Herne. . Wenig Besserung auf dem Herner Ausbildungsmarkt: Kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres sind immer noch 816 junge Menschen unversorgt.
- Unternehmen meldeten 632 Lehrstellen - das sind 60 mehr als im vergangenen Jahr
- Arbeitsagentur-Chefin: Fehlende Ausbildung größter Risikofaktor für spätere Arbeitslosigkeit
- OB und IHK-Chef appellieren an Unternehmen, sich einen Ruck zu geben und auszubilden
Die Farben, mit denen die Lage auf dem Herner Ausbildungsmarkt gezeichnet wird, sind - trotz des blauen Sommerhimmels - weiterhin grau in grau. Die Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr fällt bescheiden aus. Aktuell sind nach Angaben der Agentur für Arbeit 816 junge Menschen ohne Ausbildungsplatz, 2016 waren es zu diesem Zeitpunkt 899. Seit Oktober haben sich 1448 Bewerber bei der Agentur auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz gemeldet, 23 weniger als ein Jahr zuvor. Demgegenüber stehen 632 gemeldete Ausbildungsstellen - 60 mehr. Aber: Es gibt noch offene Stellen (siehe unten).
Die Erfahrung lehrt, dass jedes Jahr, das sich zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn schiebt, die Vermittlung der Jugendlichen in eine reguläre duale Ausbildung erschwert. Regine Schmalhorst, Vorsitzende Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Bochum, zu der auch die Geschäftsstelle in Herne gehört, bekräftigt, wie wichtig die Ausbildungsvermittlung bis zur letzten Minute ist: „Keiner darf auf dem Weg in die Ausbildung verloren gehen. Eine fehlende Berufsausbildung zählt zu den größten Risikofaktoren für eine lang andauernde Arbeitslosigkeit. Eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung ist wichtig oder, wenn es damit nicht gleich klappt, eine Zusatzqualifizierung.“
Tipp der Arbeitsagentur: Berufswunsch überdenken
Es gebe immer Möglichkeiten und auch jetzt noch junge und motivierte Jugendliche, die als Nachwuchs für viele Unternehmen in Frage kommen. Es sei für alle Beteiligten der beste Weg, wenn keiner in einer Warteschleife verharren müsse, der schon jetzt bereit ist, gleich an den Start für eine berufliche Karriere zu gehen. Schmalhorst: „Ich empfehle den jungen Menschen in Herne, auch über die Stadtgrenzen hinaus zu suchen. Den Unternehmen sage ich: Melden Sie Ihre Lehrstellen, das bringt weiter und lohnt sich.“
Eine gute und vielversprechende Variante für junge Menschen biete auch die Möglichkeit, artverwandte Berufe ins Visier zu nehmen oder den Berufswunsch noch einmal ganz neu zu überdenken. Das Handwerk biete einen breiten Fächer an Ausbildungen. Viele Inhalte überschneiden sich, wie es zum Beispiel bei den Fachverkäufern der Fall ist. Und wer medizinische Fachangestellte werden möchte, sollte auch eine Blick auf die Ausbildung des zahnmedizinischen Fachangestellten werfen.
Chance vor geburtenschwachen Jahrgängen nutzen
„Man sieht, dass es noch eine weite Strecke ist“, so Oberbürgermeister Frank Dudda im Gespräch mit der WAZ-Redaktion. Doch es motiviere, dass es zehn Prozent mehr Angebote gibt. Die Botschaft, dass sich Ausbildung lohnt, scheine bei den Unternehmen angekommen zu sein. Dudda: „Ich möchte dafür werben, dass sich manche Unternehmen jetzt noch einen Ruck geben und sich nicht die Chance entgehen lassen, junge Menschen auszubilden, bevor die geburtenschwachen Jahrgänge kommen.“ Er werde sich mit Sicherheit weiter bei diesem Thema engagieren.
Dudda liegt auf der gleichen Wellenlänge wieder IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik. „Zehn Prozent mehr angebotene Lehrstellen als im Vorjahr ist ein deutliches Signal, dass vielen Unternehmen klar geworden ist, wie wichtig die Fachkräfte-Ausbildung für sie ist“, so Weik. Dennoch klaffe weiterhin eine Lücke, die schmerze. Weik: „Man kann und man muss es immer wieder betonen: Wer nicht für Fachkräfte-Nachwuchs sorgt, verabschiedet sich mit seinem Unternehmen von der Zukunft. Unser Appell lautet: Unternehmer, bildet noch mehr aus.“
>>UNBESETZTE STELLEN
Aktuell unbesetzte und zur Verfügung stehende Ausbildungen sind unter anderem: Fachverkäufer/in Lebensmittelhandwerk/Bäcker (28), Zahnmedizinische Fachangestellte/r (17), Medizinische/r Fachangestellte/r (16), Kaufmann/-frau Büromanagement (13), Fachkraft –Lagerlogistik (12), Verkäufer/in (11), Industriemechaniker/in (10), Kaufmann/-frau im Einzelhandel (9), Medienkaufmann/-frau (9), Gärtner/in – Garten- und Landschaftsbau (7).
Unternehmen, die noch einen freien Ausbildungsplatz zur Verfügung haben, können sich an den Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit wenden. Kontakt: 0800 4 5555 20.
Jugendliche können sich von der Agentur für Arbeit beraten lassen, welcher Beruf am besten zu einem passt: Kontakt
0800 4 5555 00.
>> HANDWERKSKAMMER STARTET AKTION
Die Handwerkskammer (HWK) Dortmund, zu der auch Herne zählt, will mit der Aktion „Mit einer Lehrstelle in die Ferien!“ all jenen helfen, die einen Monat vor Beginn des neuen Ausbildungsjahrs noch keine Lehrstelle gefunden haben.
Ab sofort stehen die Lehrstellenvermittler allen Interessierten zur Verfügung, um ihnen beim Finden einer passenden Lehrstelle behilflich zu sein, damit sie am 1. August oder 1. September beruflich durchstarten können. „Es gibt noch eine ganze Reihe von Betrieben, in denen man gern junge Menschen qualifiziert ausbilden möchte. Deshalb konzentrieren wir uns in diesen Tagen ganz besonders darauf, Bewerber und Anbieter so zeitnah und passgenau wie möglich zusammen zu bringen“, sagt Abteilungsleiter Tobias Schmidt.
944 Angebote (davon 45 in Herne) gibt es derzeit in der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Dortmund. In über 130 Handwerken, können Schulabgänger kurzfristig noch fündig werden.
Kontakt zum Team der Ausbildungsberatung:
0231 5493-333; E-Mail
ausbildungsberatung@hwk-do.de