Heinrich Böckelühr ist neuer Präsident der Gemeindeprüfungsanstalt NRW, die ihren Sitz in Herne hat. Im Interview erläutert er seine Aufgaben.

  • GPA prüft, ob die Städte und Gemeinden wirtschaftlich und auch rechtmäßig handeln
  • Geprüft werden alle Bereiche eines städtischen Etats - vom Bürgerservice über Sportplätze bis zu Kitas
  • Böckelühr kennt als langjähriger Bürgermeister von Schwerte die Nöte einer verschuldeten Stadt

Herne. Heinrich Böckelühr ist seit dem 16. Oktober der neue Präsident der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) des Landes NRW, die an der Heinrichstraße in Herne-Mitte ihren Sitz hat. Im Gespräch mit Theo Körner erläutert der langjährige Bürgermeister von Schwerte seinen beruflichen Wechsel sowie die Aufgaben und die weiteren Perspektiven der Behörde.

Wie haben Sie reagiert, als sie von Ernennung erfuhren?

Böckelühr: Natürlich habe ich mich sehr gefreut, als ich hörte, dass die Landesregierung mich vorgeschlagen hat. Danach hat sich der Verwaltungsrat der Gemeindeprüfungsanstalt, in dem die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände sitzen, einstimmig für mich ausgesprochen. Ganz überraschend war das Votum aber nicht. Denn zugegebenermaßen hatte ich durchaus schon im Vorfeld Interesse an dem Amt erkennen lassen.

Gab es dann eigentlich auch einen Anruf, in dem Ihnen offiziell mitgeteilt wurde, dass Sie Nachfolger von Werner Haßenkamp werden, der zuvor acht Jahre Präsident der GPA war?

Ja, einen solchen Anruf hat es gegeben und zwar direkt, nachdem das Landeskabinett mich ernannt hatte.

Werner Haßenkamp war Vorgänger von Heinrich Böckelühr als Präsident der GPA.
Werner Haßenkamp war Vorgänger von Heinrich Böckelühr als Präsident der GPA. © Ralph Bodemer

Bestanden vorher bereits engere Verbindungen zwischen Ihnen und der GPA?

Als Bürgermeister von Schwerte hatte ich schon seit Jahren mit der GPA zu tun, weil die Stadt seit Jahrzehnten mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Als Schwerte dann 2012 eine von 64 Stärkungspaktkommunen wurde, entstanden nahezu zwangsläufig noch intensivere Verbindungen. Denn meine Heimatstadt bekam zwar nun eine Millionenspritze vom Land, aber nur unter der Bedingung, auch selbst den Haushalt zu sanieren. In diesem Prozess hat uns die Gemeindeprüfungsanstalt zur Seite gestanden. Darüber hinaus gibt es auch noch eine personelle Verquickung: Die heutige Kämmerin in Schwerte hat zuvor bei der GPA als Teamleiterin gearbeitet.

Was sind eigentlich die wichtigsten Aufgaben dieser Behörde?

Die GPA, um das vorauszuschicken, ist eine vergleichsweise noch junge Behörde in dem Sinn, dass sie erst per Gesetz zum 1. Januar 2003 errichtet wurde. Sie ist Teil der Aufsicht des Landes NRW über die Kommunen. Vorher waren im Wesentlichen die Kreise und die Bezirksregierungen damit befasst. Unsere Aufgabe heute besteht vor allem darin zu prüfen, ob die Städte und Gemeinden wirtschaftlich und auch rechtmäßig handeln. Dafür prüfen wir nicht ständig und überall, sondern nur in bestimmten Abständen und auf vergleichender Grundlage.

Können Sie das mal an einem Beispiel verdeutlichen?

Nehmen wir mal die Grünpflege, um die sich Kommunen kümmern müssen. Wir haben alle 396 Städte und Gemeinden in bestimmte Gruppen entsprechend ihrer Einwohnerzahl eingeteilt. Nun schauen sich unsere Mitarbeiter die Ausgaben der Städte einer Gruppe an, vergleichen die Zahlenwerke und können dann eine Aussage treffen, wie wirtschaftlich die Kommunen jeweils vorgehen. Auf diese Weise befassen wir uns nach und nach mit allen Bereichen eines städtischen Haushaltes, vom Bürgerservice über Sportplätze bis zu den Kitas. Am Ende einer jeden Prüfung erhalten die Städte einen ausführlichen Bericht, den wir in der Regel auch vor Ort präsentieren.

Und an den müssen sie sich dann künftig halten?

Nein. Wir verstehen uns nicht als Kontrolleure, die mit Sanktionen drohen oder sich als Besserwisser verstehen. Wir stehen den Kommunen beratend zur Seite, damit sie ihre Verwaltungen und Aufgaben besser steuern können. Die Städte und Gemeinden haben eine Richtschnur an der Hand und können selbst überlegen, wo sie besonderen Handlungsbedarf sehen.

2013 feierte die GPA NRW zehnjähriges Bestehen im Kulturzentrum. Zu den „Gratulanten“ von Präsident Werner Haßenkamp gehörten der damalige Innenminister Ralf Jäger und der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages und Vorsitzende des Verwaltungsrates Martin Klein (v.l.)
2013 feierte die GPA NRW zehnjähriges Bestehen im Kulturzentrum. Zu den „Gratulanten“ von Präsident Werner Haßenkamp gehörten der damalige Innenminister Ralf Jäger und der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages und Vorsitzende des Verwaltungsrates Martin Klein (v.l.) © Frank Peterschroeder

Nun nehmen wir mal den Fall an, eine Kommune möchte fachkundige Hilfe in Anspruch nehmen, weil ihr der Haushalt immer mehr aus dem Ruder läuft. Kann sie sich an die GPA wenden?

Klar. Kommunen können uns als Berater freiwillig zu Rate ziehen. So unterstützen wir derzeit 59 der 64 Städte und Gemeinden, die am Stärkungspakt Stadtfinanzen teilnehmen. Sie alle haben die gesetzliche Vorgabe, ihren Etat zu sanieren. Dazu gehört übrigens auch Herne.

Welche Ziele haben Sie sich als Präsident der GPA gesetzt?

Ein Stück weit hat die Landesregierung die Ziele schon vorgezeichnet. Im Koalitionsvertrag heißt es nämlich, dass „die GPA qualitativ gestärkt und das Aufgabenportfolio weiterentwickelt werden soll“. Ich möchte, dass die GPA ein Kompetenzzentrum ist, das mit hochqualifizierten Mitarbeitern und viel Expertise die Kommunen unterstützen kann. Es warten noch viele Aufgaben auf uns, Stichworte sind hier unter anderem E-Goverment oder auch virtuelles Rathaus. Mir ist sehr daran gelegen, dass sich die Gemeindeprüfungsanstalt mehr noch als Partner der Städte und Gemeinden versteht und ihnen auf Augenhöhe begegnet. Ich war selbst 18 Jahre lang Bürgermeister und bringe aufgrund meiner ehrenamtlichen Tätigkeiten insgesamt fast 40 Jahre kommunalpolitische Erfahrung mit ein.

In Herne wissen wahrscheinlich nur wenige Bürger, dass die Gemeindeprüfungsanstalt hier beheimatet ist. Wird sich das unter einem Präsidenten Heinrich Böckelühr ändern?

Natürlich möchte ich versuchen, dass die Menschen in Herne die GPA stärker wahrnehmen und auch darauf hinweisen, dass per Gesetz Herne als Behördensitz festgelegt wurde. Allerdings ist mir auch bewusst, dass unsere Dienstleistungen nicht direkt vom Bürger genutzt werden können und es daher keine wirklichen Berührungspunkte gibt.

Ohne aus dem Nähkästchen zu plaudern: Aber hat Oberbürgermeister Dudda Ihnen beim Antrittsbesuch schon etwas mit auf den Weg gegeben?

Wir sind uns beide darin einig, dass die kurzen Wege zwischen GPA und Rathaus durchaus von Vorteil sein können. Herne hat, wie allseits bekannt, erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, und die Stadt unternimmt große Anstrengungen, die Probleme zu lösen. Im Übrigen haben der OB und ich festgestellt, dass wir nahezu zeitgleich in Bochum Jura studiert haben.

Einmal zurück nach Schwerte: Fällt Ihnen der Abschied eigentlich schwer, zumal Sie so eng mit der Stadt verbunden waren?

Wenn man so lange und mit so viel Leidenschaft Bürgermeister einer Stadt war, ist ein Weggang natürlich nicht leicht. Aber ich wollte mich nochmal einer neuen Aufgabe stellen. Und das ist jetzt mit Mitte 50 genau der richtige Zeitpunkt.

Ziehen Sie nach Herne oder wollen Sie ihrer Heimatstadt Schwerte treu bleiben?

Dazu möchte ich mit zwei Zahlen antworten: Die erste urkundliche Erwähnung meiner Familie in Schwerte stammt aus dem Jahr 1096. Und zwischen Schwerte und Herne liegen gerade mal 36 Kilometer.

>> INFO: Zur Person

Heinrich Böckelühr ist 55 Jahre alt und hat Jura in Bochum studiert. Seit 1999 war er Bürgermeister von Schwerte. Er gehört der CDU an, ist verheiratet und Vater zweier Töchter.

Neben den Städten und Gemeinden zählen die Kreise, die Landschaftsverbände, der RVR, rund 200 Zweckverbände sowie etwa 650 Eigenbetriebe und sonstige prüfungspflichtige Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen zu den Kunden der GPA.