Herne. Jeanette R. hat im März ihren Sohn verloren. Vor Gericht kämpft sie gegen den mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes. Zuhause kann sie oft nicht mehr.

Im Gerichtssaal, vor den wartenden Fernsehkameras, gibt sie sich kämpferisch. Reckt das Kinn trotzig nach oben, schaut dem mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes fest ins Gesicht. Doch wenn Jeanette R. allein in ihrem Wohnzimmer in der Dannekampsiedlung in Unser Fritz sitzt, dann kann sie oft nicht mehr.

Die Kinder sind an diesem Vormittag noch unterwegs. Die ehemalige Sicherheitsangestellte kauert auf einem Stuhl im Wohnzimmer – in der einen Hand eine Zigarette, in der anderen die Tasse Kaffee. Erinnerungsstücke stehen im ganzen Haus verteilt. Die 42-Jährige bekommt viele Geschenke: Bilder, Kuscheltiere, Star-Wars-Figuren für Film-Fan Jaden.

Kein Weihnachtsfest

Kein Weihnachtsbaum dagegen in diesem Jahr. Das Fest fällt aus. „Ich kann nicht feiern. Ich bin froh, wenn das alles vorbei ist“, sagt Jeanette R.. Vor knapp einem Monat hätte ihr Jaden seinen zehnten Geburtstag gefeiert.

Viele Geschenke bekommt die 42-Jährige. Die selbst gemalte Bild hat die Schwester des mutmaßlichen Täters geschenkt.
Viele Geschenke bekommt die 42-Jährige. Die selbst gemalte Bild hat die Schwester des mutmaßlichen Täters geschenkt. © Klaus Pollkläsener

Im Keller steht ein Kinderfahrrad. Das hatte sich Jaden im vergangenen Jahr so sehr gewünscht. „Der hat sich immer gefreut auf Weihnachten“, sagt seine Mutter und schaut auf den Boden. Ihre neue Ehe ist in den vergangenen Monaten unter der Last der Prozesses zerbrochen. Ihren Mann hatte sie kurz nach Jadens Tod geheiratet – der letzte Wunsch ihres Sohnes.

Jaden sei sonst immer ganz lieb gewesen. „Der war ein Streber, würde man sagen. Aber er mochte das Wort nicht.“ Viel Kuscheln wollte ihr Junge. „Das fehlt mir so. Selbst sein Generve vermisse ich heute.“

Reha mit den Kindern

Auf dem Boden steht ein großes Bild ihres Jungen. Auf dem Glas glänzen kleine Fingerpatscher. „Der Jüngste streichelt das Bild. Er versteht ja gar nicht, dass Jaden nicht mehr wieder kommt.“ Ihr siebenjähriger Sohn leidet seit der Tat unter Alpträumen. Er habe damals mit Jaden an der Tür gestanden, als der mutmaßliche Mörder schellte.

Mutter des ermordeten Jaden feiert kein Weihnachten

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    „Der Kleine weiß, dass es auch ihn hätte treffen können“, sagt Jeanette R.. Mit seiner Trauerbegleitung wird der Junge demnächst ein Gefängnis besuchen. „Ich hoffe, dass ihm das wieder ein Gefühl der Sicherheit vermittelt.“

    Urteil fällt im kommenden Jahr

    Jeanette R.. wohnt immer noch neben dem Haus, in dem ihr Sohn erstochen wurde. Im Keller fanden ihr Ex-Mann und ein älterer Sohn an diesem Abend im März den toten Jaden. Doch wegziehen möchte die Mutter nicht. „Ich habe das Gefühl, dass ich Jaden hier nah bin.“

    Im kommenden Jahr wird das Urteil im Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes fallen. Danach will sie mit ihren Kinder eine Reha machen. Jeanette R. erwartet nicht mehr viel vom Leben. „Es wäre schön, wenn es jetzt besser werden würde. Aber ich habe Angst vor dem, was wohl noch kommt.“