Geschichten der Angst rund um den Vesuv zu einem dramatischen Thriller. Den Text schrieb der deutsche Dramatiker Philipp Löhle, der die auch subtile Gemeinplätze zwischen den beiden Kulturen einfließen ließ, die es wegzuwischen gelte.

Camp öffnet eine Woche

Am Sonntag standen an den Flottmann-Hallen Performances auf dem Programm.Nächsten Samstag (25.) findet ab 18 Uhr im Alten Wartesaal, Bahnhof Herne, eine „Reise nach Pottropolis – eine utopische Workshop-Präsentation“ statt. Das Pottropolis-Camp ist bis Samstag außer Mittwoch von 20 bis 23 geöffnet.