Herne. . Paul Ziemiak bewirbt sich für die CDU um das Direktmandat für den Bundestag. Warum den Iserlohner die Diskussionen um seinen Wohnort ärgern.

  • Paul Ziemiak (32) möchte für die CDU das Direktmandat in Herne holen
  • Iserlohner fühlr sich in Herne wohl, möchte seine sauerländische Heimat aber nicht verlassen
  • Seit der Geburt seines Sohnes im Juni habe sich für ihn vieles geändert

Und wieder vibriert das Handy in der Hosentasche. Paul Ziemiak hat es fürs Gespräch auf lautlos gestellt. Denn jetzt, mitten im Wahlkampf, gibt’s Anrufe im Minutentakt. Der Junge-Union-Chef, beim Termin mit Anzughose und lässig-blauen Turnschuhen, ist ein gefragter Gesprächspartner. Nur einmal nimmt er das Smartphone aus der Hose, seine Frau ist dran.

Der 32-Jährige schlendert draußen im Schatten an der Akademie Mont-Cenis vorbei. Das Herner Vorzeigeprojekt für den so häufig besprochenen Strukturwandel hat er sich als Treffpunkt ausgesucht.

Er lebt im sauerländischen Iserlohn

Paul Ziemiak braucht frische Luft, ein bisschen Bewegung vor der nächsten Fahrt im Wahlkampf-Bully. Denn die Wochen vor der Bundestagswahl machen müde. Ein Termin jagt den nächsten, gestern Abend noch in Berlin, heute wieder Herne. Und nachts hält ihn der drei Monate alte Sohn auf Trab.

Fürs Foto leiht sich Paul Ziemiak ein Fahrrad.
Fürs Foto leiht sich Paul Ziemiak ein Fahrrad. © Rainer Raffalski

Mit seiner Frau, einer Apothekerin, lebt der 32-jährige gebürtige Pole im sauerländischen Iserlohn. Mit vier Jahren ist er mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen, lebte zunächst in einem Auffanglager in Unna, kam dann nach Iserlohn.

Warum er sich nicht dort um den Bundestag bewirbt? Nun, der Wahlkreis dort war schon besetzt, erzählt er. Von Unstimmigkeiten, gar Streit um die Kandidatur will er nichts wissen. Nach dem Anruf, dass er in Herne kandidieren könne, habe er sich schnell entschieden. Ziemiak sagt zu. „Ich kenne die Stadt schon von meinem Praktikum bei Ingrid Fischbach im Jahr 2001 sehr gut. Von ihr habe ich viel gelernt.“

Nacht mit der Polizei verbracht

Auch eine Jugendfreundin aus seiner Zeit im Auffanglager in Unna lebt heute in Herne. Besucht hat er die junge Frau aber bis jetzt noch nicht. Ins Ruhrgebiet ziehen will Paul Ziemiak nicht. Dass das vielen Bürgern bitter aufstößt, kann er nicht verstehen. Schließlich seien die Städte gerade mal eine halbe Stunde mit dem Auto voneinander entfernt. Die Politik-Landschaft gefällt ihm in Herne gut: „Zwischen den Parteien herrscht hier keine Zwietracht.“

Auch interessant

Um die Stadt trotzdem noch besser kennenzulernen, war Ziemiak eine Nacht lang mit der Polizei unterwegs. „In Herne gibt es jeden Tag Herausforderungen, hier ist viel zu tun.“ Er sitzt im Polizeiauto, als ein Jugendlicher den Beamten davonrast und sich mit dem Wagen überschlägt. Er lernt die Probleme der Bürger kennen – und sucht nach Lösungen. „Nur die Erhöhung der Sozialleistungen ist keine Lösung. Wir müssen gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen, uns um Kinder kümmern und sie fördern.“

CDU-Mann will in Herne angreifen

Überhaupt sind Kinder gerade ein großes Thema im Leben des jungen Vaters. Der gebürtige Pole erzählt gerne vom kleinen Sohn, dessen Geburt so viel in seinem Leben verändert habe. Die ersten Wochen sei er zuhause geblieben, das hatte er der Ehefrau versprochen. Doch jetzt ist Wahlkampf. Trotzdem will er so wenig wie nur möglich verpassen. Sein Kompromiss: „Nach auswärtigen Terminen schlafe ich jetzt zu Hause.“

Auch interessant

Der CDU-Mann will in der SPD-Hochburg Herne angreifen. Trotz sicherem Listenplatz rechnet er sich auch beim Direktmandat Chancen aus. „Das ist kein Selbstläufer, aber ich glaube an den Sieg“, sagt der 32-Jährige.

An der Akademie strampelt ein kleines Mädchen jetzt auf ihrem Fahrrad am Außenbecken entlang. Fürs Foto leiht sich auch Paul Ziemiak ein Rad von einem Jungen und rauscht damit durchs flache Wasser. Der ist überrascht: „Und du bist wirklich ein Politiker?“

BVB-Fan wechselt nachts die Windeln

Das Windelwechseln meines Sohnes ist Aufgabe für ...

... mich. Wenn ich zu Hause bin, stehe ich nachts auf und übernehme das gerne. Das ist ja gerade am Anfang eines der wenigen Dinge, die man als Papa übernehmen kann.

Wie sieht’s denn beim Fußball aus: Borussia Dortmund oder FC Schalke?

Dortmund! Ganz klar. Bigos oder Currywurst?

Wenn’s um Bigos, den bekannten polnischen Eintopf geht, dann nehme ich Currywurst. Hätten Sie nach Piroggi gefragt, das sind polnische Maultaschen, dann hätte allerdings die Currywurst keine Chance gehabt. Das ist mein absolutes Lieblingsgericht. Den Ruhrpottler unterscheidet vom Sauerländer ...

... dass er offener ist und dir seine Meinung klar sagt – selbst wenn man gar nicht danach gefragt hat (lacht). Das gefällt mir sehr!

Zur Person: Auswanderer wird Junge-Union-Chef

> Paul Ziemiak heißt eigentlich Pawel. Er wurde am 6. September 1984 in Stettin in Polen geboren. Mit seinen Eltern kam er mit vier Jahren nach Deutschland, zunächst in ein Auffanglager in Unna.

  • > 2001 trat Ziemiak in die CDU ein und machte schnell Karriere. Seit 2014 ist er Vorsitzender der Jungen Union (JU). Ziemiak fiel im Jurastudium durchs Staatsexamen. Aktuell studiert er Kommunikationswissenschaften und arbeitet in einer Agentur. Während des Wahlkampfes ruhen seine Projekte.

  • > Der CDU-Mann lebt mit seiner Frau und dem dreimonatigen Sohn in Iserlohn.