Herne. . Vor dem Herner Amtsgericht stand am Donnerstag ein Rentner (67). Dieser hatte einer Muslimin den Schleier ihres Nikabs heruntergerissen.

Ein 67-jähriger ehemaliger Gärtner stand am Donnerstag vor dem Herner Amtsgericht, weil er im September auf der Schulstraße in Herne-Mitte einer Muslimin den Gesichtsschleier ihres Nikabs heruntergerissen und später ausländerfeindliche Parolen gerufen hatte. Nachbarn hatten den Herner gestellt, der Muslimin ihren Schleier zurückgegeben und die Polizei gerufen.

Vor Gericht ging es am Donnerstag um die Toleranz anderer Kulturen, um Ausländerfeindlichkeit, um das Leben miteinander in Herne, wo so viele Menschengruppen aufeinander treffen.

Opfer lässt sich nicht vernehmen

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Die besondere Brisanz des Verfahrens vor dem Amtsgericht lag im Aufeinandertreffen zweier Kulturen und darin, dass sich Richter Frank Gutberger dazu entschieden hatte, die ihres Schleiers beraubte Muslimin nicht vor Gericht vorzuladen. „Ich kann die Frau nicht vernehmen, wenn sie vollverschleiert kommt“, sagte er nach der Urteilsverkündung und nachdem der Angeklagte den Gerichtssaal verlassen hatte. Auch die als Zeugin geladene Polizeibeamtin wurde nach der Reduzierung der Anklage auf den Beleidigungs-Tatbestand nicht mehr vernommen.

500 Euro Geldstrafe für Rentner

Unter Berücksichtigung seiner hohen Schulden und seiner geringen Rente muss der Verurteilte 500 Euro Strafe zahlen, die er nach Möglichkeit abarbeiten will. Die Anklage war von dem Vorwurf der Körperverletzung befreit und auf den der Beleidigung reduziert worden, weil es keine eindeutigen Beweise dafür gibt, dass die Muslimin wirklich verletzt wurde. Ihr Mann hatte behauptet, seine Frau sei bei der Attacke am Hals verletzt worden. Richter Gutberger: „Die Geschädigte ist nicht zur Vernehmung erschienen, sie will keine Aussage gegenüber der Polizei machen, man soll sich ausschließlich an ihren Mann wenden.“

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Der Angeklagte, der gegenüber der Polizei „Der Dreck muss weg“ gesagt hatte und sich damit auf die von ihm malträtierte Muslimin bezogen hatte, backte vor Gericht kleine Brötchen: „Ich habe das nicht so gemeint, und ich habe die Frau auch nicht verletzt. Wenn ich das nächste Mal auf eine Verschleierte treffe, werde ich einen großen Bogen um die Frau machen. Das verspreche ich Ihnen.“ Angeblich sei er durch die Verschleierung mit einer sogenannten Nikab, die der Trägerin nur einen Seh-Schlitz zur optischen Wahrnehmung ihrer Umwelt gewährt, verängstigt gewesen. Er sei kein Ausländerfeind, sagte der Angeklagte.

Standpauke vom Richter

Der Richter ordnete das jedoch anders ein. Es widerspreche sich, dass ein ängstlicher Mensch jemanden angreife. Er hielt dem Rentner eine Standpauke: „Hier gibt es Menschen aus vielen Regionen, man muss doch nur einmal über die Bahnhofstraße gehen. Das, was Sie hier machen, sorgt für Unruhe. Wenn es Ihnen in Herne nicht passt, zwingt Sie keiner, sich hier aufzuhalten.“

>>> Nikab, Tschador und Burka

  • Der Nikab ist ein Schleier, der von einigen muslimischen Frauen getragen wird, und zwar in Verbindung mit einem Tschador oder einem anderen, meist schwarzen Gewand.
  • Je kleiner das Feld sichtbarer Haut um die Augen, desto mehr ähnelt der Nikab der Burka (Ganzkörperschleier).