Heiligenhaus. Das Heiligenhauser Weinfest war mal wieder ein voller Erfolg. Die Winzer mussten sogar Nachschub holen. Ein Sommelier führte Sonntag übers Fest.
Wenn man mich fragt, was ich gerne trinke, lautet meine Antwort immer: Wasser. Am liebsten mit ganz viel Sprudel. Doch ab und an darf es auch ein Glas Wein sein – doch wie trinkt man diesen eigentlich richtig, wie schmeckt man die Unterschiede und was versteckt sich hinter den Begriffen auf den Flaschen? Um mein Wissen auszubauen, habe ich mich am Sonntag dem Sommelier-Kurs auf dem Weinfest angeschlossen. Ein Erfahrungsbericht – mit überraschenden Erkenntnissen.
Um es vorwegzunehmen: Ja, wer bei sieben Winzern Wein verköstigt, der hat am Ende leicht einen sitzen und sollte das Auto besser stehenlassen. Gemeinsam mit Rainer Schulte vom Stadtmarketings-Arbeitskreis Gastronomie, der das Weinfest vor Jahren mit ins Leben rief, und Sommelier Kurt Jannett geht es am Sonntag, am letzten Weinfest-Tag, über den Basildonplatz. Fand der Kurs auf vorherigen Weinfesten im Zelt statt, geht es nun von Winzer von Winzer.
Auf dem Heiligenhauser Weinfest gibt es sieben Winzer
Vorweg und währenddessen gibt es viel Informatives von Kurt Jannett. „Rotwein braucht viel Aufmerksamkeit“, erklärt er, wieso beim Weinfest im Sommer vor allem kühler Weißwein und Rosé bei den meisten Besucherinnen und Besuchern im Fokus steht. 13 Anbaugebiete, berichtet Jannett, gebe es in Deutschland. 80 Prozent des hier produzierten Weins gehen in den Einzelhandel, der Rest wird von den Winzern oder vom Fachhandel vertrieben. Ob man nicht auch guten Wein im Discounter bekommen könnte? „Wein ist primär Geschmacksache, gesetzlich vorgeschrieben müssen alle aus dem Saft von frischer Traube gewonnen werden“, weiß Rainer Schulte. Es komme dann bei der Qualität auf viele Faktoren an, was einen Qualitätswein eben von einem Discounterwein unterscheide – vor allem die Reichhaltigkeit.
Los geht es bei Frank Achenbach mit dem vor allem bei jungen Menschen beliebten Pfiffikus: „Wir sind ganz im Westen von Rheinhessen, geprägt wie die Nahe mit Vulkangestein und uns gibt es in der siebten Generation – der 2022er wird der erste Biojahrgang sein.“ Mit Passion und Liebe müsse man Winzer sein, verrät Achenbach das Geheimnis eines jeden Weinguts, Weißburgunder und Auxerrois sind beliebte Weine der Heiligenhauser beim Weinfest. Zudem kredenzt er einen Blanc et noir – einen Weißwein, der aus roter Traube gewonnen wird.
Wie man Wein richtig trinkt
Er gibt auch die ersten Tipps zum Weintrinken: „Zunächst hältst du das Glas bitte am Stil“, sagt er lachend, „damit kannst du dann besser schwenken. Dann kommt Luft in den Wein und setzt mehr Aromen frei“, so Frank Achenbach. Denn, so erklärt Jannett, „Wein schmeckt man nicht, sondern man riecht ihn.“ Und wer sich Zeit nimmt, vor dem ersten Schluck erst einmal in Ruhe zu riechen, wird das auch erleben. „Die Sache ist jedoch, dass jeder etwas anderes riecht, und wenn man einen Geruch gar nicht kennt, kann man ihn ja schlecht entdecken“, sagt Achenbach. Nach Gras, grüner Paprika, Himbeeren können Weine riechen, aber sie müssen es eben nicht für jeden. „Hauptsache, es schmeckt“, heißt es erneut.
Weiter geht es zum Weingut Closheim aus Langenlonsheim, Philipp Closheim schenkt den Portugieser Rosé ein. „Das Weinfest war richtig gut“, freut er sich über die Stimmung und vielen Besucher und erklärt Wissenswertes über das Weingut. „Wir sind von der Nahe, haben eine exponierte Lage mit weit über 100 Böden, darunter Rotliegende.“ Der Boden spiele für den Geschmack der Traube nämlich ebenfalls eine Rolle, wissen die Experten zu berichten. Eine zweite Linie im Weingut der Tochter, Anette Closheim, sei zudem für die gehobenere Gastronomie und den Fachhandel entwickelt worden – „empfohlen von Gault Millau“, heißt es auch auf der Weinkarte. Riesling und Sauvignon blanc gingen hier am besten beim Fest.
Neue Winzer bereichern das klassische Angebot
Neu dabei ist in diesem Jahr das Weingut Schloss Janson. „Es ist sehr schön in Heiligenhaus“, findet Kurt Janson, der aus der Pfalz kommt. Der Riesling sei wichtig dort, aber er wolle mehr Burgunder, Chardonnay, anbieten. „Der erinnert mich auch sehr an Frankreich“, betont Kurt Jannett den „Burgund im Glas“, den Janson zur Probe reicht.
Ganz unterschiedliche Ziele haben sich die Moseler Weingüter Tom Benz und Maring / Prigge gesetzt bei ihren Weinen, dennoch teilen sie sich einen Stand. „Wir mussten auch nach Hause und Nachschub holen, weil wir Freitag Abend schon ausverkauft waren teilweise“, freut sich Corvin Prigge. Sie sind ganz neu dabei, wollten sich einen Lebenstraum erfüllen, modern und international sein, „weltoffen und dynamisch wie wir.“
Sie bauen nur Weißwein an, bieten einen frischen Süßen an. Tom Benz, der aus einer Winzerfamilie stammt, hat sein eigenes Weingut auf die Beine gestellt und sich auf trockene Weine mit ganz besonderer Herstellung fokussiert, „ich will nur Weine machen, die mir auch schmecken“, fachsimpelt er mit Schulte und Jannett über die Herstellung. Doch so trocken schmeckt er gar nicht, „das ist das Geheimnis.“
Ganz besonders ist der Eiswein
Zugegebenermaßen leicht schwankend geht es zu den restlichen drei Winzern. Hedwig Rudnick aus Rheinhessen hat eine breite Vielfalt im Angebot, klassisch für die Region und bietet einen Wein der Traubensorte Herold. Noch süßer wird es dann bei Harald Krämer, der ebenfalls aus Langenlonsheim von der Nahe kommt – er kredenzt einen ganz besonderen Dessertwein, einen Eiswein, „der wird bei minus sieben Grad geerntet und sofort verarbeitet“, weiß Schulte. Nur kleine Flaschen gibt es, weil er eben etwas ganz Besonderes ist. Beide Weingüter mussten übrigens ebenfalls während des Weinfestes für Nachschub sorgen, „es war der Wahnsinn in diesem Jahr“, so Harald Krämer.
Wie soll ich jetzt noch weiteren Wein testen können, frage ich mich – doch das Weingut Clemens ist zwar das Letzte auf der Liste, bietet aber noch einmal fantastische Weine an, wie alle Winzer. An Stand sieben weiß ich mittlerweile, dass meine Aussage von Weinstand Nummer eins, dass ich keine trockenen Weine mag, sondern eher die Süßen, gar nicht stimmt. Er muss nur fruchtig sein – gereicht wird ein Dornfelder Rosé. Clemens hat eine breite Vielfalt anzubieten, „wir haben ja zudem die junge Reihe meiner Töchter“, ist Papa Elmar stolz. In diesem Familienbetrieb habe auch er viel gelernt, berichtet Sommelier Kurt Jannett. Das letzte Mal angestoßen wird hier mit einem ganz besonderen Weißwein, dem Goldmuskateller – und besser hätte der Tag nicht enden können.
Viel Wissenswertes wird vermittelt
Was ich aus dem Sommelier-Kurs mitnehme? Viel wissenswertes über die Herstellung, wie der Alkohol- und Zuckeranteil entsteht, dass Weine von 2,1 bis über 120 Gramm Zucker haben können – aber vor allem, dass egal, was andere aus dem Wein riechen, einem selber der Wein schmecken muss. „Wein sollte man nicht einfach nur trinken, sondern mit allen Sinnen genießen, denn Wein ist einzigartig“, bringt es Elmar Clemens auf den Punkt.