Herne. Sie haben den härtesten Job auf der Cranger Kirmes: Toilettenfrauen. Eine von ihnen berichtet über viel Schmutz, Beschimpfungen und Betrunkene.

Ohne diese Damen wäre die Not groß. Dutzende Toilettenfrauen sorgen auf der Cranger Kirmes dafür, dass die Besucher einen sauberen Ort für kleine und große Geschäfte haben – und dass Crange sauber bleibt. Zumindest halbwegs... Denn wenn die Toilettencontainer schon zu haben, werden der Durchgang zur Kanalschleuse, der Friedhof und viele Hauswände zu Ersatzklos. „Je später der Abend, desto schlimmer“, so drückt es Ilona Skiba aus.

Die 67-Jährige weiß, wovon sie spricht: Sie ist Toilettenfrau mit viel Herz und – so kann man’s durchaus sagen – aus Leidenschaft. Skiba bessert durch die Arbeit auf Crange ihre Rente auf, sie mag den Umgang mit Menschen. Es gibt leichtere Jobs. Jeden Tag sitzt sie vor dem WC-Anhänger an der Ecke Haupt-/Friedrich-Brockhoff-Straße neben Blumenmann und ein-Euro-Imbiss. Sie sagt: „Das Publikum ist in den letzten Jahren ganz anders geworden, irgendwie aggressiver. Ich könnte Ihnen Geschichten erzählen, die möchten Sie gar nicht hören.“ Ein paar erzählt sie dann doch – wie sie von aufgetakelten Schülerinnen wegen ihrer ach so ekeligen Arbeit beschimpft wird, wie Betrunkene in der Kabine jede Hemmung verlieren, wie unauffällige Normalos plötzlich ausfallend werden, weil sie 50 Cent bezahlen sollen. Skiba hat sich dran gewöhnt: „Das geht ins eine Ohr rein und aus dem anderen wieder raus. Ich schlucke das einfach runter.“

Toilette auf der Cranger Kirmes

Auch andere, die beruflich mit den Bedürfnissen der Besucher zu tun haben, machen sich so ihre Gedanken. Das Restaurant „Krummer Hund“ liegt direkt am Cranger Tor. Eigentlich ein gediegenes Speiselokal, wird es während der tollen Tage zu einem Anlaufpunkt für alle, die die Getränke nicht mehr halten können. „Zweimal habe ich Spritzen auf dem Klo gefunden“, sagt Cheffe Branko Kupreskic. „Da war mir klar: Wir müssen etwas tun.“ Also erhöhte er die Gebühr für Nicht-Gäste um 50 Cent auf einen Euro.

Ein einfacher, aber wirkungsvoller Schritt, da die Toiletten im Krummen Hund nun doppelt so teuer sind wie die mobilen WC-Wagen. „Wenn einer sagt, die Toiletten bei euch sind zu teuer – das ist mir völlig egal. Während der Kirmes beschäftige ich ab 12 Uhr eine Toilettenfrau, die muss bezahlt werden“, so Kupreskic.

"Mit dem Besen eine drübergezogen"

Wer in dem Job arbeitet, muss ein dickes Fell haben. „Eine 20-Jährige kann man hier nicht hinsetzen“, sagt Klodame Ilona Skiba. Denn „die Zahlungsmoral der Besucher ist bescheiden“, schimpfte ihre Chefin Gabriele Märtin schon vor einigen Jahren im WAZ-Gespräch. Vier Toilettenwagen setzt der Castroper Betrieb Märtin & Glatzel auf Crange ein. Standgebühren fallen nicht an, aber die Firma muss ihre Mitarbeiter bezahlen, deshalb tun die gar nicht so wenigen Zechpreller weh. „Es kam auch schon vor, dass mich einer geschubst hat, als ich kassieren wollte“, erzählt Skiba, die resolut sein kann: „Da habe ich ihm mit dem Besen eine drübergezogen.“ Ilona Skiba macht trotzdem weiter – „solange ich kann, will ich arbeiten“.