Herne. . Ratsvertreter berichten nach ihrer Rückkehr in der WAZ-Redaktion über die Aussichten einer Städte-Ehe mit der chinesischen Metropole Luzhou.
Die China-Delegation ist wieder daheim. Beeindruckt kehrten die Wegbereiter einer möglichen Städtepartnerschaft mit der 4,5-Millionen-Metrople Luzhou nach Herne zurück. Die Entsandten der Ratsfraktionen SPD, CDU, Grüne, Linke und Piraten-Alternative Liste trafen sich am Mittwoch in der WAZ-Redaktion. Dort ging es um zwei Fragen: Wird eine Städte-Ehe befürwortet? Was waren die gravierendsten Eindrücke, die sich in die Erinnerungen an die Reise ins Reich der Mitte eingebrannt haben?
Ein bisschen Skepsis bleibt
Trotz positiver Eindrücke bleibt vor allem Veronika Buszewski (Linke) skeptisch: „Ich weiß gar nicht, warum eine so große Stadt wie Luzhou ein derartiges Interesse am kleinen Herne hat.“ Als dann der WAZ das Visum verweigert wurde, habe sie überlegt, ob sie überhaupt mitfliege. „Und jetzt kommt noch die Geschichte mit der Präsentation der Tibet-Fahne hinzu“, sagt Veronika Buszewski. „Was Menschenrechte angeht, müssen wir eindeutiger Farbe bekennen.“
Letztendlich müsse aber ihre Fraktion über einen Partnerschaftsvertrag entscheiden.
Dieser Meinung schließen sich die Vertreter der anderen Fraktionen an. Obwohl diese sich eindeutiger zu einer Städtepartnerschaft mit der Metropole in der Provinz Sichuan positionieren. „Es gibt zahlreiche Punkte, in denen eine fruchtbare Kooperation möglich wäre“, findet Raoul Roßbach (Grüne). Deutlich Stellung beziehen könnte die Stadt trotzdem in Zukunft, sowohl was die Mitreise von Journalisten angeht, als auch was das Bekenntnis zur Unabhängigkeit Tibets anbelange: „Dass die Stadt aus Rücksicht auf die Chinareise in diesem Jahr nur die Fahne zeigte, nicht aber den dazu gehörenden Text veröffentlichte, das ist schon etwas albern.“
Positives zur Städtepartnerschaft
„Ich bin grundsätzlich positiv zu einer Städtepartnerschaft eingestellt“, sagt Bettina Szelag (CDU). Als ersten Schritt sehe sie aber keine bürgerschaftliche Basis, die eine Städteehe mit Leben füllen könnte. „So etwas wird wohl erst im zweiten oder dritten Schritt möglich sein.“ Im Vordergrund stehe für sie eine bildungspolitische und kulturelle Annäherung.
Pressefreiheit und das Thema Tibet könnten zwar eine schwere Hürde für eine Annäherung sein, erklärt Bernd Schroeder (Piraten). Andererseits wäre es verkehrt, einen Kontakt vollständig zu vermeiden. Gerade vom deutsch-chinesischen Bildungswerk, das auf dem ehemaligen RAG-Gelände an der Shamrockstraße geplant ist, könne Herne profitieren, aber auch auf wirtschaftlicher Basis. „Ich persönlich würde für eine Städtepartnerschaft stimmen, in der Fraktion gibt es dazu aber noch Gesprächsbedarf“, so Schroeder.
SPD-Fraktionschef Udo Sobieski ist für die Städte-Ehe und will seiner Fraktion eine entsprechende Empfehlung geben. „Dass es in China Probleme mit Menschenrechten und Pressefreiheit gibt, wussten wir vorher. Das Interesse an einer Städtepartnerschaft ist von chinesischer Seite aber riesengroß.“ Spannend seien für Chinesen die Elektro-Mobilität sowie das Gesundheits- und Bildungswesen. „Sie sind aber auch beeindruckt, wie wir im Ruhrgebiet den Strukturwandel ohne gesellschaftliche Brüche hinbekommen haben.“
„Großer Bahnhof“ für die Gäste
Am beeindruckendsten sei für sie der „große Bahnhof“ gewesen, der der Gruppe sowohl in der Provinzhauptstadt Chengdu als auch in Luzhou bereitet worden sei, sagt Bettina Szelag. „Schöne Parks, aber erschreckende Wohntürme, für Deutsche gewöhnungsbedürftig“, meint die Christdemokratin.
„An erster Stelle steht für mich die unwahrscheinlich große Gastfreundlichkeit“, zeigt sich Udo Sobieski (SPD) beeindruckt. Man sei von hochrangigen Leuten empfangen worden, die allesamt ihr Zeitbudget überschritten hätten.
Erstaunt war die Herner Gruppe über die perfekte Infrastruktur und die Sauberkeit der Städte. „Die Dimensionen sind gewaltig, vor allem auf dem Flughafen in Peking“, blickt Bernd Schroeder (Piraten) zurück. Raoul Roßbach (Grüne) findet es erfreulich, wie sich die Chinesen bei Erneuerbaren Energien und E-Mobilität engagierten. Veronika Buszewski (Linke) gibt zu bedenken, dass die Städte zwar gepflegt aussähen, das aber wohl auf Kosten der Wanderarbeiter.