Antonio Blanquez und Dirk Plötzke führen seit 1. Juli als Vorstand die Geschäfte der Sparkasse. Sie geben ein Bekenntnis zum Filialnetz ab.

Die Herner Sparkasse hat seit 1. Juli einen neuen Vorstand. Antonio Blanquez löst den langjährigen Vorstandsvorsitzenden Hans-Jürgen Mulski ab, Dirk Plötzke rückt auf den zweiten Vorstandsposten. Er war zuvor stellvertretendes Vorstandsmitglied. WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann sprach mit beiden über die neue Verantwortung und über die Herausforderungen, die auf die Sparkasse in der Zukunft warten.

Herr Blanquez, Herr Plötzke, Sie waren beide bereits im Vorstand der Herner Sparkasse. Ist der Wechsel jetzt ein großer Schritt für Sie?

Blanquez: Ich bin ja seit elfeinhalb Jahren im Vorstand mit Herrn Mulski tätig gewesen, deshalb wird sich an meiner täglichen Arbeit im Vergleich zu meiner bisherigen Tätigkeit nicht viel ändern, aber natürlich kommt zusätzliche Verantwortung auf mich zu, dessen bin ich mir bewusst. Bei Herrn Plötzke dürfte es etwas anders sein...

Plötzke: ...für mich ist das natürlich ein bisschen anders, ich bin ja erst seit eineinhalb Jahren im erweiterten Vorstand. Der Schritt zum ordentlichen Vorstandsmitglied ist für mich ein besonderer, weil viele zusätzliche Aufgaben auf mich zukommen. Dem begegne ich mit großer Vorfreude und freue mich riesig auf den neuen Verantwortungsbereich.

Vorstands-Chef Antonio Blanquez sieht die Herner Sparkasse trotz der Delle des niedrigen Zinsniveaus gut aufgestellt.
Vorstands-Chef Antonio Blanquez sieht die Herner Sparkasse trotz der Delle des niedrigen Zinsniveaus gut aufgestellt. © Rainer Raffalski

Ist die höhere Verantwortung keine Last?

Blanquez. Nein, ich weiß ja, was kommt. Ich empfinde das nicht als Belastung, ich bin stolz darauf, dass ich das Vertrauen des Verwaltungsrats erhalten habe und ich glaube, uns wird es gelingen, die Sparkasse in eine gute Zukunft zu führen.

Was wartet denn in der Zukunft auf Sie und die Herner Sparkasse?

Blanquez: Sie wissen ja um die schwierige Phase, die die Bankenwelt zurzeit durchlebt, das gilt natürlich auch für die Herner Sparkasse. Wir befinden uns in einer Niedrigzinsphase, die noch einige Zeit andauern wird. Es deutet ein wenig auf eine leichtere Entspannung hin, aber damit ist noch lange nicht verbunden, dass wir mit steigenden Zinsen oder sogar stark steigenden Zinsen rechnen können. Damit ergeben sich besondere Herausforderungen für Sparkassen und auch Volksbanken mit ihrem ganz klassischen Geschäftsmodell.

Ist diese Phase nicht abgeschlossen?

Plötzke: Vor zehn Jahren befanden wir uns in der heißen Phase der Lehman-Pleite und der damit verbundenen Finanzkrise, damals gab es noch ein höheres Zinsniveau. Wir wachsen aber so langsam in eine Phase, in der sich die langjährigen Zehnjahres-Bindungen auf niedrigem Niveau als Dauerlösung in der Bilanz niederschlagen. Das ist die große Herausforderung. Diese Niedrigzinsbindung werden wir noch einige Zeit vor uns herschieben.

Welche Instrumente haben Sie, um gegenzusteuern?

Plötzke: Es gibt schon einige. Unsere Eigenanlagen steuern wir zum Beispiel in gestaffelten Laufzeiten, um von veränderten Marktbedingungen zu profitieren.

Blanquez: Grundsätzlich ist dieses niedrige Zinsniveau für uns nicht besorgniserregend. Wir sind gut aufgestellt, so dass wir das Haus durch diese Delle am Markt manövrieren können. Wir kommen auch eine Zeit lang mit niedrigeren Betriebsergebnissen aus, so lange wir unsere Risiken im Zaum halten. Wir müssen zum Beispiel an den Kapitalmärkten vorsichtig agieren und dürfen uns dort keine Fehler erlauben.

Dirk Plötzke freut sich auf seine neuen Verantwortungsbereiche.
Dirk Plötzke freut sich auf seine neuen Verantwortungsbereiche. © Rainer Raffalski

Und so lange können Sie auch den Beitrag zum städtischen Haushalt leisten?

Blanquez: Wir haben für 2017 eine ordentliche Summe ausgeschüttet, bundesweit stehen wir im Verhältnis zu unserer Größe ganz weit oben. Das haben wir gerade so auch von unseren Prüfern bestätigt bekommen. Wir werden auch für dieses Jahr alles versuchen, dass wir den Erwartungen gerecht werden. Es ist aber auch so, dass wir bei niedrigeren Ergebnissen auch darauf achten müssen, dass unsere Ausschüttungen in einem angemessenen Verhältnis zu unseren Ergebnissen stehen. Bei niedrigeren Ergebnissen ist es normal, dass man sich auch diesen Gedanken stellen muss.

Das heißt, auch all jene, die bislang von Spenden und Sponsoring profitiert haben, müssen aufmerksam auf die Sparkasse schauen?

Blanquez: Bislang kann ich deutlich Entwarnung geben. Wir haben bei Spenden und Sponsoring unser Engagement nicht gravierend senken müssen, im Moment haben wir keinen Grund zur Sorge, aber es kann sein, dass wir irgendwann einmal überlegen müssen, in welcher Größenordnung wir uns engagieren können.

Die Herner Sparkasse ist ja relativ klein im Vergleich. Gibt es vor dem Hintergrund der schwierigen Phase Gedanken, mit anderen Sparkassen zu fusionieren?

Blanquez: Diese Welle gab es bereits vor ein, zwei Jahren. Im Moment hat sich dieser Fusionstrend abgeflacht, man hört kaum etwas von neuen Fusionen. Und für uns selber gilt: Wir treten an mit dem Ziel, die Herner Sparkasse auch in den nächsten zehn Jahren und noch länger als selbstständige Sparkasse weiterführen zu können, denn das ist ein unschätzbares Gut, das die Stadt in ihren Händen hält. Und wir werden alles dafür tun, dass das auch so bleibt.

Mit einer Fusion würde ja dann wohl auch ein Stück lokale Identität verschwinden...

Plötzke: Selbstverständlich. Ich bin ja ein Eigengewächs der Herner Sparkasse, deshalb liegt mir ganz besonders viel an der Eigenständigkeit. Deshalb stellt sich die Frage einer Fusion für mich nicht. Aber richtig ist, dass die Herner Sparkasse von größeren Häusern umringt ist. Die Identität eines kleineren Hauses würde im Falle einer Fusion in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die geplante Schließung der Filiale Langforthstraße hatte Proteste hervorgerufen, die Sparkasse hat ihre Entscheidung verteidigt.
Die geplante Schließung der Filiale Langforthstraße hatte Proteste hervorgerufen, die Sparkasse hat ihre Entscheidung verteidigt. © Steimann

Wenn Erträge und Zinsen nicht mehr in dem Maße zum Ergebnis beitragen wie früher, kann man auf der Kostenseite nachschauen.

Da kommen sicher die Geschäftsstellen in den Blick. Bleibt das Herner Filialnetz in den nächsten Jahren in seiner jetzigen Form erhalten?

Plötzke: Wir führen regelmäßig Standortanalysen durch. Das ist kein neues Thema. Und dabei schauen wir uns insbesondere die Entwicklung des Kundenverhaltens an. Das hat sich verändert. Wir beobachten, dass die Frequenz an den einzelnen Standorten rückläufig ist, die Digitalisierung spielt da sicher eine große Rolle.

Blanquez: Im Schnitt besuchen unsere Kunden eine Geschäftsstelle ein bis eineinhalb mal im Jahr. Online oder per App besuchen sie uns aber drei- bis viermal am Tag, um Bankgeschäfte zu tätigen oder um ihre Finanzen nachzuhalten. Da ist schon ein gewaltiger Wandel erkennbar. Aber es gibt nicht den klassischen Online-Nutzer, der sagt: Ich besuche die Sparkasse gar nicht mehr.

Plötzke: Deshalb wollen wir dauerhaft flächendeckend in Herne erhalten bleiben.

Nimmt die Anzahl der Geschäftsstellen nicht durch die Digitalisierung automatisch ab? Der Chef einer großen Direktbank hat das Ende der Filialen vorhergesagt. Teilen Sie diese Vorhersage?

Blanquez: Aus Sicht des Vorstandsvorsitzenden einer Direktbank ist diese Aussage natürlich nicht überraschend. Die Tendenz, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, deutete darauf hin, dass die Zahl der Geschäftsstellen sinkt. Wir haben in der Vergangenheit sehr dezent Standorte zusammengelegt. In den vergangenen fünf Jahren nur zwei Geschäftsstellen. Und das an Standorten, an denen die Kundenfrequenz einen weiteren Verbleib nicht mehr gerechtfertigt hätte.

Plötzke: Hinzu kommt, dass wir an den meisten Standorten mit SB-Technik für Überweisungen oder Bargeldabhebungen weiter vertreten sind. Wir wollen die Wege für unsere Kunden in einem tolerierbaren Rahmen halten.

Wie genau ändert sich das Kundenverhalten der Sparkassenkunden?

Plötzke: Wir beobachten nicht, dass das eine Frage des Alters ist, ob und wie das Smartphone oder die Geschäftsstelle für Bankgeschäfte genutzt werden. Wir haben den 19-jährigen Berufsstarter, der die Geschäftsstelle gerne aufsucht, um Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Wir haben aber genauso den 70-jährigen Pensionär, der fast nur noch die App der Sparkasse nutzt. Unser Ziel ist, die Kunden dort abzuholen, wo sie abgeholt werden möchten. Wir müssen die Geschäftsstellen mit Service und Beratung einerseits und das digitale Angebot andererseits eng miteinander verzahnen. In dieser Hinsicht fühlen wir uns sehr gut aufgestellt. Wir sind auch bereit, die nächsten Schritte zu gehen.

Wenn man diese Schritte konsequent geht, kommt man vielleicht zu der Frage: Brauchen wir überhaupt noch Banken. Es gibt ja inzwischen eine Reihe von Technologien, mit den sich zum Beispiel Zahlungen und Überweisungen abwickeln lassen.

Blanquez: Ich glaube, wir sind weit davon entfernt zu sagen, dass Banken überflüssig werden. Auch wenn die großen Konzerne wie Google oder Paypal alles daran setzen, uns als Banken durch eigene Zahlungssysteme oder Kreditkartenangebote zu ersetzen, leisten Banken wesentliche Funktionen, die diese Player in dieser Form nicht erfüllen. Ich bin sicher, dass es ganz viele Menschen gibt, die bei einer Beratung gerne einen Menschen aus Fleisch und Blut vor sich sehen möchten und nicht irgendeinen Robo-Berater. Für die Herner Sparkasse sind die Kompetenz-Center eine Erfolgsstory, da merken wir, dass das richtige Kundenklientel auf die richtigen Berater stößt. Und das wird wertgeschätzt.

Hans-Jürgen Mulski: Abschied nach über 26 Jahren

Mit der Bestellung des neuen Vorstands zum 1. Juli endete auch eine Ära in der Herner Sparkasse.

Hans-Jürgen Mulski verabschiedete sich nach über 26 Jahren bei der Herner Sparkasse in den Ruhestand.
Hans-Jürgen Mulski verabschiedete sich nach über 26 Jahren bei der Herner Sparkasse in den Ruhestand. © Rainer Raffalski


Der langjährige Vorstandsvorsitzende Hans-Jürgen Mulski trat in den Ruhestand.

Über 26 Jahre war Mulski für das Herner Kreditinstitut tätig. 1992 wurde er zum stellvertretenden, 1994 zum ordentlichen Vorstandsmitglied ernannt. 2002 übernahm der heute 60-Jährige den Vorstandsvorsitz.