Heiligenhaus. Die Heiligenhauserin Annalena Gilbert ist erfolgreich im Fahrsport. Die Liebe zu Pferden wurde ihr in die Wiege gelegt. Und das sind ihre Ziele.

Das goldene Fell von Haflinger Moritz glänzt in der Sonne. Sorgfältig bürstet Annalena noch den fast weißen Schweif ihres Pferdes durch. Dann darf der kräftige 19-jährige Wallach wieder auf die Wiese zu seinem Freund Max. Training fällt heute aus. Denn Moritz hat ein Hufeisen verloren. Gesundheit geht eben immer vor.

Und das, obwohl die 15-jährige Heiligenhauser Schülerin eine ambitionierte Sportlerin ist. Im Fahrsport hat sie sich mit ihrem Moritz in den vergangenen Jahren schon einige Platzierungen erkämpft, beispielsweise bei der Rheinischen Jugendmeisterschaft, sie nahm auch an den deutschen Meisterschaften teil. Doch beim Fahrsport geht es eben nicht immer nur um den persönlichen Erfolg, sondern auch das Partnerschaftliche zwischen Mensch und Tier. Und wenn es Moritz nicht gut geht, dann fährt Annalena eben auch nicht zum Turnier.

Heiligenhauserin ist mit Pferden aufgewachsen

Das Pferde-Gen wurde Annalena schon in die Wiege gelegt. Mutter und Vater sind beide Pferdemenschen, ihr Vater Thomas selbst im Fahrsport aktiv unterwegs. Mama Melanie erinnert sich lächelnd: „Mit sechs Wochen saß sie das erste Mal auf einem Pferd und in der Kutsche war sie vom ersten Tag an dabei“. Nicht verwunderlich, dass da die Leidenschaft des Mädchens bis heute ungebrochen den Vierbeinern gilt.

Doch besonders groß ist die Zuneigung zu ihrem Wallach Moritz. „Er ist einfach total unerschrocken und geht durch jedes Hindernis“, schwärmt sie von dem Haflinger. ihr Vater hingegen ist ein bisschen wehmütig: „Eigentlich war er ja meiner.“ Gedacht für das zweispännige Fahren gemeinsam mit Haflinger Max, aber für seine talentierte Tochter gibt Papa Thomas seinen Moritz natürlich gern ab, Gespann fährt das Mädchen aber bislang noch nicht. „Für die beiden Haflinger fehlt Annalena einfach noch die Kraft.“

Annalena Gilbert liebt ihren Moritz, und das nicht nur wegen der Erfolge. Hier trägt die erfolgreiche Fahrerin ihre Bronzemedaille der Rheinischen Meisterschaften.
Annalena Gilbert liebt ihren Moritz, und das nicht nur wegen der Erfolge. Hier trägt die erfolgreiche Fahrerin ihre Bronzemedaille der Rheinischen Meisterschaften. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Besondere Verbundenheit zu Moritz

Die Verbundenheit zwischen Moritz und Annalena sei zudem besonders groß. „Ich würde ihn niemals abgeben“, beteuert sie. Ein Rentnerplatz ist ihm auf den Weiden der Familie sicher. Und auch Reiten lässt sie „ihren“ Moritz niemand anderen. Mama Melanie ergänzt: „Ich darf noch nicht einmal den Schweif bürsten, an Moritz lässt Annalena einfach niemanden ran.“ Und so fällt an Tagen wie diesen das Training eben, wenn das Hufeisen fehlt, aus: gemeinsam durch gute und durch schlechte Zeiten.

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Ihre Eltern unterstützen sie, finanziell, vor allem aber auch mit ihrer Zeit. Denn wenn Annalena aus der Schule kommt, dann gibt es für sie nur eins: auf zu den Pferden, die, obwohl sie Turnierpferde sind, in einem Offenstall stehen. 24 Stunden Auslauf bei Wind und Wetter. Das bedeutet also, gerade im Herbst und Winter, schlammverkrustete Pferderücken zu säubern, matschige Hufe auszukratzen und mit eiskalten Füßen nach einigen Stunden am Stall wieder nach Haus zu kommen. Und dennoch verbringt die Teenagerin ihre Zeit am liebsten genau hier, bei ihren Pferden.

Mehrere Stunden täglich am Stall

Sind es im Sommer teilweise bis zu fünf Stunden, sind es im Herbst und Winter eher drei am Tag. Wohlgemerkt jeden Tag. Ein Treffen mit den Klassenkameraden in der Stadt auf ein Eis oder eine heiße Schokolade sind da eher die Ausnahme. Und auch die Wochenenden sehen, zumindest während der Turniersaison, bei Annalena ganz anders aus als bei normalen Teenagern. „Wir fahren dann auf die Turnierplätze und schlafen im Bus“, auf dem Turniergelände, bei den Pferden. Natürlich seien da auch schon viele Freundschaften entstanden und Annalena möchte ihr Leben um nichts in der Welt tauschen.

Im kommenden Jahr kann sie noch einmal in der Jugendklasse unter 16 Jahren antreten. Und danach ist die Klasse der unter 25-Jährigen hoffentlich für den Nachwuchs soweit, zwei deutsche Reitponys, die derzeit von ihrem Vater trainiert werden. Denn dann wird Annalena zweispännig starten. Jetzt, wo der Herbst kommt, nimmt Annalena wieder häufiger auf dem Rücken von Moritz statt auf der Kutsche Platz. „Um ihn fit zu halten“, erklärt sie. Denn eine Halle hat sie zum Trainieren nicht und der Wiesenplatz eignet sich bei Regen nicht zum Kutschefahren. Also wird ausgeritten, für die Gymnastizierung und Muskelerhaltung und auch, weil Annalena die Zeit gerne mit ihren Pferden verbringt, auch ohne die Chance auf Schleifen auf Medaillen.

Moritz ist das Lieblingspferd von Annalena. Ihn verleiht sie nie – und auch Mama und Papa haben meistens das Nachsehen.
Moritz ist das Lieblingspferd von Annalena. Ihn verleiht sie nie – und auch Mama und Papa haben meistens das Nachsehen. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

>>>> Auf der Kutsche ist man nie allein

  • Fahrsport ist das Kutsche fahren mit ein, zwei oder vier Pferden, also ein,- zwei,- oder vierspännig. Im Fahrsport gibt es Dressurprüfungen, Geländeprüfungen und das Hindernisfahren. Die kombinierte Wertung ergibt sich aus allen drei Prüfungen.
  • In der Dressur stehen die Gymnastizierung des Pferdes und die Überprüfung des Ausbildungsstandes im Vordergrund. Beim Hindernisfahren durch einen Kegelparcours werden Schnelligkeit, Geschicklichkeit, Gehorsam und Durchlässigkeit der Pferde abgefragt. Bei der Geländeprüfung (früher Marathon) müssen Fahrer und Pferd teilweise spektakuläre Hindernisse überwinden.
  • Egal ob Jugend oder Erwachsener, der Fahrer ist auf der Kutsche niemals allein, es gibt immer einen Beifahrer, den Groom, der insbesondere beim Gelände- oder Hindernisfahren als Gewicht für eine Stabilisierung in den Kurven sorgt.