Herne. . Die IHK Mittleres Ruhrgebiet, der rund 5000 Herner Unternehmen angehören, hat sich eine völlig neue Struktur gegeben. Das sind die Gründe.

  • In der Vergangenheit war die IHK Mittleres Ruhrgebiet sehr hierarchisch aufgebaut
  • Mit der neuen kreisförmigen Struktur will die Kammer schneller werden - zum Nutzen der Mitglieder
  • Die Finanzen haben sich stabilisiert, statt eines Defizits gab es 2016 einen Überschuss

Die Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet, der auch rund 5000 Herner Unternehmen angehören, hat sich eine völlig neue Organisationsstruktur gegeben, die in der deutschen IHK-Landschaft bislang einmalig ist. Das betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik im Gespräch mit der WAZ-Redaktion.

In der Vergangenheit war die Kammer streng hierarchisch aufgebaut. Zur Veranschaulichung: Von den ursprünglich rund 70 Mitarbeitern hatten allein 15 eine Führungsposition. Das sei nicht die Organisation der Zukunft, so Weik, noch nicht einmal der Gegenwart. „Wir haben ein Jahr lang mit allen Mitarbeitern diskutiert, welche Themen wir bearbeiten und welchen Mehrwert wir dadurch für unsere Mitglieder schaffen“, schildert Weik den Prozess. Das Ergebnis: Die Kammer hat die alte Struktur komplett über Bord geworfen.

Nur noch vier Kompetenzfelder

Eric Weik, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet, möchte mit der neuen Struktur schneller werden.
Eric Weik, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet, möchte mit der neuen Struktur schneller werden. © Dietmar Wäsche

Die früheren Geschäftsbereiche, die thematisch isoliert voneinander gearbeitet haben, sind verschwunden, die neue Struktur ist ein Kreis mit vier Kompetenzfeldern. Damit spiegelt die IHK das große Thema Industrie 4.0 wider – eine Welt, in der alles miteinander vernetzt ist und kein Thema mehr isoliert betrachtet werden kann. Wer sich mit der Unternehmensförderung beschäftige, müsse gleichzeitig das Thema Ausbildung im Auge haben. Hierarchien sind nun abgebaut, die Abteilungen verschwunden, jeder redet (dienstlich) mit jedem. Weik: „Mit der neuen Organisation können wir schneller auf Dinge reagieren, in der Vergangenheit war die Kammer zu schwerfällig.“ Dies soll sich ändern – die neue Struktur ist seit dem 15. März in Kraft.

Bundesweites Interesse an neuer Struktur

Weik freut sich besonders darüber, dass sich bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Mitarbeiter an dem Denkprozess beteiligt haben. Das Ergebnis hat sich längst bis zur Dachorganisation Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) herumgesprochen, Kammern aus dem ganzen Bundesgebiet beobachten aufmerksam die Entwicklung im mittleren Ruhrgebiet.

Auch in anderer Hinsicht hat die IHK das Ruder herumreißen können. Sie konnte ihre Finanzsituation deutlich stabilisieren. Zur Erinnerung: Nachdem die Kammer in der Vergangenheit auf Grund des Defizits in der Bilanz Personal abbauen und 2016 die Beiträge anheben musste, meldet sie nun für 2016 schwarze Zahlen.

Mehr Beitragseinnahmen als gedacht

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Ging die Kammer in ihrer Planung zunächst von einem Fehlbetrag von 1,47 Millionen Euro für 2016 aus, so stand am Ende ein Überschuss von 1,75 Millionen Euro. Dafür gab es drei Hauptgründe: Einerseits musste die Kammer auf Grund einer Gesetzesänderung 1,23 Millionen Euro weniger Rückstellungen für Pensionen bilden, durch den Hierarchieabbau wurden 344 000 Euro gespart – und: Es flossen 583 000 Euro mehr an Beiträgen als erwartet. IHK-Sprecher Jörg A. Linden: „Das zeigt, dass die gute Konjunktur im Bezirk angekommen ist. In der Summe geht es den Unternehmen auf der Ertragsseite besser.“

Auch 2017 laufe besser als geplant. In ihrer Hochrechnung bis Jahresende geht die Kammer von etwa einer Million Euro Beiträgen mehr als geplant aus, so dass am Ende statt eines erwarteten Defizits von 913 000 Euro erneut ein Plus stehen könnte. Eric Weik: „Und selbstverständlich sparen wir auch weiterhin.“

>> KOMMENTAR: UMWÄLZUNG IST GUT

der Wirtschaft gibt es seit einiger Zeit den Fachausdruck „Disruption“. Er bezeichnet neue Technologien und Geschäftsmodelle, die die alten in Windeseile an die Wand drücken. Das Internet und die Digitalisierung sind der große Beschleuniger für dieses Auseinanderreißen.

In der Vergangenheit musste man den Eindruck haben, dass fast alle IHKs diese Entwicklung mindestens ignorierten, wenn nicht sogar verschliefen. Auch im mittleren Ruhrgebiet. Nicht nur deshalb waren die Sympathiewerte eher mäßig.

In Bochum ist man aufgewacht , hat die Disruption im eigenen Haus vollzogen, um so in die Zukunft zu starten. Die neue Struktur der IHK hat das Zeug, die gesamte deutsche Kammerlandschaft umzuwälzen - gut so!