Heiligenhaus. Die Deutsche Bahn muss in der Heiligenhauser Hofermühle eine Brücke erneuern. Anwohner sind nicht begeistert von Eingriffen in die Natur.
Die kleine Brücke der Angertalbahn über die Straße Hofermühle wird erneuert – mit großen Folgen für den Ortsteil und das Angertal.
„Die Brücke ist 120 Jahre alt, sie hat bereits eine Hilfsabfangung und Anker erhalten, das Bauwerk ist nicht wirtschaftlich“, stellt Christian Dawo fest. Deshalb kommt ein neues Überführungsbauwerk. „Das wird eine schnörkellose Betonbrücke, die nicht so hübsch ist wie der genietete Stahlüberbau“, so der Projektleiter bei DB-Netz, die den Ersatz vorbereitet. „Die Stahlstützen wurden durch die Deges eingebaut. Damit schwere Fahrzeuge zum Bau der Pfeiler der A 44-Talbrücke anfahren konnten, musste die Fahrbahn unter der Bahnbrücke vertieft werden.“
Heiligenhauser Brückenbau darf nur 104 Stunden dauern
Nachdem die Autobahnbrücke fertig ist, nutzt das Schieneninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn AG einen Teil des Baufeldes, um Ersatz für die marode Überführung zu schaffen. Da die Lhoist-Kalkwerke darauf angewiesen sind, dass die Güterzüge mit den verschiedenen Kalkprodukten regelmäßig fahren, bleibt den Brückenbauern nur ein Zeitfenster von 104 Stunden für den Brückentausch. Deshalb wird mitten auf der Straße das Rohbauwerk in den passenden Abmessungen hergestellt.
Während einer Vollsperrung der Bahnstrecke wird zunächst die alte Brücke abgerissen, damit anschließend das vorgefertigte Rohbauwerk in den Bahndamm eingefügt werden kann. „Das geschieht mit SPMT-Fahrzeugen, wegen der vielen Räder auch Tausendfüßler genannt, die können die 400 Tonnen schwere Brücke millimetergenau bewegen“, beschreibt Christian Dawo die technische Umsetzung.
Hofermühle muss einige Monate gesperrt werden
Die neue Brücke folgt im Wesentlichen den bisherigen Abmessungen: Die lichte Weite beträgt 4,50 Meter mit zwei Notgehwegen an der Seite, die Durchfahrtshöhe beträgt 3,80 Meter. „Hätten wir die Durchfahrt erhöht, müssten wir das Gleis anheben, was einen weiteren Aufwand erforderlich macht. Der Straßenbaulastträger hat keine Änderungswünsche geäußert. Damit entstehen für die Stadt Heiligenhaus keine Kosten“, beschreibt der Bauingenieur die Sachlage.
Allerdings macht die Vorfertigung der Brücke mitten auf der Straße eine Vollsperrung der Hofermühle für Fahrzeuge von Mai bis Ende September notwendig. „Eine Fußgängerführung an der Baustelle entlang ist während der Straßensperrung vorgesehen. Aufgrund von Maschineneinsatz kann es aber aus Sicherheitsgründen erforderlich sein, den Durchgang temporär zu sperren“, schränkt Christian Dawo ein.
Umfahrung für die Kläranlage wird skeptisch gesehen
Eine Umfahrung muss her, damit die Kläranlage ihren Klärschlamm abfahren kann. Die Anwohner im nördlichen Teil von Hofermühle bis zum Haus Anger sollen für Müllabfuhr und Feuerwehr erreichbar bleiben, dazu erfolgt über diese Ausweichstrecke die Andienung für die Bahnbaustelle. Seit Wochen ist die Baufirma dabei, die kleine Straße In der Leibeck aufzuweiten. „Weil die gewachsenen Böschungen angeschnitten werden, müssen sie vor einem Abrutschen gesichert werden“, begründet Christian Dawo die Abstützung durch Betonverbaue. „Es gibt einen landschaftspflegerischen Begleitplan mit gezielten Wiederanpflanzungen.“
Die Anwohner – und auch die Stat Heiligenhaus, wie der Technische Beigeordnete Andreas Sauerwein auf Nachfrage kommentiert – sind von der Aufweitung nicht begeistert, sie fürchten, dass die verbreiterte Straße später als Schleichweg genutzt wird, was bereits jetzt geschieht. „Das ist dann Sache der Stadt Heiligenhaus“, verweist Sandra Höffken, die ebenfalls das Projekt leitet, auf die städtische Straßenverkehrsbehörde. „Das soll keine Rennstrecke werden“, sind sich die Ratsmitglieder Volker Ebel (FDP) und Edmund Mathey (SPD) einig, die sich als Mitglieder des Bürgervereins Hofermühle zusammen mit den Anwohnern über die Baumaßnahme informierten.
Ampeln regeln den Verkehr
Da die Straße „In der Leibeck auch nach der Aufweitung nicht für Gegenverkehr geeignet ist, wird eine Baustellenampel den Verkehr regeln. „Dazu kommen zwei Sichtampeln für Anwohner und die Kleingärtner“, beschreibt die Projektleiterin die Verkehrslenkung. „Der letzte untere Teil der Straße ist gerade und übersichtlich, da haben wir geschotterte Ausweichbuchten geschaffen.“
Ein Anwohner von Haus Anger fragt, warum nicht zwischen dort und dem Gut Anger und weiter in Richtung Ilp eine Umfahrung geschaffen wird. „Haben wir gewollt, dürfen wir aber nicht, weil es ein Naturschutzgebiet ist“, bedauert Sandra Höffgen.
Sperrung erst nach Himmelfahrt: Dorffest kann stattfinden
Clarissa Freudewald, die als Anwohnerin die Baustelle direkt vor der Nase hat, schätzt es, dass sich die Brückenbauer um einen Dialog und Absprachen mit den Betroffenen bemühen. Als Vorsitzende des Bürgervereins Hofermühle ist sie dankbar, dass die Vollsperrung des Angertals an dieser Stelle erst nach dem 18. Mai erfolgt: „Drei Jahre lang konnten wir wegen Corona unser Dorffest an Himmelfahrt nicht durchführen. Da kommen nicht nur viele Vatertagsgruppen, sondern ganze Familien sind unterwegs, das Angertal ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel.“ Damit Spaziergänger und Wanderer frühzeitig auf die Sperrung aufmerksam gemacht werden, wünschen sich die Ratsvertreter Hinweisschilder an geeigneten Stellen.
>>>Brückeneinbau
- Höhepunkt der Brückenerneuerung ist der 21. bis 26. September.
- In diesen Tagen ruht der Bahnverkehr, die alte Brücke wird abgerissen und das vorgefertigte Bauwerk wird in die Bahnstrecke eingeschoben