Heiligenhaus. Auch ohne den abgesagten verkaufsoffenen Sonntag kamen viele Menschen in die Stadt und bewunderten die zahlreichen Oldtimer.
„Im Endeffekt war es ein Formfehler, warum die Gewerkschaft mit ihrer Klage gegen den verkaufsoffenen Sonntag erfolgreich war“, bedauert Annelie Heinisch den kurzfristig abgesagten Sonntagsverkauf anlässlich des Heiligenhauser Oldtimertreffens. „Das wollten wir aber auf keinen Fall canceln, das hat Tradition“, so die Sprecherin des Arbeitskreises Handel im Stadtmarketing Heiligenhaus.
Obwohl das Wetter am Anfang nicht optimal war, rollten innerhalb der ersten drei Stunden bereits mehr als 300 Oldtimer an. Die wurden entlang der Hauptstraße von den Besitzern aufgestellt, die schnell mit den Besuchern ins Gespräch kamen.
Ein R 4 als Freizeitbeschäftigung für die Rente
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„Ich hatte gleich drei R 4, beim ersten konnte ich nach drei Jahren das Bodenblech durchstechen“, erinnert sich ein Autofahrer an das für seine Rostanfälligkeit berüchtigte Renault-Modell. Das kann bei dem 36 Jahre alten R 4 von Antonio Pascaul nicht passieren. „Der Wagen hat einen Unterbodenschutz und eine Hohlraumversiegelung“, so der gebürtige Spanier, der in Velbert lebt.
„Das waren so Autos, mit denen in unserer Jugend die Motorisierung begann. Ich wollte unbedingt so einen haben. In Spanien richtet mir ein Bekannter einen R 4 von 1961 aus der ersten Serie her. Weil mir das zu lange dauert, habe ich den hier über das Internet in Speyer gefunden. Da sind zwar noch einige Kleinigkeiten dran zu machen, aber so habe ich was zu tun, wenn ich in Rente bin.“
Volker Kiekert stellt vor dem Rathaus in Heiligenhaus jedes Fahrzeug vor
Fast jeder verbindet mit alten Autos irgendwelche Geschichten. Beim Oldtimertreffen waren sie alle da – die Fahrzeuge, die vor Jahren das Straßenbild beherrschten, mit denen die Eltern fuhren oder die es in der Fahrschule gab. Vor dem Rathaus stellte Volker Kiekert jedes Fahrzeug vor, vom VW-Käfer bis zum amerikanischen Geländewagen.
Früher Kartoffeln und Schweinehälften, heute Hochzeitspaare
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Vor dem Rathaus parkten die herausragenden Schätzchen, wie der Citroën B 14 F von 1928: „Das ist ein sechssitziges Auto“, beschreibt Besitzer Rolf Wichert und stellt zwei Klappsitze auf: In der Woche wurden damit ein paar Säcke Kartoffeln und ein halbes Schwein transportiert, sonntags wollte damit die ganze Familie zur Kirche fahren.“ Der Wagen steuert immer noch regelmäßig Kirchen an, um von dort Frischvermählte abzuholen. „Das ist für die nach der Aufregung ein richtiger Ruheraum. Das macht richtig Spaß, dabei Mäuschen zu spielen“, sagt der Chauffeur, der nach der Fahrt immer einem entspannten Paar die Türen öffnen kann. „Solche Autos vermitteln viel Emotionen, das macht mir Freude“, so der Ratinger, der seinen Oldtimer auch für Alltagsfahren nutzt: „Damit hole ich auch einen Kasten Bier oder den Tannenbaum.“
Ehemaliger Gefangenentransporter mit Geheimnis hinter der Verkleidung
Noch ein Jahr älter ist das Fahrzeug nebenan. „Das ist ein Opel 10 40 Schnelllastwagen. Wenn der 50 erreicht, ist es gut“, weiß Gerrit Jung, der zusammen mit dem Düsseldorfer Frank W. Bachhausen den ehemaligen Gefangenentransporter restauriert hat. „Ursprünglich wurden damit in Plauen Möbel ausgeliefert. Hinter einer Verkleidung fanden wir einen Stadtplan, wo die Adolf-Hitler-Straße vermerkt war“, so Bachhausen, der den außergewöhnlichen Wagen mehrfach für Filmproduktionen zur Verfügung stellte.
Sehr stilvoll ist der Mercedes 170 S Cabriolet von 1950, den Wilfried Mark innerhalb von 15 Jahren vom Schrotthaufen in ein Schmuckstück verwandelte. „Das meiste habe ich in meiner Freizeit selber gemacht“, so der Mettmanner, der vom Fach ist. „1963 habe ich beim Mercedes als Kfz-Mechaniker angefangen. Damals waren das Alltagsautos.“
>>> Oldtimer
Viele Oldtimer verfügen über ein H-Kennzeichen: Die Besitzer sparen Kfz-Steuer, unabhängig von Hubraum oder CO2-Ausstoß zahlen sie nur eine Pauschale von 191,73 Euro pro Jahr, bei einem Oldtimer-Motorrad 46,02 Euro.
Die Kfz-Versicherung ist in der Regel günstiger als für neuere Fahrzeuge, da die Versicherer davon ausgehen, dass Oldtimer-Fans ihre Schätzchen seltener im Straßenverkehr bewegen als andere Fahrzeuge und achtsamer damit umgehen.