Herne. . Durfte ein Herner Fahrlehrer während der Fahrstunde auf dem Beifahrersitz mit dem Handy telefonieren? Das muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden.
Fahrlehrer, keine Frage, sollten Vorbild sein. Darf es also Fahrlehrer geben, die während der praktischen Unterrichtsstunde auf dem Beifahrersitz mit ihrem Handy telefonieren? Im Frühjahr 2011 fand die Stadt Herne: Nein. Und hat mit ihrem Bußgeldbescheid über 40 Euro an die Adresse des mutmaßlichen Verkehrssünders in einem skurrilen Juristen-Streit mitgemischt. Der wird jetzt nach Jahren vom Bundesgerichtshof (BGH) grundsätzlich entschieden.
Der Mann habe als Führer eines Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobiltelefon benutzt, schrieb die Bußgeldstelle damals in den Bescheid. Was der zuständige Amtsrichter überhaupt nicht so sah. Schon ein halbes Jahr später kassierte das Amtsgericht Wanne den kommunalen Ukas (Az 21 OWi-64 Js 891/11-264/11). Für die straf- und ordnungsrechtliche Verantwortung eines Autofahrers komme es darauf an, wer das Fahrzeug gelenkt habe, stellte es trotzig fest. Der Fahrlehrer habe das Kraftfahrzeug“ eben „nicht geführt“. Also: Freispruch.
Ähnlicher Fall vor OLG Düsseldorf
Der Herner Amtsrichter stand damit nicht allein. Denn vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ging ein ähnlicher Fall aus Neuss ebenfalls an den Ausbilder auf dem Beifahrersitz - mit detaillierterer Begründung: Ein Fahrlehrer sei dann nicht Fahrzeugführer im Sinn des Handyverbots, wenn der Fahrschüler „ein fortgeschrittenes Ausbildungsstadium“ erreicht habe und sein Verkehrsverhalten „mittels mündlicher Anweisungen“ bestimmt werde. Konkret: Handyverbot gelte nur für den, der das „Fahrzeug in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen“ lenkt.
Aber wie es im traditionell bunten deutschen Justizwesen eben ist: Bayerische Richter hatten die Sache wenige Jahre zuvor völlig anders gesehen. 2009 hatte das Oberlandesgericht Bamberg verfügt, der Fahrlehrer sei grundsätzlich der „verantwortliche Fahrzeugführer“. Er müsse „notfalls sofort eingreifen“. Weil jetzt zwei Obergerichte, das eine so, das andere so, geurteilt hatten, hat das jüngst mit einem solchen Fall beschäftigte Karlsruher OLG lieber dem höchsten deutschen Gericht die Sache überlassen. Seine Frage an die Kollegen in den roten Roben: Was gilt?
"Wir empfehlen unseren Mitgliedern, nicht zu telefonieren"
Der jetzt beim BGH liegende Aktenstapel ist versehen mit einem Antrag des Generalbundesanwalts. Der ist für die harte Tour. Fahrlehrer, glaubt die oberste deutsche Anklagebehörde, sind Fahrzeugführer. Mit einem möglicherweise fortgeschrittenen Ausbildungsstand des Fahrschülers habe dies nun wirklich nichts zu tun.
Für Gerhard von Bressensdorf, den Vorsitzenden der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, ist die Sache klar: „Wir empfehlen unseren Mitgliedern, nicht zu telefonieren“. Denn: „Der Fahrlehrer muss der verantwortliche Fahrzeugführer sein“.
Im Ausnahmefall, wenn es zum Beispiel um den nächsten Termin gehe, könne der Fahrlehrer das Gespräch ja über eine - erlaubte - Freisprechanlage führen.