Heiligenhaus. Kassensturz nach dem „Lille Juleaften“-Konzert in Heiligenhaus ergibt tolle Spendensumme. Die Helfer brauchen das Geld nötiger denn je.
Den Ehrenamtlichen am Heiligenhauser Tafel-Standort ist die Anspannung anzumerken: Wieder mehr als 100 Gäste bei der Ausgabe, wieder viel zu wenig Lebensmittel. „Derzeit haben wir gerade bei Obst und Gemüse nur etwa ein Drittel der normalen Menge“, sagt der stellvertretende Standortleiter Elmar Hörster.
Das mache etwas mit den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern: „Sie müssen dann immer wieder mit Gästen, die enttäuscht sind, diskutieren“, sagt Hörster. Manchmal – zum Glück nicht allzu oft – gebe es sogar richtig böse Worte. „Aber was sollen wir machen? Wir können doch nur das ausgeben, was wir gespendet bekommen.“ Aktuell müsse man in Heiligenhaus an die „eisernen Vorräte“ gehen, also Gläser und Konserven, die für „schlechte Zeiten“ gebunkert wurden. „Jetzt sind diese schlechten Zeiten“, sagt Hörster.
Tafel in Velbert und Heiligenhaus steht im regelrechten Wettbewerb um Lebensmittel
Es gebe mittlerweile einen regelrechten Wettbewerb um Lebensmittel, sagt Renate Zanjani, bei der Bergischen Diakonie unter anderem für die Tafel verantwortlich. Es gebe „Foodsharer“, Restetüten – teils sogar über digitale Apps verkauft – und oft satte Rabatte kurz vor Ablauf der Mindesthaltbarkeitsdaten. Hinzu komme, so Zanjani weiter, dass große Händler mittlerweile vorsichtiger einkaufen würden und somit weniger Ware für die Tafel hätten. „Einerseits eine gute Entwicklung“, sagt Renate Zanjani, die daran erinnert, dass die Tafel angetreten sei, um Lebensmittel vor dem Wegwerfen zu retten. Auf der anderen Seite gebe es mittlerweile viele Menschen, die auf die Tafel angewiesen seien – mit den Lebensmitteln fest planen würden.
Überregionale Spenden verursachen auch Kosten für Benzin und Fahrzeugverschleiß
Und so versucht die Tafel Niederberg, in Zusammenarbeit mit anderen Tafeln aus der Region, auch überregional an Überproduktionen der Hersteller zu kommen. „Das ist mit viel Fahrerei verbunden“, so Zanjani. Neben Kosten für Benzin bzw. Diesel sei der Verschleiß an den Tafel-Fahrzeugen so auch recht hoch.
Musiker Lutz Strenger macht „Kassensturz“ der „Lille Juleaften“-Spenden
Insofern warteten die Tafel-Verantwortlichen am Dienstagnachmittag gespannt auf den Besuch von Lutz Strenger: Der passionierte Musiker stand am 3. Dezember gemeinsam mit Hannes Johannsen und weiteren Mitstreitern beim „Lille Juleaften“ auf der Bühne in der Kant-Aula. Ohne Gage. Ehrensache! Und die Kosten für das Konzert teilten sich die Sparkassenstiftung und die Stadt Heiligenhaus, sodass nun aus dem Verkauf von Eintrittskarten 4786,40 Euro gespendet werden konnten: Mit knapp 400 Besuchern wurde ein neuer Rekord aufgestellt. „Unfassbar, wenn man daran denkt, dass wir in der Corona-Zeit mit einem Livestream gestartet sind – als Notlösung, weil das Neujahrskonzert abgesagt werden musste“, erinnert sich Strenger, der aber noch weitere Einnahmen auf das große Blatt Papier schreiben konnte: 577,76 Euro aus den aufgestellten Sparschweinen, 1250,60 Euro, die an der Garderobe sowie am Suppen- und Getränkestand eingenommen wurden, plus 141,80 Euro, die in der Sparkasse als Spenden für selbstgebackene Plätzchen zusammengekommen sind. Macht unter dem Strich 6756,56 Euro.
Das will die Tafel Niederberg mit dem Geld machen
„Wir können jeden Cent davon gut gebrauchen“, sagt Renate Zanjani, die sich bei allen Beteiligten bedankte. Mit dem Geld sollen die Tafel-Fahrzeuge am Laufen gehalten und die Miete für den Standort gezahlt werden. „Die wird gerade hier in Heiligenhaus leider immer höher“, sagt die Tafel-Verantwortliche, die auch aus diesen Gründen über alternative Konzepte nachdenkt. Über eine mobile Tafel beispielsweise, wie sie nun in Velbert-Langenberg getestet wird. „Aber in Heiligenhaus sicher nicht von heute auf morgen“, beruhigt sie. Lebensmittel zugekauft werden von der Tafel Niederberg indes noch nicht. „Wir schaffen es irgendwie immer noch so“, sagt Renate Zanjani. „Wenn wir das irgendwann nicht mehr schaffen, bin ich sehr ratlos. Dann weiß ich nicht, ob das Tafel-Konzept noch funktionieren kann.“
Für Lutz Strenger und seine Musiker-Kollegen war es keine Frage, auch in diesem Jahr das Geld vor Ort zu spenden: „Alle großen Spendengalas haben ihre Berechtigung, aber man muss gar nicht so weit weg gucken, sondern auch vor der Haustür wird Unterstützung benötigt.“ Bei der Spendenübergabe im vergangenen Jahr habe er gesehen, „wie effektiv die Tafel arbeitet, aber auch, wie sehr finanzielle Hilfe benötigt wird“.
Auch 2024 wird es einen „Lille Juleaften“ in Heiligenhaus geben
Eine gute Nachricht hatte Strenger neben dem Geld zusätzlich im Gepäck: Auch 2024 wird es am ersten Advent wieder ein „Lille Juleaften“ -Konzert geben. „Und unser Ziel ist es, den Besucherrekord noch einmal zu knacken, um viel Geld zusammenzubekommen“, so Strenger.