Herne. . Bildungsexperten haben darüber diskutiert, wie man benachteiligte Schüler fördern kann. Im Mittelpunkt standen die sogenannten Talentschulen.
Wie können benachteiligte Schüler besser gefördert werden? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, stellten im Talentkolleg Ruhr Experten auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung ihre Ideen vor. Stichwort: Talentschulen.
Eingeladen waren Franziska Müller-Rech, schulpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion in NRW, und Andreas Merkendorf, Geschäftsführer des Philologen-Verbands NRW. Frank Meetz nahm als dritter Teilnehmer seine Funktion als Geschäftsführer des Talentkollegs Ruhr der Westfälischen Hochschule wahr. Unter den Zuhörern, die nach den Vorträgen zur Diskussion beitrugen, waren viele Schulleiter sowie Vertreter aus Wirtschaft und Politik.
Es habe sich die Frage gestellt, so Monika Ballin-Meyer-Ahrens von der Friedrich-Naumann-Stiftung, an welchem Ort denn eine so geartete Veranstaltung stattfinden könne. „Wir wollten dorthin gehen, wo es drückt“, so Ballin. In Herne drücke es.
Gerade in Nordrhein-Westfalen und besonders in Herne lebten viele Kinder in armen Familien, 27 Prozent der in Herne lebenden Kinder und Jugendlichen stammten aus bildungsfernen Milieus, berichtete Meetz. Hier sei Talentförderung vonnöten, hier müssten Talentschulen auf den Weg gebracht werden.
Was heißt das konkret: „Schulen in problematischen Stadtteilen sollen sich in einem Pilotprojekt um zusätzliche Förderungen für insgesamt sechs Jahre bewerben können. Dreißig Schulen werden ausgewählt, die einen Bedarf aufweisen, aber auch über ein innovatives Konzept verfügen.“
Keine Angst vor Leuchttürmen
So heißt es in einer Mitteilung der Stiftung. Ein Gutteil dieser 30 Schulen fielen auf Herne. Spezielle Talentscouts würden bestimmte Schüler entdecken und zur Förderung vorschlagen. Zum Beispiel, so Meetz, einen Schüler, der Spaß an Sprache habe, in der Familie aber keine „Support-Struktur“ erhalte, also in seiner Begeisterung nicht unterstützt werde.
Merkendorf warnte: „Ohne Bildung gehen in zehn bis fünfzehn Jahren in NRW die Lichter aus.“ Bildung rette die Kommunen und letztendlich auch das Land. Man müsse den Kindern klar machen: „Auch du kannst es schaffen!“
Müller-Rech sprach für ihre Partei mit den Worten: „Wir als FDP wollen jeden Menschen individuell anschauen.“ Bildungs-Chancen sollten vom Elternhaus losgelöst werden. Und: „Es geht nicht nur um Gymnasien, sondern auch um Hauptschulen.“
Im Publikum wurden Bedenken laut, dass nur Problemschulen gefördert würden, alle anderen aus dem Programm aber heraus fielen. Auch wurde gefragt, wie genau sich „Talent“ denn definiere. Ein Schulleiter sagte, gute Erfahrungen mit eigenständigen Schulen mit eigenem Budget gemacht zu haben. Man solle keine Angst vor diesen „Leuchttürmen“ haben.
Laut Frank Meetz besuchten 78 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten später eine Hochschule.
>> HERNE NRW-SPITZE BEI TALENTSCOUTING
Das Talentkolleg Ruhr an der Viktor-Reuter-Straße ist im September 2015 eröffnet worden. Nach einem Jahr hatte es seine selbst gesteckten Ziele deutlich übertroffen. Statt 50 wurden über 250 Schüler gefördert.
Herne war im vergangenen Jahr die erste Stadt in Nordrhein-Westfalen, in der alle weiterführenden Schulen - Gymnasien, Berufskollegs und Gesamtschulen - am Talentscouting des Talentkollegs teilnahmen.